Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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326 11 Forschungsempfehlungen<br />
<strong>Landnutzung</strong>sänderungen müssen weiter spezifiziert<br />
werden, ebenso wie die Faktoren, die die Entscheidungen<br />
der einzelnen Akteure beeinflussen<br />
(einzelwirtschaft liche Interessen, soziale <strong>und</strong> kulturelle<br />
Einflüsse, politische Ökonomie, soziale Dynamiken<br />
usw.). Die Rolle unterschiedlicher Lebensstile<br />
(z. B. Verzehr tierischer Lebensmittel) sowie<br />
die Effekte von Technologieentwicklung (bezüglich<br />
Ertrags steigerungen bei der Rohstofferzeugung aber<br />
auch bezüglich größerer Effizienz in der Rohstoffnutzung)<br />
auf die <strong>Landnutzung</strong> sollten dabei ebenfalls<br />
berücksichtigt werden.<br />
Es sollte analysiert werden, welche Gesamteffekte<br />
von der Summe der Einzelentscheidungen auf die<br />
<strong>Landnutzung</strong> ausgehen. Dazu sollten Methoden wie<br />
z. B. Agent-based Modelling angewendet <strong>und</strong> weiterentwickelt<br />
werden. Die Kenntnis der Wirkung kollektiver<br />
Entscheidungsprozesse <strong>und</strong> sozialer Dynamiken<br />
ist dabei eine wichtige Voraussetzung, um<br />
Regulierungs- <strong>und</strong> Steuerungsinstrumente wirkungsvoll<br />
einsetzen zu können.<br />
Das Wissen um Kausalitäten <strong>und</strong> Treiber von<br />
<strong>Landnutzung</strong>smustern sollte schließlich genutzt werden,<br />
um <strong>Landnutzung</strong> so zu steuern, dass die sozialen<br />
<strong>und</strong> ökologischen Leitplanken des WBGU (Kap.<br />
3) eingehalten werden. Für die „Steuerung“ von<br />
<strong>Landnutzung</strong> müssen geeignete Institutionen <strong>und</strong><br />
Mechanismen identifiziert werden, mit denen Einzelentscheidungen<br />
koordiniert werden können, um<br />
gewünschte <strong>Landnutzung</strong>smuster zu erreichen. In<br />
diesem Zusammenhang steht auch der Forschungsbedarf<br />
zur Steuerungswirkung von Standards <strong>und</strong><br />
Zertifizierungssystemen (für land- <strong>und</strong> forstwirtschaftliche<br />
Produkte), von umweltökonomischen<br />
Instrumenten (wie z. B. Zahlungen für Umweltleistungen<br />
oder Emissionshandelssysteme) auf die<br />
<strong>Landnutzung</strong> sowie die Frage, unter welchen Bedingungen<br />
diese Instrumente ihre größte Steuerungswirkung<br />
entfalten.<br />
11.4.4<br />
Wechselwirkungen zwischen<br />
Energiepflanzenanbau <strong>und</strong> Ernährungssicherung<br />
Die Ursachen für die in letzter Zeit zu beobachtenden<br />
Anstiege der Nahrungsmittelpreise müssen weiter<br />
untersucht werden. Insbesondere ist die Frage zu<br />
klären, welche Rolle dabei der Nachfrage nach <strong>Bioenergie</strong><br />
zukommt. Bisherige Schätzungen zum Einfluss<br />
der Nachfrage nach Biokraftstoffen auf die<br />
Nahrungsmittelpreise weisen sehr unterschiedliche<br />
Ergebnisse aus. Solche sehr unterschiedlichen<br />
Schätzungen sind auf die Verwendung unterschiedlicher<br />
Modelle <strong>und</strong> Annahmen zurückzuführen;<br />
eine unmittelbare Vergleichbarkeit der Schätzun-<br />
gen ist nicht gegeben. Für Entscheidungsträger ist<br />
dies eine äußerst missliche Lage: Auf welche Schätzungen<br />
sollen sie sich stützen, wenn es etwa um die<br />
Beurteilung der Förderungswürdigkeit von Biokraftstoffen<br />
geht? Es wäre hier wichtig, zunächst einmal<br />
für Transparenz zu sorgen <strong>und</strong> die verschiedenen<br />
Modelle <strong>und</strong> Annahmen in Metastudien miteinander<br />
zu vergleichen. Auf dieser Basis kann dann die Relevanz<br />
der verschiedenen Modelle <strong>und</strong> Annahmen für<br />
bestimmte Kontexte beurteilt werden, <strong>und</strong> es können<br />
Prognosen für die künftige Entwicklung der Agrarmärkte<br />
<strong>und</strong> die künftige Bedeutung von Biokraftstoffen<br />
bzw. ganz generell von <strong>Bioenergie</strong> für die<br />
Verfügbarkeit <strong>und</strong> die Preise von Nahrungsmitteln<br />
abgegeben werden. So können notwendige regulierende<br />
Maßnahmen für Biokraftstoffe bzw. für <strong>Bioenergie</strong><br />
identifiziert werden.<br />
11.4.5<br />
Wirkungen veränderter Ernährungsmuster <strong>und</strong><br />
Lebensstile auf Klima <strong>und</strong> <strong>Landnutzung</strong><br />
Die vorhandenen Daten legen nahe, dass Ernährungsgewohnheiten<br />
(z. B. der Anteil von Fleisch <strong>und</strong><br />
Milchprodukten an der Ernährung) einen großen<br />
Einfluss auf die Klimabilanz der Landwirtschaft <strong>und</strong><br />
auf die für Nahrungsmittel erforderliche Landfläche<br />
haben. Dieser Zusammenhang sollte für unterschiedliche<br />
Kulturkreise <strong>und</strong> Regionen genauer untersucht<br />
werden, auch im Hinblick auf beobachtete zeitliche<br />
Trends (z. B. wachsender Fleischkonsum in Schwellenländern)<br />
<strong>und</strong> auf mögliche Verbesserungen (z. B.<br />
Optionen für einen bewussten Lebensstil als Winwin-Situation<br />
mit ges<strong>und</strong>heitlichen Vorteilen, einer<br />
verbesserten Klimabilanz <strong>und</strong> weniger Flächenbedarf).<br />
Komplette Ökobilanzen („vom Acker bis zum<br />
Teller“) liegen bislang nur für wenige Lebensmittel<br />
vor. Dazu sind Untersuchungen zu Konsumentenver-<br />
Konsumentenver-<br />
halten hinsichtlich Nahrungsmittelkonsum <strong>und</strong> <strong>Bioenergie</strong>nutzung<br />
mit <strong>und</strong> ohne Label notwendig, z. B.<br />
zum Nachfrage- <strong>und</strong> Preisgefüge sowie zum Informationsbedürfnis.<br />
Indikatoren wie der „ökologische Fußabdruck<br />
pro Kopf <strong>und</strong> Jahr“ verdeutlichen den Einfluss,<br />
den der Mensch durch seine Konsumansprüche auf<br />
Landoberfläche <strong>und</strong> Biosphäre ausübt. Dabei geht es<br />
vor allem um die Nachfrage nach Nahrungsmitteln,<br />
die flächenintensiv produziert werden (Fleisch- <strong>und</strong><br />
Milchprodukte). Sie verstärkt <strong>Landnutzung</strong>skonkurrenzen<br />
<strong>und</strong> Ressourcenknappheit. Gelänge es, einen<br />
wirksamen gesellschaftlichen Wandel zu induzieren,<br />
hin zu Lebensstilen <strong>und</strong> Konsummustern, die mit<br />
einer <strong>nachhaltige</strong>n <strong>Landnutzung</strong> konform gingen,<br />
dann könnte der Nutzungsdruck auf die Biosphäre<br />
gemildert werden. Es besteht weiterhin Forschungs-