Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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3.1.3<br />
Leitplanke für den Bodenschutz<br />
Wegen der Bedeutung von Bodenschutzmaßnahmen<br />
für die künftige Ernährungssicherung sind Leitplanken<br />
für den weltweiten Bodenschutz sinnvoll. Damit<br />
sind konkrete Werte gemeint, deren Überschreitung<br />
zu einem irreversiblen <strong>und</strong> für die Menschen existenzbedrohenden<br />
Zustand der Böden führen würde<br />
(WBGU, 2004a; UBA, 2008a). Schwertmann et al.<br />
(1987) setzten die Toleranzgrenze für anthropogen<br />
bedingte Bodendegradation so fest, dass das natürliche<br />
Ertragspotenzial in einem Zeitraum von 300–500<br />
Jahren nicht entscheidend geschwächt wird. Bei der<br />
Konkretisierung dieser Leitplanke ist zwischen der<br />
Bodendegradation durch Erosion <strong>und</strong> durch Versalzung,<br />
den beiden größten Gefährdungen von Böden,<br />
zu unterscheiden.<br />
Für diese beiden Faktoren hat der WBGU Toleranzgrenzen<br />
vorgeschlagen (WBGU, 2004a). Für<br />
die Bodenerosion bedeutet dies, dass streng genommen<br />
nicht mehr Boden abgetragen bzw. anderweitig<br />
degradiert werden dürfte, als neu gebildet wird,<br />
da dies langfristig das Ertragspotenzial schwächen<br />
würde. Da die Bodenbildung aber in geologischen<br />
Zeiträumen abläuft, kann dies nur ein Fernziel darstellen.<br />
Je nach Gründigkeit der Böden sieht der<br />
WBGU z. B. in der gemäßigten Zone die Toleranzgrenze<br />
bei einem Bodenverlust von 1–10 t pro ha <strong>und</strong><br />
Jahr. Als Toleranzgrenze in Bezug auf Bodenversalzung<br />
in der Bewässerungslandwirtschaft schlägt der<br />
WBGU (2004a) vor, dass die Salzkonzentration <strong>und</strong><br />
-zusammensetzung innerhalb von 300–500 Jahren<br />
nicht über ein Maß ansteigen sollte, das von gängigen<br />
Nutzpflanzen noch toleriert werden kann.<br />
3.1.4<br />
Weitere ökologische<br />
Nachhaltigkeitsanforderungen<br />
Nicht alle ökologischen Nachhaltigkeitsdimensionen<br />
lassen sich als global gültige Leitplanken formulieren,<br />
etwa wegen zu großer regionaler Unterschiede<br />
oder weil kein überzeugender globaler Indikator<br />
anwendbar ist. Daher benennt der WBGU hier weitere<br />
ökologische Nachhaltigkeitsanforderungen für<br />
eine <strong>nachhaltige</strong> <strong>Bioenergie</strong>nutzung.<br />
Zum Beispiel geht es bei der <strong>nachhaltige</strong>n Nutzung<br />
von Wasserressourcen im Zusammenhang mit<br />
<strong>Bioenergie</strong> vor allem um den Umgang mit Bewässerungswasser,<br />
wenn Konkurrenzen zur Wassernutzung<br />
für die Nahrungsproduktion drohen. Der WBGU<br />
hält die in der Literatur zu findenden Wasserstressindikatoren<br />
nicht für die Quantifizierung einer global<br />
gültigen Leitplanke geeignet. Auch in Regionen mit<br />
Ökologische Nachhaltigkeit 3.1<br />
hohem Wasserstress können durch gezielte Maßnahmen<br />
viele der negativen Auswirkungen von Bewässerung<br />
vermieden <strong>und</strong> Nachhaltigkeit erreicht werden.<br />
Zudem berücksichtigen die Indikatoren nicht<br />
das „grüne“ Wasser, also Niederschlagswasser, das<br />
den Pflanzen als Bodenfeuchte zur Verfügung steht.<br />
Auch bei den global formulierbaren Leitplanken,<br />
wie etwa bei der Erhaltung biologischer Vielfalt oder<br />
dem Bodenschutz muss die Anwendung der globalen<br />
Leitplanke im jeweiligen lokalen <strong>und</strong> agroökologischen<br />
Kontext betrachtet werden. Im Sinne des<br />
ökosystemaren Ansatzes der CBD (2000) muss das<br />
Ziel ein „integriertes, <strong>nachhaltige</strong>s Management von<br />
Land, Wasser <strong>und</strong> lebenden Ressourcen“ sein, das<br />
den Menschen als integrale Komponente vieler Ökosysteme<br />
einschließt. Dazu können die Addis-Abeba-<br />
Prinzipien <strong>und</strong> Leitlinien zur <strong>nachhaltige</strong>n Nutzung<br />
biologischer Vielfalt herangezogen werden (CBD,<br />
2004d; Kap. 10.5), ebenso wie die Definition der FAO<br />
zu <strong>nachhaltige</strong>r <strong>Landnutzung</strong>: „Nachhaltige <strong>Landnutzung</strong><br />
umfasst Technologien, Politiken sowie Programme<br />
<strong>und</strong> Aktivitäten mit dem Ziel, sozioökonomische<br />
Prinzipien <strong>und</strong> ökologische Anliegen zu vereinbaren,<br />
um dadurch geichzeitig: die Produktion zu<br />
erhalten oder zu verbessern (Produktivität), Produktionsrisiken<br />
zu mindern (Sicherheit), natürliche Ressourcen<br />
zu schützen <strong>und</strong> die Degradation von Böden<br />
<strong>und</strong> Wasser zu verhindern (Schutz), ökonomisch rentabel<br />
(Rentabilität) <strong>und</strong> gesell schaftlich akzeptiert zu<br />
sein (Akzeptanz)“ (Smyth <strong>und</strong> Dumanski, 1993).<br />
Die Regelungen auf europäischer <strong>und</strong> deutscher<br />
Ebene sind deutlich ausdifferenzierter <strong>und</strong> konkreter<br />
formuliert. In der EU wird im Rahmen der Cross-<br />
Compliance die Gewährung von Direktzahlungen an<br />
Landwirte an die Einhaltung verbindlicher Vorschriften<br />
über den Umweltschutz, die Nahrungs- <strong>und</strong> Futtermittelsicherheit,<br />
die Tierges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> den Tierschutz<br />
geknüpft (BMELV, 2006; UBA, 2008a). Diese<br />
Konditionierung der Beihilfezahlungen stellt ein<br />
umweltpolitisches Steuerungsinstrument dar (SRU,<br />
2008). Für die deutsche Landwirtschaft ist in verschiedenen<br />
Gesetzen <strong>und</strong> Verordnungen die so genannte<br />
„gute fachliche Praxis“ im Sinne der von Landwirten<br />
einzuhaltenden ökologischen <strong>und</strong> sicherheitstechnischen<br />
Standards definiert. Allerdings sind viele<br />
Regelungen der guten fachlichen Praxis in Gesetzen<br />
<strong>und</strong> Verordnungen immer noch sehr unbestimmt formuliert<br />
(SRU, 2008).<br />
Die bestehenden Regelungen bzw. gr<strong>und</strong>legenden<br />
Arbeiten sollten genutzt werden, um konkrete, international<br />
anerkannte Managementregeln oder Standards<br />
für <strong>nachhaltige</strong> <strong>Landnutzung</strong> herzuleiten (Kap.<br />
10.3). Dabei sollte auch die Klimabilanz der Anbausysteme<br />
berücksichtigt werden, da z. B. die Intensivierung<br />
von <strong>Landnutzung</strong> N 2 O-Emissionen als Folge<br />
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