Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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234 10 Globale <strong>Bioenergie</strong>politik<br />
Um das Atmospheric-flow-Schema auf andere biogene<br />
Energieträger zu übertragen, sollte auch hier<br />
die Kohlenstoffaufnahme beim Aufwuchs als CO 2-<br />
Senke gezählt werden.<br />
Vollständige Erfassung der LULUCF‑<br />
Emissionen in Annex‑I‑Staaten<br />
Auch mit einer Zuordnung der Emissionen nach<br />
dem Atmospheric-flow-Ansatz ist das Problem der<br />
unvollständigen Anrechnung in Annex-I-Staaten<br />
noch nicht gelöst. Es sollten daher zusätzlich zu den<br />
bisher anzurechnenden Sektoren auch die bei <strong>Landnutzung</strong>,<br />
<strong>Landnutzung</strong>sänderung <strong>und</strong> Forstwirtschaft<br />
entstehenden Emissionen in Annex-I-Staaten<br />
vollständig <strong>und</strong> zwingend auf die Emissionsobergrenzen<br />
(oder gegebenenfalls Obergrenzen im<br />
LULUCF-Sektor) angerechnet werden. Dies erfordert<br />
eine verpflichtende Anrechnung der bisher in<br />
Art. 3.3 <strong>und</strong> Art. 3.4 des Kioto-Protokolls geregelten<br />
Aktivitäten <strong>und</strong> ihre Ausweitung auf alle anthropogenen<br />
Emissionen im LULUCF-Sektor.<br />
Eine solche Regelung, bei der der Atmosphericflow-Ansatz<br />
mit der vollständigen Erfassung der<br />
anthropogenen Treibhausgasflüsse im LULUCF-<br />
Sektor kombiniert wird, bietet für Annex-I-Staaten<br />
Anreize, die Nutzung fossiler Energieträger durch<br />
im eigenen Land angebaute Biomasse zu ersetzen,<br />
sofern die Gesamtbilanz zu einer Emissionsminderung<br />
führt. Sie bietet jedoch keinen unmittelbaren<br />
Anreiz zur Nutzung importierter Biomasse zur Energieerzeugung,<br />
denn die energetische Nutzung importierter<br />
Biomasse wäre damit der Nutzung fossiler<br />
Energieträger gleichgestellt.<br />
Anrechnung beim Handel zwischen<br />
Annex‑I‑Staaten <strong>und</strong> Nicht‑Annex‑I‑<br />
Staaten<br />
Die beschriebenen Anrechnungsmodalitäten würden<br />
automatisch eine Entlastung für das beim Biomasseimport<br />
auftretende Problem der Emissionsverlagerung<br />
in Entwicklungs länder bieten. Da beim<br />
Import von Biomasse für die energetische Nutzung<br />
bzw. von Holz für die stoffliche Nutzung das importierende<br />
Land für die bei der Nutzung entstehenden<br />
Emissionen verantwortlich ist, besteht zunächst<br />
kein Anreiz, aus Klimaschutzgründen Biomasse<br />
zu importieren. Um Möglichkeiten zu schaffen, in<br />
Annex-I-Staaten genutzte, aber in Nicht-Annex-<br />
I-Staaten produzierte Biomasse, deren anbaubedingte<br />
Emissionen niedrig sind, als Klimaschutzmaßnahme<br />
anzuerkennen, könnte ein spezieller Mechanismus<br />
geschaffen werden. In Anlehnung an den<br />
CDM könnte hier projektbasiert vorgegangen werden.<br />
In „Projekten zum Export von <strong>Bioenergie</strong>trägern/Holzprodukten<br />
in Annex-I-Staaten“ könnten<br />
die anbaubedingten Emissionen sowie die CO 2 -Auf-<br />
nahme in die zu exportierenden Produkte bilanziert<br />
werden, <strong>und</strong> „Kohlenstofffixierungszertifikate“ ausgestellt<br />
werden. Die Ausstellung eines solchen Zertifikats<br />
wäre an die Bedingung geb<strong>und</strong>en, dass die<br />
produzierte Biomasse auch wirklich in einen Annex-<br />
I-Staat exportiert wird. Diese Zertifikate würden in<br />
Annex-I-Staaten als Treibhausgasreduktion anerkannt<br />
<strong>und</strong> wie eine CER-Einheit (Certified Emission<br />
Reduction) aus dem CDM (Kap. 10.2.3) gehandhabt<br />
werden. Dabei muss darauf geachtet werden,<br />
dass Doppelanrechnungen, etwa im Zusammenhang<br />
mit forstwirtschaftlichen Projekten. vermieden werden.<br />
Nur in Fällen, in denen die Treibhausgasbilanz<br />
viel versprechend erscheint, wird sich ein Projektentwickler<br />
für solch ein „Kohlenstofffixierungsprojekt“<br />
finden. In allen anderen Fällen sollte der Export aus<br />
Nicht-Annex-I-Staaten nicht durch das Klimaregime<br />
gefördert werden. Dieser Ansatz würde dazu beitragen,<br />
dass direkt durch exportierte <strong>Bioenergie</strong> hervorgerufene<br />
<strong>Landnutzung</strong>sänderungen, z. B. Entwaldung,<br />
in Nicht-Annex-I-Staaten vermieden wird.<br />
Allerdings bedarf es zusätzlicher Instrumente, um zu<br />
verhindern, dass es indirekt zu erheblichen Kohlenstofffreisetzungen<br />
kommt, wenn nämlich die bisherige<br />
<strong>Landnutzung</strong> auf andere kohlenstoffreiche Flächen<br />
ausweicht. Eine Möglichkeit, die damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Emissionen quantitativ abzuschätzen, wird in<br />
Kapitel 7.3 diskutiert (Kasten 7.3-2).<br />
Konsequenterweise sollte in einem solchen System<br />
der Import von <strong>Bioenergie</strong>trägern aus Annex-<br />
I-Staaten durch Nicht-Annex-I-Staaten damit einhergehen,<br />
dass das in den Produkten enthaltene CO 2<br />
sofort als Emission des Annex-I-Staates angerechnet<br />
wird, da die Produkte den „Anrechnungsraum“ verlassen<br />
haben.<br />
<strong>Landnutzung</strong>sänderungen in Nicht‑<br />
Annex‑I‑Staaten bzw. vermiedene<br />
Entwaldung<br />
Das geschilderte Anrechnungssystem könnte einen<br />
Großteil der in Kapitel 10.2.2.1 dargestellten Probleme<br />
entschärfen. Es löst jedoch nicht den negativen<br />
Effekt, dass eine zunehmende <strong>Bioenergie</strong>produktion<br />
in Nicht-Annex-I-Staaten den Druck auf<br />
natürliche Ökosysteme <strong>und</strong> somit auch auf Wälder<br />
erhöht. Während sich die direkte Umwandlung<br />
von Wald in Plantagen für Energiepflanzen oder die<br />
„Waldernte“ durch einen auf <strong>Bioenergie</strong> konzentrierten<br />
Ansatz weitgehend erfassen lassen (Kap.<br />
10.3), sind die indirekten Effekte, nämlich das Ausweichen<br />
anderer agrarischer Produktionen auf bisherige<br />
Waldflächen, letztlich nur durch einen umfassenderen<br />
Ansatz regulierbar.<br />
Optionen zur Reduzierung der zunehmenden<br />
Entwaldung in Entwicklungsländern werden gegen-