Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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50 4 <strong>Bioenergie</strong>, <strong>Landnutzung</strong> <strong>und</strong> Energiesysteme: Status Quo <strong>und</strong> Trends<br />
schen Standards (Mathews, 2007; Jull et al., 2007; von<br />
Braun, 2007; Lindlein, 2007). Aus diesen Gründen ist<br />
für viele Entwicklungsländer in Afrika, Lateinamerika<br />
<strong>und</strong> Asien die kleinskalige <strong>Bioenergie</strong>produktion<br />
für den Eigenbedarf eine bevorzugte Option<br />
(Kap. 10.8).<br />
4.2<br />
Globale Landbedeckung <strong>und</strong> <strong>Landnutzung</strong><br />
Zu den wichtigsten Einflussnahmen des Menschen<br />
auf die Umwelt zählen Änderungen sowohl in der<br />
Landbedeckung, die sich auf Veränderungen der biophysikalischen<br />
Merkmale der Erdoberfläche beziehen,<br />
als auch in der <strong>Landnutzung</strong>, die durch den<br />
Zweck der menschlichen Nutzung bestimmt ist (Turner<br />
et al., 1990; Lambin et al., 2001; Schinninger,<br />
2008). Heute sind bereits über drei Viertel der eisfreien<br />
Landfläche durch menschliche Nutzung verändert<br />
worden (Ellis <strong>und</strong> Ramankutty, 2008). Leider<br />
wird das allgemeine Verständnis über die Ursachen<br />
von Landbedeckungs- <strong>und</strong> <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />
häufig von Vereinfachungen dominiert. Weder<br />
Bevölkerungszuwachs noch Armut gelten als alleinige<br />
Ursachen globaler Landbedeckungsänderungen,<br />
die vor allem die Umwandlung von Waldflächen<br />
in Kulturland betreffen (Lambin et al., 2001).<br />
Diese Veränderungen werden vor allem als Reaktion<br />
auf ökonomische Chancen verursacht, welche<br />
wiederum eng an soziale, politische <strong>und</strong> infrastrukturelle<br />
Rahmenbedingungen geknüpft sind. Die<br />
Auswirkungen der Landbedeckungs- <strong>und</strong> <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />
(Kap. 4.2.1 <strong>und</strong> 4.2.2) beeinflussen<br />
ihrerseits die Kohlenstoffspeicherkapazität, die<br />
Treibhausgas emissionen <strong>und</strong> die Fruchtbarkeit der<br />
Böden (Kap. 4.2.3), aber auch das lokale Klima <strong>und</strong><br />
damit wieder um die lokale Landbedeckung.<br />
4.2.1<br />
Die globale Landbedeckung<br />
Zur Landbedeckung zählen neben topographischen<br />
Merkmalen der Landoberfläche auch Strukturen wie<br />
Gebäude oder Straßen, aber auch Aspekte der natürlichen<br />
Umwelt, etwa Bodentyp, Vegetationstyp, Biodiversität,<br />
Oberflächen- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>wasser (Meyer,<br />
1995). Bei Fragen zur <strong>Landnutzung</strong> wird meist auf<br />
land- <strong>und</strong> forstwirtschaftliche Nutzungen fokussiert<br />
(Intensität, Ausprägung), auch wenn Siedlungs- <strong>und</strong><br />
Wassernutzungen ebenfalls hier anzusiedeln sind.<br />
Direkte <strong>und</strong> unmittelbare Effekte anthropogen<br />
bedingter Landbedeckungs- <strong>und</strong> <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />
auf den Lebensraum (Umwandlung, Verlust,<br />
Fragmentierung, Eutrophierung) führen zu<br />
Veränderungen im Nährstoffkreislauf, dem Wasser-<br />
sowie Wärmehaushalt <strong>und</strong> häufig auch zu vermehrter<br />
Erosion der umgewandelten Oberfläche. Diese<br />
Effekte müssen auch bei der Diskussion um <strong>Bioenergie</strong>nutzung<br />
berücksichtigt werden. Indirekte Effekte<br />
auf der Ökosystemebene manifestieren sich hingegen<br />
häufig als Verlust biologischer Vielfalt (Jarnagin,<br />
2004).<br />
Datengr<strong>und</strong>lage<br />
Als wichtigste Informationsquelle zur Beschreibung<br />
von Landbedeckung <strong>und</strong> Landbedeckungsänderungen,<br />
sowohl auf regionaler wie auch auf globaler<br />
Skala, dienen Fernerk<strong>und</strong>ungsdaten (DeFries<br />
<strong>und</strong> Townsend, 1999; Abb. 4.2-1). Die Klassifizierung<br />
der Landbedeckung variiert jedoch je nach Datenquelle<br />
sehr stark, da parallel unterschiedliche Definitionen<br />
für die jeweiligen Klassen benutzt werden.<br />
So werden gemäß Lepers et al. (2005) weltweit etwa<br />
90 verschiedene Definitionen für „Wald“ verwendet.<br />
Die FAO (1997) definiert Wald als eine Vegetationseinheit<br />
mit einem Kronenschluss von ≥10 %,<br />
einer Fläche von ≥0,5 ha <strong>und</strong> einer Wuchshöhe von<br />
>5 m. Das International Geosphere Biosphere Programme<br />
(IGBP) hingegen definiert Wald als mehrheitlich<br />
holzige Vegetation (2 m.<br />
Ähnliche Probleme treten beim Weideland auf. In<br />
manchen Fällen stimmen die nationalen Daten nicht<br />
mit den Daten der statistischen Datenbank der FAO<br />
(FAOSTAT) überein. So ist z. B. die von Ramankutty<br />
et al. (2008) angegebene globale Fläche für Weideland<br />
von 28,0 Mio. km 2 um 18 % kleiner als die<br />
Abschätzung der FAOSTAT mit 34,4 Mio. km 2. Die<br />
größten Unterschiede waren in Saudi-Arabien, Australien,<br />
China <strong>und</strong> der Mongolei zu finden <strong>und</strong> sind<br />
in den unterschiedlichen Definitionen von „Weideland“<br />
begründet – ein Problem, welches auch von der<br />
FAOSTAT angesprochen wird. Neben unterschiedlichen<br />
Definitionen von Acker- <strong>und</strong> Weideland stellt<br />
auch die multifunktionale Nutzung der Flächen ein<br />
Problem dar: So werden vor allem in Afrika <strong>und</strong><br />
Asien die Ackerflächen nach der Ernte für Beweidung<br />
genutzt (Abb. 4.2-4). Weitere Probleme liegen<br />
zum einen in der Verschneidung mehrerer Fernerk<strong>und</strong>ungsdatensätze.<br />
Sie können keine Auskunft<br />
über die <strong>Landnutzung</strong> unterhalb der obersten, vom<br />
Fernerk<strong>und</strong>ungssensor erkannten Vegetationsdecke<br />
geben. Zum anderen unterscheidet sich die zeitliche<br />
Auflösung teilweise von Inventurdaten, die z. B.<br />
in den meisten Industriestaaten alle 5–10 Jahre erhoben<br />
werden. Auch die räumliche Auflösung ist unterschiedlich<br />
hoch. Der afrikanische Kontinent <strong>und</strong> die<br />
ehemalige Sowjetunion werden in den Datensätzen<br />
daher meist unterrepräsentiert.