Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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58 4 <strong>Bioenergie</strong>, <strong>Landnutzung</strong> <strong>und</strong> Energiesysteme: Status Quo <strong>und</strong> Trends<br />
durch Wildfeuer erhebliche Kohlenstoffmengen freigesetzt<br />
(White et al., 2000; IPCC, 2007c). Tylianakis<br />
et al. (2008) konnten zeigen, dass die Produktion<br />
unterirdischer Biomasse positiv mit dem Pflanzenreichtum<br />
in temperaten Grasländern korreliert,<br />
<strong>und</strong> zwar umso deutlicher, je heterogener die Standorte<br />
räumlich waren. Die durch den Menschen verursachten<br />
Veränderungen im Kohlenstoffkreislauf von<br />
Graslandökosystemen sind die Folge von Ackerkultur,<br />
Urbanisierung, Bodendegradation, Beweidung,<br />
Feuer, Fragmentierung <strong>und</strong> der Einführung nicht heimischer<br />
Organismen (White et al., 2000). Eine intensive<br />
Graslandbewirtschaftung führt in den temperaten<br />
Breiten wegen der höheren Wurzelproduktion zu<br />
einem höheren Kohlenstoffeintrag in den Boden als<br />
eine extensive Bewirtschaftung <strong>und</strong> bringt pro Hektarertrag<br />
keine substanziell höheren Umweltbelastungen<br />
mit sich (Kägi et al., 2007).<br />
Die Aufforstung von Weideflächen führt, je nach<br />
Alter der Weide, zur Zunahme des organischen Kohlenstoffs<br />
im Boden. De Koning et al. (2003) beobachteten<br />
jedoch eine niedrigere Kohlenstoffspeicherung<br />
im Sek<strong>und</strong>ärwald verglichen mit jungen Weideflächen,<br />
die weniger als zehn Jahre alt waren, während<br />
bei 20–30jährigen Weideflächen die Aufforstungen<br />
um bis zu 20 % mehr Kohlenstoff pro Jahr akkumulierten.<br />
Die Aufforstung mit Bäumen ist der Ackernutzung<br />
mit mehrjährigen Pflanzen zudem klar vorzuziehen,<br />
weil durch die geringere Nutzungshäufigkeit<br />
<strong>und</strong> -intensität meist auch weniger Kohlenstoff<br />
durch Bodenatmung verloren geht. In semiariden<br />
Gebieten kann die Konversion beweideter Buschsteppe<br />
zu Wald innerhalb von 35 Jahren zu einer<br />
erheblichen Zunahme der Kohlenstoffspeicherung<br />
im Boden führen (Grünzweig et al., 2007).<br />
Beim Umbruch von Grasland zur Gewinnung<br />
von Ackerfläche wird hingegen durch die Zunahme<br />
der Bodenatmung CO 2 freigesetzt. Der Boden verliert<br />
die ganzjährige <strong>und</strong> mehrjährige Vegetationsdecke<br />
<strong>und</strong> wird dadurch erosionsanfälliger. Ähnlich<br />
sind die Mechanismen bei der Übernutzung von<br />
Grasland durch zu hohen Tierbesatz. Diese Konversion<br />
von Grasland kommt vor allem in ariden <strong>und</strong><br />
semiariden Gebieten vor (Sahel, Zentralasien), wo<br />
die Biomasseproduktion schon klimatisch bedingt<br />
gering ist. Die Überweidung <strong>und</strong> der damit verb<strong>und</strong>ene<br />
Vegetationsverlust führen zu Bodenerosion mit<br />
Kohlenstofffreisetzung <strong>und</strong> leisten damit der Desertifikation<br />
Vorschub (Steinfeld et al., 2006). Graslandökosysteme<br />
bergen zudem eine große Artenvielfalt.<br />
40 der von der IUCN global identifizierten 234 Zentren<br />
außerordentlicher Pflanzendiversität (Centres<br />
of Plant Diversity, CPD) liegen in Grasländern. Weitere<br />
70 dieser CPD enthalten auch Graslandlebensräume.<br />
Damit sind Graslandökosysteme in fast der<br />
Hälfte der identifizierten CPD vertreten (White et<br />
al., 2000). Viele dieser Grasland-Hotspots der Pflanzendiversität<br />
bieten gleichzeitig einer großen Anzahl<br />
endemischer Vogelarten Lebensraum (White et al.,<br />
2000). Je intensiver die menschliche Interaktion mit<br />
diesen Ökosystemen ist, umso größer ist der Verlust<br />
biologischer Vielfalt (Mooney et al., 1995). Bei der<br />
Umwandlung von Grasland in Ackerflächen nimmt<br />
die Biodiversität rapide ab.<br />
Graslandökosysteme, vor allem mit großer Pflanzendiversität,<br />
stellen also eine leistungsfähige Option<br />
zur Kohlenstoffsequestrierung dar, während ihre<br />
abgeerntete Biomasse einer klimaschonenden energetischen<br />
Nutzung zugeführt werden kann (Rösch et<br />
al., 2007; Tilman et al., 2006). Eine Umnutzung für<br />
die Ackerrotation ist daher abzulehnen, während<br />
eine Umnutzung durch Aufforsten für die Kohlenstoffsequestrierung<br />
positiv <strong>und</strong> für die biologische<br />
Vielfalt situationsbedingt zu bewerten ist. Differenzierter<br />
ist das Bild bei einer Umnutzung von bestehendem,<br />
intaktem Grasland bzw. von Grasland auf<br />
degradierten Flächen für mehrjährige Anbaukulturen.<br />
Hier müssen die Auswirkungen auf den Kohlenstoffspeicher<br />
im Boden (negativ oder positiv) <strong>und</strong><br />
auf die biologische Vielfalt (negativ) sorgfältig abgewogen<br />
werden.<br />
4.2.3.4<br />
Konversion von Ackerflächen<br />
Der Kohlenstoffspeicher im Boden von Ackerflächen<br />
<strong>und</strong> Weiden ist sehr variabel <strong>und</strong> hängt von der<br />
Bewirtschaftungsweise, dem Klima <strong>und</strong> der angebauten<br />
Ackerfrucht ab (Abb. 4.2-7).<br />
Die intensive Landwirtschaft beschränkt sich<br />
meist auf eine schmale Palette von Ackerfrüchten mit<br />
geringer genetischer Diversität, die für hohe Ernteerträge<br />
gezüchtet wurden <strong>und</strong> den Einsatz von künstlichem<br />
Dünger, Pflanzenschutzmitteln <strong>und</strong> teils auch<br />
Bewässerung benötigt. Weniger intensiv bewirtschaftete<br />
Ackerkulturen weisen dagegen eine höhere Biodiversität<br />
auf (Mooney et al., 1995), die Artenvielfalt<br />
ist aber gegenüber anderen Ökosystemen vergleichsweise<br />
niedrig.<br />
Bei der Umnutzung von Ackerflächen zu Grasland<br />
vergrößert sich der Kohlenstoffspeicher im<br />
Boden. Dieser Prozess vollzieht sich langsam <strong>und</strong><br />
dauert Jahrzehnte. Die höhere Kohlenstoffspeicherungsrate<br />
ist auf die meist ganzjährige Bodenbedeckung<br />
mit einer höheren unterirdischen Produktivität<br />
<strong>und</strong> einer geringeren Bodenbearbeitung im Grasland<br />
zurückzuführen, wodurch Erosion <strong>und</strong> CO 2 -<br />
Verluste durch Bodenatmung verringert werden<br />
(Yimer et al., 2007).<br />
Eine Option zur Kohlenstoffspeicherung auf<br />
Ackerflächen stellt die Aufforstung mit Kurzum-