Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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Einleitung 1<br />
Entscheide lieber ungefähr richtig,<br />
als genau falsch.<br />
Johann Wolfgang von Goethe<br />
1749–1832<br />
<strong>Bioenergie</strong> in Form offener Feuer war die erste<br />
menschlich genutzte Energiequelle, <strong>und</strong> noch heute<br />
ist ein Viertel der Menschheit auf diese traditionelle<br />
<strong>Bioenergie</strong>nutzung angewiesen. Seit 150 Jahren<br />
haben fossile Energieträger wie Kohle, später dann<br />
Erdöl <strong>und</strong> Erdgas Holz als dominierende Primärenergiequelle<br />
abgelöst. Die Entstehung von Märkten<br />
für moderne <strong>Bioenergie</strong>träger ist dagegen ein relativ<br />
junges Phänomen, dessen Dynamik in Industrie-<br />
<strong>und</strong> Entwicklungsländern durch sehr unterschiedliche<br />
Motive angetrieben wird. Vor allem flüssige Biokraftstoffe<br />
für den Verkehr spielen in der aktuellen<br />
öffentlichen Diskussion eine zentrale Rolle.<br />
Die teilweise massiven Förderpolitiken <strong>und</strong> -programme<br />
für <strong>Bioenergie</strong> in vielen Ländern gründen<br />
sich auf die Chancen für Klima- <strong>und</strong> Umweltschutz,<br />
Energiesicherheit sowie ländliche oder wirtschaftliche<br />
Entwicklung. Im Zusammenhang mit Preissteigerungen<br />
für Nahrungsmittel ist aber in den vergangenen<br />
Jahren deutlich geworden, dass <strong>Bioenergie</strong><br />
auch Risiken birgt <strong>und</strong> Zielkonflikte etwa zwischen<br />
der Nutzung einer Fläche für den Anbau von<br />
Pflanzen für die Nahrungsmittel produktion oder zur<br />
energetischen Verwendung hervorrufen kann. Wenn<br />
natürliche oder naturnahe Flächen für den Energiepflanzenanbau<br />
umgebrochen werden, dann werden<br />
außerdem Treibhausgase durch den Abbau von<br />
Vegetation <strong>und</strong> Bodenkohlenstoff freigesetzt <strong>und</strong><br />
biologische Vielfalt geht verloren.<br />
Der steigende Ölpreis hat die Suche nach Ersatzstoffen<br />
für Benzin <strong>und</strong> Diesel zum Betrieb von Verbrennungsmotoren<br />
verstärkt <strong>und</strong> so auch den <strong>Bioenergie</strong>ausbau<br />
beschleunigt. Zahlreiche Akteure der<br />
<strong>Bioenergie</strong>politik konzentrieren sich vor allem auf<br />
die Produktion <strong>und</strong> Nutzung von Energiepflanzen,<br />
wobei aber viele Annahmen, die die Gr<strong>und</strong>lage für<br />
die Entscheidungen der Förderpolitik bilden, wissenschaftlich<br />
noch unzureichend abgesichert sind. So ist<br />
z. B. noch nicht hinreichend geklärt, welche Nutzungs-<br />
pfade von Energiepflanzen unter welchen Anbau-<br />
<strong>und</strong> Nutzungsbedingungen einen deutlichen Beitrag<br />
zum Klimaschutz leisten können, wie direkte <strong>und</strong><br />
indirekte <strong>Landnutzung</strong>sänderungen bilanziert <strong>und</strong><br />
wie Nutzungskonkurrenzen vermieden werden können.<br />
Andererseits bietet die Energiegewinnung aus<br />
Rest- <strong>und</strong> Abfallstoffen ein vergleichsweise unproblematisches<br />
<strong>nachhaltige</strong>s Potenzial für die energetische<br />
Nutzung von Biomasse, dessen Ausschöpfung<br />
bisher zu wenig beachtet wurde.<br />
Die sehr unterschiedlichen agroökologischen <strong>und</strong><br />
sozioökonomischen Bedingungen sowie die vielfältigen<br />
nationalen Energieversorgungsstrukturen lassen<br />
keine pauschalen Empfehlungen zur Nutzung von<br />
<strong>Bioenergie</strong> zu. Es bedarf – neben der Etablierung<br />
globaler Leitplanken <strong>und</strong> Standards zur Sicherung<br />
<strong>nachhaltige</strong>r <strong>Bioenergie</strong>nutzung – stets einer Abwägung<br />
vor Ort. Die hohe Geschwindigkeit des gegenwärtigen<br />
<strong>Bioenergie</strong>ausbaus bei gleichzeitig vorhandenen<br />
Nachhaltigkeitsrisiken unterstreicht aber die<br />
Notwendigkeit, nationale <strong>und</strong> internationale Rahmenbedingungen<br />
für die energetische Nutzung von<br />
Biomasse zu etablieren.<br />
In diesem Umfeld unsicheren Wissens <strong>und</strong> konfligierender<br />
politischer Interessen sieht der WBGU<br />
die Hauptaufgaben des vorliegenden Gutachtens<br />
darin, Wege <strong>nachhaltige</strong>r <strong>Bioenergie</strong>nutzung <strong>und</strong><br />
der sich daraus bietenden Chancen zu identifizieren,<br />
auf bestehende Unsicherheiten hinzuweisen, Risiken<br />
zu benennen sowie kurz- <strong>und</strong> langfristige Regelungsmöglichkeiten<br />
<strong>und</strong> -notwendigkeiten aufzuzeigen.<br />
Das WBGU-Gutachten bietet eine globale Sicht<br />
auf das Thema <strong>Bioenergie</strong> <strong>und</strong> beschreibt die unterschiedlichen<br />
Motivationen der Industrie,- Schwellen-<br />
<strong>und</strong> Entwicklungsländer für die energetische Nutzung<br />
von Biomasse. <strong>Bioenergie</strong> ist weit mehr, als die<br />
Debatte über flüssige Biokraftstoffe nahelegt. Daher<br />
wird im Gutachten zwischen traditioneller Biomassenutzung,<br />
biogenen Abfall- <strong>und</strong> Reststoffen sowie<br />
Energiepflanzen unterschieden. Bestandteil des<br />
Gutachtens ist eine Abschätzung des global <strong>nachhaltige</strong>n<br />
Potenzials für den Energiepflanzenanbau,<br />
das durch die WBGU-Leitplanken für Ernährungssicherheit,<br />
Klimaschutz <strong>und</strong> Naturschutz begrenzt