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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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252 10 Globale <strong>Bioenergie</strong>politik<br />

jedoch ein Kriterium zur THG-Emissionsreduktion.<br />

Diese Anforderung stellt sich nur im spezifischen Fall<br />

der <strong>Bioenergie</strong> <strong>und</strong> muss deshalb in einem geeigneten<br />

Standard bzw. Zertifizierungssystem neu formuliert<br />

<strong>und</strong> methodisch diskutiert werden.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der zunehmenden Produktion <strong>und</strong> Nutzung<br />

von <strong>Bioenergie</strong> wurden zwischenzeitlich bereits<br />

Systeme speziell für den <strong>Bioenergie</strong>sektor entwickelt,<br />

die auch Kriterien zu THG-Emissionsreduktionen<br />

enthalten. Ein erstes privates Zertifizierungssystem<br />

für Bioethanol aus Brasilien wurde kürzlich vom<br />

schwedischen Ethanolhersteller SEKAB vorgestellt<br />

(SEKAB, 2008). Gleichzeitig entwickelte das skandinavische<br />

Ökolabel The Swan Zertifizierungskriterien<br />

für Biokraftstoffe, so dass künftig auch nachhaltig<br />

produzierte Biokraftstoffe das Siegel tragen<br />

können, welches bisher vor allem auf Nahrungsmittel<br />

<strong>und</strong> Haushaltsprodukte anwendbar war (Nordic<br />

Ecolabel, 2008). In Deutschland wurde zur Zertifizierung<br />

von <strong>Bioenergie</strong> das System International Sustainability<br />

and Carbon Certification (ISCC) entwickelt<br />

(Kap. 10.3.2.1). Es befindet sich jedoch derzeit in der<br />

Testphase <strong>und</strong> ist noch nicht operativ. Brasilien hat<br />

mit dem Social-Fuel-Siegel im Rahmen seines Nationalen<br />

Biodieselprogramms ein Zertifizierungssystem<br />

für Biodiesel mit dem Ziel der stärkeren Einbeziehung<br />

kleiner landwirtschaftlicher Betriebe in den<br />

Produktionsprozess von Biodiesel geschaffen, welches<br />

sich jedoch auf diesen sozialen Aspekt der Biokraftstoffproduktion<br />

beschränkt (MDA, 2008; GBEP,<br />

2008). Parallel zur Entwicklung von Nachhaltigkeitskriterien<br />

für Biokraftstoffe im Zuge der EU-Richt-<br />

Kasten 10.3-3<br />

Ro<strong>und</strong>table on Sustainable Biofuels<br />

Der R<strong>und</strong>e Tisch zu <strong>nachhaltige</strong>n Biotreibstoffen (RSB) ist<br />

ein multilaterales Forum, das auf eine Initiative der Technischen<br />

Hochschule Lausanne zurückgeht. Das Forum bringt<br />

über 300 unterschiedliche Akteure zusammen, darunter internationale<br />

Unternehmen (z. B. Shell, Bunge), NRO <strong>und</strong><br />

Verbände (z. B. World Wide F<strong>und</strong> for Nature, WWF), Vereinigung<br />

der Zuckerrohranbauer in Brasilien, Organisationen<br />

von Kleinbauern), internationale Institutionen (z. B.<br />

International Energy Agency, Forest Stewardship Council,<br />

FSC), UN-Organisationen (UNEP, FAO, UNIDO). Ziel<br />

ist es, gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Gruppen <strong>und</strong><br />

Experten globale Standards <strong>und</strong> ein Zertifizierungssystem<br />

für Biokraftstoffe zu erarbeiten. Als Referenz dienen dabei<br />

vor allem das FSC-Siegel, die Standards von SAN/RA, BSI,<br />

RSPO, ILO (Tab. 10.3-1) <strong>und</strong> aktuelle Standardsetzungsprozesse<br />

für <strong>Bioenergie</strong>, u. a. der niederländischen <strong>und</strong> britischen<br />

Regierungen (RSB, 2008a, b). Der RSB folgt dabei<br />

dem ISEAL Code of Good Practice for Setting Social and<br />

Environmental Standards.<br />

Seit Beginn der Initiative im Jahr 2007 arbeitet der<br />

RSB aktiv in vier offenen Arbeitsgruppen zu Umwelt- <strong>und</strong><br />

Sozialstandards, zur Methodik der THG-Erfassung <strong>und</strong><br />

linie zur Förderung erneuerbarer Energien (Kasten<br />

10.3-5) hat das Europäische Komitee für Normung<br />

(CEN) den Normungsprozess CEN/TC/383 für <strong>nachhaltige</strong><br />

Biokraftstoffe gestartet.<br />

Wie in Tabelle 10.3-1 ersichtlich wird, sind außerdem<br />

verschiedene freiwillige Nachhaltigkeitsstandards<br />

speziell für <strong>Bioenergie</strong>träger auf internationaler<br />

Ebene gerade in Entwicklung. So haben der Ro<strong>und</strong>table<br />

on Sustainable Palmoil (RSPO), der Ro<strong>und</strong>table<br />

on Responsible Soy (RTRS) <strong>und</strong> die Better Sugarcane<br />

Initiative (BSI) rohstoffspezifische Standards<br />

erarbeitet (Doornbosch <strong>und</strong> Steenblik, 2007). Diese<br />

Standards sind jedoch mit Ausnahme des Standards<br />

des RSPO noch nicht operativ, d. h. es wurden zwar<br />

Standards entwickelt, aber noch keine entsprechenden<br />

Zertifizierungssysteme geschaffen. Die Einbindung<br />

von Rohstoffproduzenten, Banken <strong>und</strong> Investoren,<br />

Großhändlern sowie die Konsumgüterindustrie<br />

in den beschlussfassenden Gremien ist einer der<br />

Gründe, warum die genannten Multistakeholder-Initiativen<br />

teilweise umstritten sind (Fritz, 2007). Seit<br />

2007 gibt es außerdem den Ro<strong>und</strong>table on Sustainable<br />

Biofuels (RSB) der Technischen Hochschule<br />

Lausanne speziell zur Standardsetzung im Biokraftstoffbereich.<br />

Der RSB hat sich einem besonders partizipativen<br />

<strong>und</strong> transparenten Standardsetzungsprozess<br />

verschrieben, bei dem die Teilnahme gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

jedem offen steht (Maier, 2008; Kasten 10.3-3).<br />

Schließlich haben sich angesichts der zunehmenden<br />

Nachfrage nach <strong>Bioenergie</strong> auch viele internationale<br />

Organisationen <strong>und</strong> multilaterale Initiativen<br />

mit geeigneten Standards für <strong>Bioenergie</strong>träger<br />

zur Implementierung von Standards. Über virtuelle Netze,<br />

Webseiten (BioenergyWiki), Telefonkonferenzen <strong>und</strong><br />

Arbeitstagungen auf verschiedenen Kontinenten wurden<br />

Prinzipien erarbeitet. Die Vorschläge für Standards einer<br />

<strong>nachhaltige</strong>n Biokraftstoffproduktion sowie die Diskussionen<br />

dazu sind im Internet jederzeit einsehbar <strong>und</strong> können<br />

kommentiert werden. Eine abgestimmte Kriterienliste<br />

wurde im August 2008 der Öffentlichkeit zur Kommentierung<br />

unterbreitet. Eine überarbeitete Version soll im April<br />

2009 vorliegen (RSB, 2008b).<br />

Der RSB nimmt dadurch eine wichtige Stellung im Prozess<br />

der Formulierung von globalen <strong>Bioenergie</strong>standards<br />

ein. Durch seine breite <strong>und</strong> offene gesellschaftliche Beteiligung<br />

genießt die Arbeit des RSB eine hohe Glaubwürdigkeit.<br />

So hat z. B. im April 2008 die Interamerikanische<br />

Entwicklungsbank eine Partnerschaft mit dem RSB angekündigt,<br />

um die dort zu erarbeitenden Nachhaltigkeitskriterien<br />

in ihre Vergabepraxis zu integrieren (IADB, 2008).<br />

Wie weiter mit den erarbeiteten Standards umgegangen<br />

wird, ist derzeit offen. Es könnte daraus ein freiwilliges<br />

Zertifizierungssystem erwachsen. Die Vorschläge des RSB<br />

könnten aber auch die Gr<strong>und</strong>lage für einen formaleren, an<br />

politische Entscheidungsträger <strong>und</strong> internationale Finanzinstitutionen<br />

angeb<strong>und</strong>enen Prozess der Standardsetzung<br />

bilden.

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