Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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306 10 Globale <strong>Bioenergie</strong>politik<br />
Wirkung. Sie bleiben, wie im Fall der Kommission für<br />
Nachhaltige Entwicklung, teilweise sogar noch hinter<br />
den bescheidenen Erwartungen zurück, die man mit<br />
Rücksicht auf strukturelle Schwächen überhaupt nur<br />
an sie stellen kann. Zumindest teilweise lässt sich das<br />
diffuse Bild auch mit den unterschiedlichen Erwartungen<br />
<strong>und</strong> Ansprüchen der Mitgliedsstaaten gegenüber<br />
verschiedenen UN-Organisationen <strong>und</strong> Programmen<br />
erklären. So erwarten viele Entwicklungsländer<br />
z. B. von UNDP <strong>und</strong> UNIDO vor allem auch<br />
technische <strong>und</strong> finanzielle Unterstützung ihrer konventionellen<br />
energiepolitischen Strategien <strong>und</strong> Programme.<br />
Hinzu kommt, dass auch die einschlägigen<br />
UN-Akteure von der Dynamik <strong>und</strong> Komplexität des<br />
<strong>Bioenergie</strong>themas überfordert sind <strong>und</strong> vielfach erst<br />
begonnen haben, nach überzeugenden Lösungen für<br />
die mit <strong>Bioenergie</strong> verb<strong>und</strong>enen Nutzungskonflikte<br />
zu suchen <strong>und</strong> daher eher abwartend agieren, wie<br />
das Beispiel der Entwicklungsbanken zeigt. Angesichts<br />
der bisherigen Zurückhaltung bleiben wichtige<br />
Gestaltungsspielräume für Strategiebildung <strong>und</strong><br />
politische Steuerung bestehen.<br />
Die Kehrseite der Medaille ist, dass, von Ausnahmen<br />
wie der Inter-American Development Bank<br />
abgesehen, kaum eine internationale Organisation<br />
über umfassende <strong>Bioenergie</strong>strategien verfügt,<br />
während viele Entwicklungsländer bereits konkrete<br />
Schritte zur Förderung von Biokraftstoffen unternehmen,<br />
ausländische Investoren auf die Anbauflächen<br />
<strong>und</strong> Märkte des Südens drängen <strong>und</strong> der Energiepflanzenanbau<br />
nicht zuletzt in Ländern wie Brasilien,<br />
Malaysia <strong>und</strong> Indonesien einen Boom erlebt.<br />
Kleinteilige Initiativen <strong>und</strong> Pilotprojekte, die sich<br />
auf die Nachhaltigkeit von Biokraftstoffen konzentrieren,<br />
aber dieses größere Bild eines im Entstehen<br />
begriffenen dynamischen Weltmarkts für <strong>Bioenergie</strong><br />
außer Auge lassen, bleiben unzureichend, auch wenn<br />
sie sinnvolle Bausteine für umfassendere Ansätze<br />
liefern mögen. Die maßgebliche Dynamik kommt<br />
dabei aus dem Privatsektor. Dennoch verfügen die<br />
Akteure der multilateralen Entwicklungszusammenarbeit,<br />
<strong>und</strong> unter ihnen insbesondere die Finanzierungsinstitutionen,<br />
durchaus über geeignete Mittel,<br />
diese Entwicklung mitzugestalten. Nach Auffassung<br />
des WBGU sollten sie ihren Einfluss im Sinne der<br />
Leitplanken zur Nachhaltigkeit (Kap. 3) <strong>und</strong> der entsprechenden<br />
Mindeststandards <strong>und</strong> Förderkriterien<br />
(Kap. 10.3.1) geltend machen, in dem sie dazu beitragen,<br />
in den Entwicklungsländern geeignete Rahmenbedingungen<br />
für die <strong>nachhaltige</strong> Nutzung der<br />
vorhandenen <strong>Bioenergie</strong>potenziale zu schaffen.<br />
Es fehlt an entsprechenden Politiken <strong>und</strong> Strategien,<br />
die es ermöglichen, die unterschiedlichen<br />
Potenziale der <strong>Bioenergie</strong> in den Bereichen Elektrizität,<br />
Wärme <strong>und</strong> Mobilität zu nutzen, ohne wesentliche<br />
Nachhaltigkeitsziele wie Welternährung, Klima-<br />
<strong>und</strong> Naturschutz zu unterminieren. Nationale wie internationale<br />
Mandatsträger brauchen dafür kurzfristig<br />
geeignete Entscheidungsgr<strong>und</strong>lagen, um den<br />
<strong>Bioenergie</strong>sektor angemessen regulieren <strong>und</strong> Weichen<br />
für seine zukünftige Ausgestaltung stellen zu<br />
können. Nicht zuletzt drängen auch kapitalkräftige<br />
Privatinvestoren, die an langfristiger Planungssicherheit<br />
interessiert sind, auf klare <strong>und</strong> verlässliche Rahmenbedingungen.<br />
Um die Erkenntnisse aus der Vielzahl der in den<br />
vergangenen zwei bis drei Jahren entstandenen<br />
Foren, Task Forces, Kommissionen <strong>und</strong> Gutachten zu<br />
bündeln <strong>und</strong> den internationalen Lernprozess zu den<br />
Chancen <strong>und</strong> Risiken der <strong>Bioenergie</strong> ergebnisorientiert<br />
zu beschleunigen, rät der WBGU, zeitnah eine<br />
Internationale Konferenz über <strong>nachhaltige</strong> <strong>Bioenergie</strong><br />
einzuberufen. Nach dem Vorbild der Konferenz<br />
renewables 2004 könnte eine International Conference<br />
on Sustainable Bioenergy (Kap. 10.7.7.2) als<br />
Forum für einen länder- <strong>und</strong> sektorübergreifenden<br />
Dialog <strong>und</strong> mögliche Kooperationen in der internationalen<br />
Agrar-, Energie- <strong>und</strong> Entwicklungspolitik<br />
dienen <strong>und</strong> zur globalen Konsensbildung über angemessene<br />
Normen bezüglich der Produktion <strong>und</strong> der<br />
Nutzung unterschiedlicher Formen der <strong>Bioenergie</strong><br />
beitragen. Sie sollte auch den Gr<strong>und</strong>stein zur Förderung<br />
<strong>nachhaltige</strong>r <strong>Bioenergie</strong> durch spezifische multilaterale<br />
Partnerschaften legen, die sich an bereits<br />
existierenden Technologieabkommen oder Handelspartnerschaften<br />
zwischen Industrieländern <strong>und</strong><br />
Schwellenländern orientieren könnten.<br />
10.8.2<br />
<strong>Bioenergie</strong>strategien für Entwicklungsländer<br />
Die Akteure der internationalen Entwicklungszusammenarbeit<br />
sollten die Schwellen- <strong>und</strong> Entwicklungsländer<br />
darin unterstützen, ihre <strong>Bioenergie</strong>potenziale<br />
auf <strong>nachhaltige</strong> Art <strong>und</strong> Weise zu nutzen.<br />
Die Klärung strategischer Fragen der <strong>Bioenergie</strong>politik<br />
sollte dabei vor dem Hintergr<strong>und</strong> bestehender<br />
naturräumlicher, politischer, sozioökonomischer<br />
<strong>und</strong> infrastruktureller Rahmenbedingungen vorrangig<br />
auf nationaler Ebene <strong>und</strong> unter möglichst breiter<br />
Beteiligung betroffener Interessens- <strong>und</strong> Bevölkerungsgruppen<br />
erfolgen. Gleichzeitig müssen auf<br />
internationaler Ebene geeignete Rahmenbedingungen<br />
geschaffen werden, um nationale Strategien so<br />
zu flankieren, dass eine im globalen Maßstab <strong>nachhaltige</strong><br />
<strong>Bioenergie</strong>politik möglich wird.<br />
Auf allen Handlungsebenen ist dabei generell<br />
zu klären, welche Ziele vorrangig durch <strong>Bioenergie</strong><br />
erreicht werden sollen. Daraus lassen sich entsprechend<br />
weitere Fragen nach Rohstoffgewinnung<br />
(Pflanzenkultur, Reststoffe) <strong>und</strong> Nutzungsform der