Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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94 5 Nutzungskonkurrenzen<br />
5.5.4<br />
Folgerungen<br />
Die energetische Nutzung von Biomasse als Klimaschutzoption<br />
steht vielfach direkt oder indirekt in<br />
Konkurrenz zu anderen Klimaschutzoptionen. Die<br />
direkte Konkurrenz betrifft erstens die Landfläche:<br />
Entweder kann sie zur Produktion von Energiepflanzen<br />
genutzt werden, die fossile Energieträger<br />
ersetzen, oder es kann angestrebt werden, den<br />
auf der Fläche gespeicherten Kohlenstoff zu erhöhen<br />
bzw. (durch Verzicht auf Entwaldung oder Graslandumbruch<br />
zugunsten von Energiepflanzenanbau)<br />
zu erhalten. Zweitens gibt es eine direkte Konkurrenz<br />
um die zu nutzende Biomasse: Entweder kann<br />
ihre Eigenschaft als Kohlenstoffreservoir genutzt<br />
werden indem die Biomasse als Rohstoff verwendet<br />
oder anderweitig vor Oxidation <strong>und</strong> Abbau<br />
geschützt wird (Kasten 5.5-2), oder sie kann energetisch<br />
genutzt werden, wobei der in der Biomasse<br />
gespeicherte Kohlenstoff wieder freigesetzt wird,<br />
dafür aber andere emissionsintensive Energieformen<br />
substituiert werden können.<br />
Über die direkten Konkurrenzen hinaus gibt es<br />
zusätzlich aber auch noch die indirekten Effekte, die<br />
über die Agrarpreise wirksam werden: Je mehr der<br />
Druck auf die Agrarflächen durch eine Ausweitung<br />
des Energiepflanzenanbaus steigt, desto anspruchsvoller<br />
<strong>und</strong> schwieriger können andere Klimaschutzmaßnahmen<br />
durchgesetzt werden, z. B. im <strong>Landnutzung</strong>sbereich,<br />
etwa durch die Reduktion der Entwaldung<br />
oder eine Minderung der N 2 O-Emissionen<br />
durch einen verbesserten Düngemitteleinsatz.<br />
Soll mit der <strong>Bioenergie</strong>nutzung das Ziel verfolgt<br />
werden, zum Klimaschutz beizutragen, muss also<br />
zwischen diesen verschiedenen Klimaschutzoptionen<br />
abgewogen werden (Abb. 5.5-3).<br />
Umfassende Treibhausgasbilanzen verschiedener<br />
Maßnahmen können hier eine Orientierung geben<br />
Nicht forstl.<br />
<strong>Landnutzung</strong><br />
Minimierung der Nettoemissionen in die Atmosphäre<br />
Maximierung der<br />
Kohlenstoffvorräte<br />
Forstökosysteme<br />
Biokraftstoffe<br />
Holzprodukte<br />
Fossile<br />
Kraftstoffe<br />
Andere<br />
Produkte<br />
<strong>Landnutzung</strong>ssektor<br />
Abbildung 5.5-3<br />
Forstsektor<br />
Bereitstellung von<br />
Energie <strong>und</strong> Produkten<br />
für die Gesellschaft<br />
Klimaschutz durch geeignete <strong>Landnutzung</strong>: Abwägung der<br />
Optionen am Beispiel des Forstsektors.<br />
Quelle: Nabuurs et al., 2007<br />
(Kap. 7). Für den Vergleich der verschiedenen Klimaschutzoptionen<br />
untereinander <strong>und</strong> eine Abwägung,<br />
wie sie möglichst gut dazu beitragen können,<br />
dass die Klimaschutzleitplanke eingehalten wird,<br />
genügt allerdings der Blick auf die unmittelbaren<br />
Emissionen <strong>und</strong> Emissionsminderungen nicht, sondern<br />
es muss auch die jeweilige Zeitdynamik einbezogen<br />
werden. Tabelle 5.5-1 gibt einen Überblick<br />
über die Zeitdynamiken der verschiedenen Klimaschutzoptionen<br />
bei der <strong>Landnutzung</strong>. Um einen<br />
gefährlichen Klimawandel zu vermeiden, d. h. aus<br />
Sicht des WBGU eine globale Temperaturerhöhung<br />
von 2°C über dem vorindustriellen Niveau nicht zu<br />
überschreiten, muss einerseits möglichst rasch eine<br />
Trendumkehr der globalen Emissionen erreicht werden,<br />
andererseits jedoch auch die Gr<strong>und</strong>lage zu langfristigen,<br />
stetigen <strong>und</strong> substanziellen weiteren Emissionsminderungen<br />
bis über die Mitte des Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
hinaus gelegt werden.<br />
Neben den Klimaschutzoptionen im <strong>Landnutzung</strong>sbereich<br />
ist vor allem die Minderung der Emissionen<br />
fossiler Energieträger ausschlaggebend. <strong>Bioenergie</strong><br />
betrifft beide Bereiche gleichermaßen. Im<br />
Vergleich mit Emissionen aus fossilen Energieträgern<br />
ist bedeutsam, dass CO2-Emissionen aus <strong>Landnutzung</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Landnutzung</strong>sänderungen überwiegend<br />
in dem Sinne reversibel sind, dass eine entsprechende<br />
Menge CO2 theoretisch (bei entsprechendem<br />
Management) in einem überschaubaren Zeitraum<br />
(einige Jahre bis Jahrzehnte) wieder vollständig von<br />
der Biosphäre aufgenommen werden kann. Gleichzeitig<br />
ist eine CO2-Speicherung auf der Fläche durch<br />
Ökosysteme in der Regel zeitlich durch die Bewirtschaftung<br />
begrenzt <strong>und</strong> die jährliche Zunahme der<br />
Speicherung wird mit der Zeit geringer (Smith et al.,<br />
2007a), auch wenn selbst sehr alte Ökosysteme noch<br />
erhebliche Mengen CO2 festlegen können (Luyssaert<br />
et al., 2008). Darüber hinaus können in vielen Fällen<br />
durch eine Änderung des Managements große Mengen<br />
des in Biomasse <strong>und</strong> Boden festgelegten Kohlenstoffs<br />
wieder freigesetzt werden, z. B. wenn das Ökosystem<br />
degradiert wird oder veränderte Bewirtschaftungstechniken<br />
eingesetzt werden.<br />
Bei CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler<br />
Energieträger verbleibt hingegen ein erheblicher<br />
Anteil von 20 % über Jahrtausende in der Atmosphäre<br />
(IPCC, 2007a). Montenegro et al. (2007) gehen<br />
davon aus, dass sogar ein Anteil von 25 % über mehr<br />
als 5.000 Jahre in der Atmosphäre verbleibt. Abbildung<br />
5.5-4 stellt schematisch die Kohlenstoffreservoire<br />
<strong>und</strong> Kohlenstoffflüsse dar, die die CO2-Kon zentration der Atmosphäre bestimmen, <strong>und</strong> macht<br />
die Unterschiede deutlich.<br />
House et al. (2002) folgern aus ihren Berechnungen,<br />
dass im Verlauf des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts selbst der<br />
Einsatz extremer <strong>und</strong> unwahrscheinlicher Land- Land-