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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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Kasten 6.7-1<br />

Soziökonomische <strong>und</strong> politische Indikatoren<br />

Index gescheiterter Staaten – Failed State Index<br />

Der Failed State Index (FSI) wird seit 2005 durch den F<strong>und</strong><br />

for Peace, eine unabhängige Forschungseinrichtung mit Sitz<br />

in Washington DC, <strong>und</strong> die Fachzeitschrift Foreign Policy<br />

ermittelt, um die empirischen Phänomene von Staatszerfall<br />

<strong>und</strong> Staatsversagen zu erfassen <strong>und</strong> so „ein Profil der<br />

Weltunordnung des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts“ zu gewinnen (Debiel<br />

<strong>und</strong> Werthes, 2006; WBGU, 2007). Der Failed State Index<br />

setzt sich aus insgesamt zwölf sozialen, ökonomischen <strong>und</strong><br />

politischen Indikatoren zusammen, die jeweils mit 0–10<br />

Punkten bewertet werden: ungünstige demographische<br />

Entwicklung, humanitäre Notfälle durch Flüchtlinge <strong>und</strong><br />

Binnenvertriebene, Gewaltpotenzial von nach Vergeltung<br />

suchenden Gruppen sowie Gruppenparanoia, anhaltende<br />

Emigration, ungleiche Reichtumsverteilung entlang von<br />

Gruppenidentitäten, wirtschaftlicher Niedergang, Verlust<br />

der staatlichen Legitimation, fortschreitender Ausfall<br />

staatlicher Dienstleistungen, Verlust von Rechtstaatlichkeit<br />

sowie Menschenrechtsverletzungen, Sicherheitskräfte als<br />

"Staat im Staat", Aufkommen von vom Staat abgespalteten<br />

Eliten, ausländische Interventionen. Im theoretischen Falle<br />

eines völligen Staatsversagens entlang aller Indikatoren<br />

würde somit ein maximaler FSI-Wert von 120 erreicht. Im<br />

Failed State Index 2008 sind 177 Staaten erfasst. Foreign<br />

Policy kategorisiert die vierzig Staaten mit den höchsten<br />

FSI-Werten als „kritisch“ bzw. „gefährdet“. Im aktuellen<br />

Ranking erzielt Somalia mit 114,2 Punkten den schlechtesten<br />

Wert, im Grenzbereich zwischen akut gefährdeten<br />

<strong>und</strong> „grenzwertigen“ Staaten liegen demnach gegenwärtig<br />

Ägypten <strong>und</strong> Laos (jeweils 88,7) sowie Äquatorialguinea<br />

<strong>und</strong> Ruanda (jeweils 88,0; Foreign Policy, 2008).<br />

Der WBGU orientiert sich in seiner Bewertung der<br />

Staaten an diesen qualitativen Kategorien <strong>und</strong> betrachtet<br />

gen, die sich aus den in Kapitel 3 formulierten Nachhaltigkeitsleitplanken<br />

für die jeweiligen Länder <strong>und</strong><br />

Regionen ergeben.<br />

Nachfolgend werden die Regionen, die mit Blick<br />

auf ihre theoretisch zu erschließenden <strong>nachhaltige</strong>n<br />

<strong>Bioenergie</strong>potenziale von besonderem Interesse sind,<br />

entsprechend bewertet. Wenngleich die dazu herangezogenen<br />

Indikatoren nur die Gegenwart abbilden<br />

können <strong>und</strong> bestenfalls Trendaussagen für die nahe<br />

Zukunft zulassen, so erlauben sie doch eine über<br />

die rein naturräumliche Betrachtung hinausgehende<br />

Einschätzung der regionalen Produktionsbedingungen<br />

für <strong>Bioenergie</strong>. Da wesentliche strukturelle Veränderungen<br />

kurzfristig kaum zu erwarten sind, ist<br />

in Ländern, die in diesen Indizes schlecht abschneiden,<br />

auch mittelfristig nur von einer eingeschränkten<br />

oder sogar stark eingeschränkten Realisierbarkeit<br />

der <strong>Bioenergie</strong>potenziale auszugehen (Abb. 6.7-1).<br />

Dies ist bei der nachfolgenden Interpretation der<br />

Modellierung <strong>und</strong> Annahmen über die tatsächlichen<br />

Potenziale der <strong>Bioenergie</strong> in einem <strong>nachhaltige</strong>n globalen<br />

Energiesystem zu berücksichtigen.<br />

Regionale Betrachtung 6.7<br />

die Möglichkeit, theoretisch gegebene <strong>Bioenergie</strong>potenziale<br />

zu realisieren, in Staaten mit einem FSI-Wert von 90 <strong>und</strong><br />

mehr als stark eingeschränkt (Abb. 6.7-1).<br />

Globaler Geschäftsklimaindex – Global<br />

Competitiveness Index<br />

Die jährlich erscheinenden Global Competitiveness<br />

Reports des World Economic Forum enthalten seit 2006<br />

eine Rangliste zur wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Nationen, die auf Gr<strong>und</strong>lage des Global Competitiveness<br />

Index (GCI) erstellt wird (López-Claros et al., 2006;<br />

Porter et al., 2007). Dieser Index bewertet das Investitionsklima<br />

<strong>und</strong> die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Volkswirtschaften,<br />

wobei die Steigerung der Produktivität als zentraler<br />

Faktor für <strong>nachhaltige</strong>s Wirtschaftswachstum angesehen<br />

wird. In den Index, dessen Wert zwischen minimal 1<br />

<strong>und</strong> maximal 7 liegen kann, fließen aggregierte Daten zu<br />

neun relevanten Themenbereichen ein: Institutionen, Infrastruktur,<br />

Makro ökonomie, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Primärbildung,<br />

Hochschulbildung <strong>und</strong> Ausbildung, Markteffizienz, technologische<br />

Möglichkeiten, Geschäftserfahrung <strong>und</strong> Innovation.<br />

Die 131 erfassten Länder werden ihrem GCI-Wert<br />

entsprechend aufgelistet, <strong>und</strong> zusätzlich wird angegeben,<br />

ob der Trend im Vergleich zum Vorjahr auf-, absteigend<br />

oder gleich bleibend ist. Auf Gr<strong>und</strong> seines komplexen Indikatoren-<br />

<strong>und</strong> Bewertungssystems, das sowohl qualitative als<br />

auch quantitative Datensätze berücksichtigt, gilt der GCI<br />

gegenwärtig im Vergleich zu anderen Geschäftsindizes als<br />

besonders aussagekräftig (von Drachenfels, 2007).<br />

Der WBGU legt bei der qualitativen Bewertung des<br />

allgemeinen Geschäftsklimas im Kontext der <strong>Bioenergie</strong>produktion<br />

folgenden Maßstab an: ab GCI 5,50 = sehr<br />

gutes Geschäftsklima; 4,50–5,49 = gutes Geschäftsklima;<br />

3,50–4,49 = schwieriges Geschäftsklima; unter 3,50 ungeeignetes<br />

Geschäftsklima. Der aktuelle Höchstwert der<br />

erfassten Länder liegt bei 5,67 (USA), der Tiefstwert bei<br />

2,78 (Tschad).<br />

Bei der qualitativen regionalen Bewertung der<br />

<strong>nachhaltige</strong>n <strong>Bioenergie</strong>potenziale auf Gr<strong>und</strong>lage<br />

der beiden genannten Indizes beschränkt sich der<br />

WBGU auf sechs der zehn für die vorangegangene<br />

Modellierung identifizierten Regionen: Lateinamerika<br />

<strong>und</strong> Karibik (LAM), Afrika südlich der Sahara<br />

(AFR), China <strong>und</strong> angrenzende Länder (CPA),<br />

Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS), Pazifisches<br />

Asien (PAS) <strong>und</strong> Südasien (SAS). Die übrigen<br />

Regionen werden hier nicht berücksichtigt, da<br />

entweder die theoretischen <strong>Bioenergie</strong>potenziale<br />

eher niedrig sind (z. B. Naher Osten <strong>und</strong> Nordafrika,<br />

MEA) oder die volkswirtschaftliche <strong>und</strong> staatliche<br />

Leistungsfähigkeit absehbar als gegeben betrachtet<br />

werden kann, wie z. B. Nordamerika (NAM) mit theoretisch<br />

möglichen Potenzialen von 5–15 EJ pro Jahr<br />

<strong>und</strong> Europa (EUR) mit ebenfalls 5–15 EJ pro Jahr.<br />

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