Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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Die Verwendung der erneuerbaren Energieressource<br />
Biomasse bietet Chancen, weist aber auch<br />
Risiken auf. Hoffnungen auf eine verringerte Importabhängigkeit<br />
von Öl <strong>und</strong> Gas oder auf die Nutzung<br />
von Biokraftstoffen zur CO 2 -Emissionsminderung<br />
der Automobilität stehen Befürchtungen gegenüber,<br />
dass etwa durch den Anbau von Energiepflanzen<br />
<strong>Landnutzung</strong>skonflikte zwischen Ernährung,<br />
Naturschutz <strong>und</strong> <strong>Bioenergie</strong> wahrscheinlicher werden.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der großen Komplexität <strong>und</strong> Dynamik<br />
des Themas, des hohen Maßes an wissenschaftlicher<br />
Unsicherheit <strong>und</strong> der Vielzahl von Interessen<br />
ist es bisher nicht gelungen, eine integrierte Abwägung<br />
der Chancen <strong>und</strong> Risiken der <strong>Bioenergie</strong> als<br />
Beitrag zu einer <strong>nachhaltige</strong>n Entwicklung vorzunehmen.<br />
Der WBGU möchte zeigen, dass eine <strong>nachhaltige</strong><br />
Nutzung von <strong>Bioenergie</strong> möglich ist, die viele<br />
der Chancen nutzt <strong>und</strong> gleichzeitig viele der Risiken<br />
gering hält.<br />
Die zentrale Botschaft des WBGU lautet, dass<br />
weltweit <strong>nachhaltige</strong> Potenziale für <strong>Bioenergie</strong> vorhanden<br />
sind, welche auf jeden Fall genutzt werden<br />
sollten. Die Rahmenbedingungen sind aber so zu<br />
setzen, dass Gefährdungen der Nachhaltigkeit, insbesondere<br />
der Ernährungssicherheit sowie der Ziele<br />
von Natur- <strong>und</strong> Klimaschutz, ausgeschlossen werden<br />
können. Dabei müssen die <strong>Bioenergie</strong>strategien einzelner<br />
Staaten abhängig von ihren sozioökonomischen<br />
<strong>und</strong> ihren agroökologischen Gegebenheiten<br />
differenziert gestaltet werden. Richtschnur für die<br />
erforderlichen Weichenstellungen muss nach Ansicht<br />
des WBGU die strategische Rolle der <strong>Bioenergie</strong> als<br />
Baustein in der globalen Energiewende zur Nachhaltigkeit<br />
sein. Das Leitbild des WBGU richtet sich<br />
daher an zwei Zielen aus:<br />
• Erstens soll die <strong>Bioenergie</strong> einen Beitrag zum Klimaschutz<br />
leisten, indem sie fossile Energieträger<br />
ersetzt <strong>und</strong> somit hilft, die Treibhausgasemissionen<br />
im Weltenergiesystem zu reduzieren. Die<br />
Speicherbarkeit der <strong>Bioenergie</strong>träger <strong>und</strong> ihr Einsatz<br />
als Regelenergie können einen strategisch<br />
wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Stromversorgung<br />
bei einem hohen Anteil von Wind-<br />
<strong>und</strong> Solarenergie im Energiesystem von Indust-<br />
Handlungsempfehlungen 12<br />
rie-, Schwellen- <strong>und</strong> Entwicklungsländern leisten.<br />
Langfristig kann <strong>Bioenergie</strong> in Kombination mit<br />
Sequestrierung sogar dazu beitragen, der Atmosphäre<br />
einen Teil des emittierten CO 2 wieder zu<br />
entziehen.<br />
• Zweitens kann <strong>Bioenergie</strong>nutzung zur Überwindung<br />
der Energiearmut beitragen. Dabei geht es<br />
zunächst um die Überwindung der traditionellen<br />
<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitsschädlichen Nutzungsformen der<br />
<strong>Bioenergie</strong> in Entwicklungsländern. Die Modernisierung<br />
der traditionellen <strong>Bioenergie</strong>nnutzung<br />
kann einen wichtigen Beitrag zur Armutsreduktion,<br />
zur Verhinderung von Ges<strong>und</strong>heitsgefährdungen<br />
<strong>und</strong> zur Verminderung des Nutzungsdrucks<br />
auf natürliche Ökosysteme leisten. R<strong>und</strong><br />
2,5 Mrd. Menschen haben derzeit keinen Zugang<br />
zu bezahlbaren <strong>und</strong> sicheren Energieformen (z. B.<br />
Elektrizität, Gas) zur Deckung ihrer Gr<strong>und</strong>bedürfnisse.<br />
Moderne, aber einfache <strong>und</strong> kostengünstige<br />
<strong>Bioenergie</strong>formen können einen wichtigen<br />
Beitrag leisten, um die Energiearmut in Entwicklungs-<br />
<strong>und</strong> Schwellenländern signifikant zu<br />
reduzieren.<br />
Das Leitbild macht deutlich, dass <strong>Bioenergie</strong> ein<br />
Querschnittsthema ist. „<strong>Bioenergie</strong>politik“ umfasst<br />
nicht nur Energie-, Landwirtschafts- <strong>und</strong> Klimapolitik,<br />
vielmehr spielen auch Verkehrs-, Außenwirtschafts-,<br />
Umwelt- sowie Entwicklungs- <strong>und</strong> Sicherheitspolitik<br />
in das sich konstituierende Politikfeld<br />
hinein. Hinzu kommt die komplexe Dynamik von<br />
Märkten. Energie- <strong>und</strong> Agrarmärkte werden über<br />
<strong>Bioenergie</strong> immer enger verzahnt, <strong>und</strong> gerade Energiemärkte<br />
sind stark durch strategische Interessen<br />
von Staaten geprägt. Hier sind also komplexe politische<br />
Gestaltungsaufgaben zu bewältigen, die über<br />
die Grenzen etablierter Politikarenen hinausreichen,<br />
so dass Akteure zusammenwirken müssen, die in der<br />
Vergangenheit nur wenig Berührungspunkte hatten.<br />
Dies stellt große Anforderungen an die Steuerungs-<br />
<strong>und</strong> Integrationsfähigkeit der überwiegend sektoral<br />
organisierte Politik.<br />
<strong>Bioenergie</strong>politik sprengt aber auch den Rahmen<br />
eines in Nationalstaaten organisierten internationalen<br />
Systems. Weil eine Beimischungsquote für Bio-