Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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In den letzten 10.000 Jahren hat die wachsende Weltbevölkerung<br />
durch die Nutzung von Land für ihre<br />
Bedürfnisse weite Teile der festen Erdoberfläche<br />
gr<strong>und</strong>legend verändert. Zu den wichtigsten menschlichen<br />
<strong>Landnutzung</strong>saktivitäten zählen die Rodung<br />
oder wirtschaftliche Nutzung von Wäldern, die Landwirtschaft<br />
sowie die Expansion von Siedlungsräumen<br />
(Foley et al., 2005). Allein die landwirtschaftlich<br />
genutzten Flächen, bestehend aus Acker- <strong>und</strong> Weideland,<br />
nehmen inzwischen etwa 40 % der Landfläche<br />
ein (Foley et al., 2005). Bereits heute wird knapp<br />
ein Viertel der potenziell zur Verfügung stehenden<br />
Nettoprimärproduktion der Erde von der Menschheit<br />
durch Ernte, Produktivitätsänderungen infolge<br />
von <strong>Landnutzung</strong> sowie Brände beeinflusst (Haberl<br />
et al., 2007).<br />
Die menschliche Nutzung von Land steht damit<br />
in direkter Konkurrenz zur natürlichen Landbedeckung,<br />
die für die Erhaltung der biologische Vielfalt,<br />
aber auch als Kohlenstoffspeicher im Klimasystem<br />
eine wichtige Rolle spielt. Die zunehmende Nutzung<br />
von Biomasse zur Energieerzeugung vergrößert den<br />
Druck auf bislang ungenutzte Flächen <strong>und</strong> steht auf<br />
bestehenden Ackerflächen in Konkurrenz zur Produktion<br />
von Nahrungsmitteln für die wachsende<br />
Weltbevölkerung (Kap. 5).<br />
Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> will der WBGU mit der<br />
von ihm in Auftrag gegebenen <strong>und</strong> in diesem Kapitel<br />
beschriebenen Modellierung (Beringer <strong>und</strong> Lucht,<br />
2008) die Frage beantworten, wie groß das <strong>nachhaltige</strong><br />
globale Potenzial für Energie aus Energiepflanzen<br />
bis Mitte des Jahrh<strong>und</strong>erts ist. Dazu soll die für<br />
<strong>Bioenergie</strong> zur Verfügung stehende pflanzliche Primärproduktion<br />
unter Berücksichtigung von Leitplanken<br />
für Ernährung, Umweltschutz sowie Klima- <strong>und</strong><br />
Bodenschutz (Kap. 3) geographisch explizit ermittelt<br />
werden. Dabei werden die Leitplanken aus Kapitel 3<br />
mit Hilfe einfacher Szenarien in Ausschlussflächen<br />
übersetzt, auf denen der Anbau von Energiepflanzen<br />
im Sinne des WBGU nicht nachhaltig wäre.<br />
Inwieweit dieses globale <strong>nachhaltige</strong> Potenzial<br />
für die Nutzung von <strong>Bioenergie</strong> aus dem Anbau von<br />
Energiepflanzen verwirklicht werden kann, hängt<br />
maßgeblich von den wirtschaftlichen <strong>und</strong> gesellschaft-<br />
Modellierung des globalen Potenzials<br />
von Energiepflanzen<br />
lichen Voraussetzungen der Regionen ab, in denen<br />
den WBGU-Kriterien entsprechende Anbauflächen<br />
zur Verfügung stehen. Daher stellt der WBGU seiner<br />
Einschätzung des globalen Potenzials am Ende des<br />
Kapitels eine detaillierte sozioökonomische Analyse<br />
der entsprechenden Länder voran.<br />
Bevor das Modell für die vom WBGU in Auftrag<br />
gegebene Expertise <strong>und</strong> ihre Ergebnisse im Detail<br />
beschrieben werden, soll ein Überblick über ähnliche<br />
Abschätzungen des globalen <strong>Bioenergie</strong>potenzials<br />
aus der jüngeren Literatur gegeben werden.<br />
6.1<br />
Bisherige Abschätzungen zum Potenzial der<br />
<strong>Bioenergie</strong><br />
6.1.1<br />
<strong>Bioenergie</strong>potenziale in der neueren Literatur<br />
Bei der Berechnung des globalen Potenzials der <strong>Bioenergie</strong><br />
wird in der Literatur wie bei anderen Energieträgern<br />
auch zwischen theoretischem, technischem,<br />
ökonomischem <strong>und</strong> <strong>nachhaltige</strong>m Potenzial<br />
unterschieden (Kasten 6.1-1).<br />
In seinem Energiegutachten schätzt der WBGU<br />
das globale <strong>nachhaltige</strong> Potenzial der <strong>Bioenergie</strong> auf<br />
etwa 104 EJ pro Jahr (WBGU, 2003a), also etwa 20 %<br />
des derzeitigen globalen Primärenergiebedarfs von<br />
etwa 510 EJ pro Jahr (Kap. 4.1.1). Für das Jahr 2050<br />
ergibt sich für den exemplarischen Energiepfad des<br />
WBGU (2003a) nach der Wirkungsgradmethode ein<br />
Beitrag der <strong>Bioenergie</strong> zum globalen Primärenergiebedarf<br />
von etwa 10 %; für die Sub stitutionsmethode<br />
aufgr<strong>und</strong> des hohen Anteils von Wind- <strong>und</strong> Solarenergie<br />
ein etwas geringerer Beitrag von 7 % (Kasten<br />
4.1-1). Die heutige Produktion von <strong>Bioenergie</strong><br />
beläuft sich im Jahr 2006 auf etwa 51 EJ, größtenteils<br />
in Form von traditioneller <strong>Bioenergie</strong>nutzung (Kap.<br />
4.1.1). Die Abschätzung des WBGU berücksichtigt<br />
für die einzelnen Kontinente die für Biomassenutzung<br />
zur Verfügung stehenden Flächen, wobei Nutzflächen<br />
zur Nahrungsmittelproduktion sowie Schutz-<br />
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