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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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welchem Akteur die Emissionen jeweils angerechnet<br />

würden. Allerdings ist auf absehbare Zeit nicht zu<br />

erwarten, dass Entwicklungs- <strong>und</strong> Schwellenländer<br />

eigenen Emissionsobergrenzen zustimmen werden.<br />

Außerdem sind erhebliche praktische Probleme bei<br />

der Umsetzung einer reinen Marktlösung zu erwarten,<br />

besonders für den Bereich LULUCF. Wenngleich<br />

also Emissionsobergrenzen für alle Länder<br />

<strong>und</strong> alle Treibhausgasemissionen ein langfristig anzustrebendes<br />

Ziel der aktuellen Politik <strong>und</strong> Marktlösungen,<br />

soweit praktikabel <strong>und</strong> zielwirksam, ein Leitbild<br />

für die Wahl der Instrumente sein sollten, muss<br />

es zunächst darum gehen, Optionen für ein Übergangsregime<br />

zu finden. Dabei geht es außer um die<br />

Beseitigung der oben beschriebenen Schlupflöcher,<br />

anderer Defizite <strong>und</strong> der unzureichenden Behandlung<br />

von LULUCF auch darum, Anrechnungsverfahren<br />

zu finden, die es Entwicklungsländern erleichtern,<br />

Verpflichtungen bis hin zu Emissionsobergrenzen<br />

zu übernehmen.<br />

„Von der Wiege bis zur Bahre“<br />

Eine Möglichkeit, um Anreize zur Emissionsverlagerung<br />

durch den Import von <strong>Bioenergie</strong>trägern zu<br />

vermeiden, wäre in Anlehnung an verschiedene Zertifizierungsinitiativen,<br />

dem Endnutzer der <strong>Bioenergie</strong><br />

die Emissionen aus der gesamten Produktionskette<br />

zuzurechnen (z. B. Emissionen der <strong>Landnutzung</strong>sänderung,<br />

des Anbaus, der Verarbeitung, des<br />

Transports <strong>und</strong> der Nutzung). Diese Methode birgt<br />

jedoch erhebliche Probleme: Da man dem Endprodukt,<br />

d. h. dem <strong>Bioenergie</strong>träger, seine Produktionskette<br />

nicht ansieht, muss jeweils eine lückenlose<br />

Buchführung vorliegen <strong>und</strong> eine Entscheidung über<br />

die Aufteilung von Emissionen auf Kuppelprodukte<br />

<strong>und</strong> die zeitliche Zuordnung von <strong>Landnutzung</strong>semissionen<br />

getroffen werden. Um Doppelzählungen <strong>und</strong><br />

doppelte Anrechnungen zu vermeiden, müssten die<br />

dem Endprodukt zugeordneten Emissionen in den<br />

Inventaren den ursprünglichen Sektoren abgezogen<br />

werden – d. h. etwa müssten die durch den Maschineneinsatz<br />

bei der Produktion der Biomasse entstehenden<br />

Emissionen im Energiesektor abgezogen<br />

werden. Dies würde nicht nur erheblichen Bürokratie-<br />

<strong>und</strong> Kontrollaufwand verursachen, sondern<br />

würde letztlich eine vollständige Umstrukturierung<br />

der Inventare erfordern, bei denen bisher aus gutem<br />

Gr<strong>und</strong> die Emissionen gr<strong>und</strong>sätzlich dem Staat, auf<br />

dessen Territorium sie erfolgen <strong>und</strong> der sie damit am<br />

ehesten kontrollieren kann, <strong>und</strong> dem Zeitpunkt, zu<br />

dem sie erfolgen, zugerechnet werden. Hinzu käme,<br />

dass sich schwerlich begründen lässt, warum dieses<br />

Prinzip dann nicht auch bei anderen Produkten<br />

durchbrochen werden sollte <strong>und</strong> bei Kuppelprodukten<br />

geradezu müsste. Öffnet man diese Büchse der<br />

Internationale Klimapolitik 10.2<br />

Pandora, wären die Inventarisierungs- <strong>und</strong> Anrechnungsverfahren<br />

schließlich nicht mehr handhabbar.<br />

Zuordnung der Emissionen: Der<br />

Atmospheric‑flow‑Ansatz<br />

Der WBGU vertritt die Auffassung, dass entstehende<br />

Emissionen gr<strong>und</strong>sätzlich dem Staat zuzuordnen<br />

sind auf dessen Territorium sie entstehen<br />

<strong>und</strong> plädiert dafür, die bestehende Ausnahmeregelung<br />

für <strong>Bioenergie</strong> abzuschaffen. Auch die Anrechnung<br />

von Emissionen bei der Nutzung von Holz <strong>und</strong><br />

Holzprodukten sollte sich daran orientieren, wo <strong>und</strong><br />

zu welchem Zeitpunkt reale Emissionen entstehen.<br />

Dazu erscheint der Atmospheric-flow-Ansatz (Kasten<br />

10.2-1) weitgehend geeignet <strong>und</strong> sollte auf die<br />

<strong>Bioenergie</strong>produktion im Allgemeinen ausgedehnt<br />

werden. Damit würden bei der Ernte jeweils nur die<br />

unmittelbar entstehenden CO 2-Emissionen gezählt,<br />

<strong>und</strong> entsprechend bei der Nutzung der Ernteprodukte<br />

die jeweils dabei entstehenden CO 2 -Emissionen.<br />

Diese Emissionen lassen sich allerdings nur zum<br />

Teil zuverlässig erfassen, etwa bei <strong>Bioenergie</strong>, Müllverbrennung,<br />

Deponiegas, Gebäudebränden <strong>und</strong><br />

dem natürlichen Verrotten von Baumaterialien aus<br />

Holz (UNFCCC, 2003). Daher wäre möglicherweise<br />

eine kombinierte Regelung sinnvoll: Ernteprodukte,<br />

die einen handelbaren Energieträger darstellen oder<br />

in einen solchen umgewandelt wurden (Holz für die<br />

energetische Nutzung, Biokraftstoffe), werden nach<br />

dem Atmospheric-flow-Ansatz behandelt, da die<br />

Nutzung <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen CO 2 -Emissionen<br />

zu einem definierten Zeitpunkt erfolgen <strong>und</strong> gut<br />

messbar sind bzw. ohnehin bereits in den Inventaren<br />

ausgewiesen sind, ohne dass sie angerechnet werden.<br />

Damit können insbesondere Anreize geschaffen werden,<br />

bei der <strong>Bioenergie</strong>nutzung verstärkt auf technische<br />

Effizienz zu achten, anstatt Effizienzverbesserungen<br />

<strong>und</strong> Treibstoffsubstitution als gleichwertig<br />

zu betrachten. Emissionen aus Holz für die stoffliche<br />

Nutzung würden hingegen mit Hilfe einer hypothetischen<br />

jährlichen Emissionsrate gezählt, die sich an<br />

einer vorab festgelegten länderspezifischen Lebensdauer<br />

orientiert. Während hierfür zunächst von einer<br />

pauschalen <strong>und</strong> recht niedrigen Lebensdauer ausgegangen<br />

werden sollte, sollten die Länder die Möglichkeit<br />

erhalten, diesen Zeitraum bei entsprechenden<br />

Nachweisen zu verlängern. Für die übrigen Ernteprodukte<br />

(Nahrungsmittel, Reststoffe) sollte weiterhin<br />

die IPCC-Default-Methode angewendet<br />

werden, da hier von einer sehr kurzen Lebensdauer<br />

auszugehen ist. Damit die Konsistenz gewährleistet<br />

ist, müssen den realen Quellen auch reale Senken<br />

gegenüberstehen. Bei Holzprodukten ist dies bereits<br />

in dem Sinne gewährleistet, dass die Zunahme des<br />

Kohlenstoffspeichers beim Aufwuchs des Waldes<br />

als Senke, d. h. Kohlenstoffaufnahme, gezählt wird.<br />

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