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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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180 7 Anbau <strong>und</strong> energetische Nutzung von Biomasse<br />

Kasten 7.3-2<br />

Quantifizierung der Emissionen aus direkten<br />

<strong>und</strong> indirekten <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />

Direkte <strong>Landnutzung</strong>sänderungen (direct land-use change<br />

= dLUC) entstehen, wenn eine Fläche vor dem Anbau von<br />

Energiepflanzen durch eine andere Nutzung (z. B. Wald,<br />

Grasland oder Acker mit Nahrungsmittelanbau) geprägt<br />

oder ungenutzt war. Die mit direkten <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />

verb<strong>und</strong>enen Emissionen werden in Lebenszyklusanalysen<br />

berücksichtigt, <strong>und</strong> es liegen Standardwerte<br />

(Default-Werte) für diese Emissionen vor, die für die Analysen<br />

herangezogen werden können (Gnansounou et al.,<br />

2008). Tabelle 7.3-1 zeigt die Standardwerte der auf einen<br />

20-Jahres-Zeitraum umgelegten jährlichen Emissionen für<br />

verschiedene <strong>Landnutzung</strong>sänderungen auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />

von IPCC (2006), wie sie in der Studie für den WBGU (Frit-<br />

Tabelle 7.3-1<br />

Standardwerte für flächenbezogene<br />

Treibhausgasemissionen durch direkte<br />

<strong>Landnutzung</strong>sänderungen für verschiedene als<br />

Energiepflanzen nutzbare Kulturen in kg CO 2 pro<br />

ha <strong>und</strong> Jahr. Die flächenbezogenen Emissionen<br />

sind auf einen 20-Jahres-Zeitraum nach der<br />

<strong>Landnutzung</strong>sänderung umgelegt <strong>und</strong> beinhalten nicht<br />

die Emissionen aus den Lebenswegen der weiteren<br />

Verarbeitung im <strong>Bioenergie</strong>pfad.<br />

Quelle: Fritsche <strong>und</strong> Wiegmann, 2008<br />

Kultur vorherige Nutzung THG-Emissionen<br />

[kg CO2 /(ha · a)]<br />

Weizen Grünland 2.630<br />

Acker 0<br />

Mais Grünland 2.630<br />

Acker 0<br />

Pappel Grünland 1.255<br />

(KUP)<br />

Acker -1.375<br />

Zuckerrohr Savanne 14.428<br />

degradiertes Land -3.722<br />

Acker -55<br />

Raps Grünland 2.630<br />

Acker 0<br />

Ölpalme tropischer<br />

Regenwald<br />

28.417<br />

degradiertes Land -13.750<br />

Jatropha Acker -458<br />

degradiertes Land -4.125<br />

Rutenhirse Grünland 1.897<br />

Acker -733<br />

* hellrot = C-Freisetzung<br />

hellgrün = Kohlenstoffbindung<br />

weiß = CO 2 -neutral<br />

sche <strong>und</strong> Wiegmann, 2008) verwendet wurden. Auf individuellen<br />

Flächen können diese Werte in Abhängigkeit von<br />

den Bewirtschaftungs- <strong>und</strong> Umbruchmethoden erheblich<br />

von den angegebenen Standardwerten abweichen.<br />

Wenn auf Flächen zum Energiepflanzenanbau vorher<br />

eine andere Nutzung – etwa zur Nahrungs- oder Futtermittelproduktion<br />

– stattfand, die durch den Biomasseanbau<br />

verdrängt wird, können darüber hinaus auch indirekte<br />

<strong>Landnutzung</strong>sänderungen ausgelöst werden (indirect<br />

land-use change = iLUC; die damit verb<strong>und</strong>enen Effekte<br />

werden häufig auch als leakage bezeichnet): Solange weiterhin<br />

Bedarf an den vorher auf dieser Fläche produzierten<br />

Nahrungs- oder Futtermitteln besteht, kann deren Produktion<br />

verlagert werden. Als Folge kann z. B. die Produktion<br />

auf bestehenden Ackerflächen intensiviert oder es können<br />

weitere Flächen als Acker- oder Weideflächen erschlossen<br />

werden. Besonders wenn zusätzliche Flächen dafür umgenutzt<br />

werden, die einen hohen Kohlenstoffvorrat aufweisen,<br />

etwa Wälder, Feuchtgebiete oder Moore, können dabei<br />

erhebliche CO2-Emissionen freigesetzt werden (Kap. 4.2.3),<br />

die zwar an einem anderen Ort, aber im Gr<strong>und</strong>e durch den<br />

Energiepflanzenanbau verursacht wurden <strong>und</strong> diesem<br />

daher anzurechnen sind. Indirekte <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />

können aber auch ausgelöst werden, wenn zwar keine<br />

direkte <strong>Landnutzung</strong>sänderung für den Energiepflanzenanbau,<br />

aber eine Änderung in der Nutzung der Ernteprodukte<br />

(etwa Mais für Biogas statt als Futtermittel) erfolgt.<br />

Die Treibhausgasemissionen aus indirekten <strong>Landnutzung</strong>sänderungen<br />

können nicht direkt ermittelt <strong>und</strong><br />

quantifiziert, sondern nur modelliert werden. Es wurden<br />

verschiedene Methoden vorgeschlagen bzw. befinden<br />

sich in der Entwicklung, um modellgestützte Aussagen zu<br />

erlauben. Wären die Flächen bekannt, die durch den Verdrängungseffekt<br />

betroffen sind, könnten die Emissionen<br />

ohne großen Aufwand bestimmt werden, da sie denen der<br />

direkten <strong>Landnutzung</strong>sänderung entsprechen. Da die Verdrängungseffekte<br />

aber über den Welthandel auch außerhalb<br />

einer Region oder eines Landes auftreten können, ist<br />

eine eindeutige Zuordnung zur Biomasseproduktion auf<br />

bestimmten Flächen nicht möglich. Mittelfristig könnten<br />

durch ein verlässliches globales Kataster zumindest auf<br />

aggregierter Ebene die Veränderungen in der <strong>Landnutzung</strong><br />

gegenüber dem Vorjahreszeitraum erfasst werden, womit<br />

aber immer noch eine Zuordnung zu den vielfältigen Ursachen<br />

<strong>und</strong> Allokation zu gegebenenfalls stattfindendem verstärkten<br />

<strong>Bioenergie</strong>anbau zu leisten wäre.<br />

Quantitative Modellergebnisse<br />

Searchinger et al. (2008) verwenden ein ökonometrisches<br />

Gleichgewichtsmodell, um den induzierten Flächenbedarf<br />

durch Verdrängungseffekte <strong>und</strong> die daraus resultierenden<br />

CO2-Emissionen durch Simulation des Welthandels abzuschätzen.<br />

Diese Analyse bezieht sich auf die Marktsituation<br />

<strong>und</strong> Dynamik in den USA <strong>und</strong> betrifft vor allem Ethanol<br />

aus Mais. Kritikpunkte an der Methode sind u. a., dass die<br />

Produktionszunahme durch Steigerung der landwirtschaftlichen<br />

Erträge bzw. Vermeidung logistischer Verluste <strong>und</strong><br />

Marktverzerrungen (z. B. Zölle) im Modell nicht erfasst<br />

werden (Fritsche <strong>und</strong> Wiegmann, 2008).<br />

Die hier vorgestellten Bilanzen verwenden den vom<br />

Öko-Institut Darmstadt entwickelten Ansatz eines „iLUC-<br />

Faktors“ (Fritsche <strong>und</strong> Wiegmann, 2008): Die indirekt ausgelösten<br />

<strong>Landnutzung</strong>sänderungen werden hier für das<br />

Referenzjahr 2005 aus den global gehandelten Agrarprodukten<br />

abgeleitet, die theoretisch durch den Energiepflanzenanbau<br />

verdrängt werden konnten. Hierbei handelt es<br />

sich vereinfacht um Mais, Weizen, Raps, Soja <strong>und</strong> Ölpal-

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