Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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264 10 Globale <strong>Bioenergie</strong>politik<br />
Anbau von Energiepflanzen berücksichtigt wird.<br />
Die Forderung nach dem Vorrang der Nahrungs- <strong>und</strong><br />
Futtermittelproduktion gegenüber dem Anbau von<br />
Energiepflanzen ist aus Sicht des WBGU ein zentraler<br />
Bestandteil dieses Leitbilds.<br />
10.4.2<br />
Kurzfristige Maßnahmen zur Krisenbewältigung<br />
Um rasche Erfolge bei der Krisenbewältigung zu<br />
erzielen, sind Aktivitäten erforderlich, die kurzfristig<br />
die Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln in Krisengebieten<br />
erhöhen bzw. den Zugang von Bedürftigen zu<br />
Nahrung verbessern. Hinzu müssen produktionssteigernde<br />
Maßnahmen kommen, die schnell <strong>und</strong> ohne<br />
großen Vorlauf in nationalen <strong>und</strong> internationalen<br />
Politiken umgesetzt werden können <strong>und</strong> eine rasche<br />
Wirksamkeit entfalten (z. B. Verteilung von Saatgut<br />
zur Sicherung der nächsten Ernte).<br />
10.4.2.1<br />
Transferprogramme <strong>und</strong> andere fiskalische<br />
Maßnahmen<br />
Soziale Transferprogramme (safety nets) sehen geldnahe<br />
Transfers, etwa in Form von Essensmarken oder<br />
Gutscheinen, sowie direkte Einkommenstransfers<br />
für Bedürftige vor. Für eine effektive Anwendung<br />
solcher Programme muss die individuelle Bedürftigkeit<br />
festgestellt werden. Dies ist häufig mit hohen<br />
Kosten <strong>und</strong> organisatorischem Aufwand verb<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> erschwert die Anwendung in Staaten mit schwachen<br />
staatlichen Verwaltungsstrukturen. Gewisse<br />
Pauschalierungen bei der Festlegung des Kreises der<br />
Bedürftigen etwa nach Wohnort oder anderen einfach<br />
zu überprüfenden Kritierien können hier einen<br />
Ausweg bilden. Weitere Transfers werden über staatliche<br />
Beschäftigungs- <strong>und</strong> Ausbildungsprogramme<br />
geleistet, bei denen Arbeit mit Essen vergütet wird<br />
(Food-for-Work-Programme). Ähnlich wirken auch<br />
Schulspeisungsprogramme.<br />
Transferprogramme erlauben gr<strong>und</strong>sätzlich eine<br />
genauere Steuerung auf bedürftige Zielgruppen als<br />
allgemeine fiskalische Maßnahmen wie Steuersenkungen<br />
<strong>und</strong> direkte Subventionen. Diese Maßnahmen<br />
werden von vielen betroffenen Staaten dennoch<br />
eingesetzt, um den Preisanstieg bei Nahrungsmitteln<br />
abzufedern. Nach einer Studie der Weltbank sahen<br />
zwischen 2007 <strong>und</strong> 2008 über 40 % von 58 untersuchten<br />
Entwicklungsländern Steuer- oder Zollsenkungen<br />
vor, über 30 % der Länder setzen Preissubventionen<br />
ein (World Bank, 2008c). Preissubventionen<br />
belasten die öffentlichen Haushalte der Länder <strong>und</strong><br />
können nur sehr eingeschränkt an der Bedürftigkeit<br />
der Konsumenten ansetzen. Im schlimmsten Fall kollabiert<br />
eine derartige Politik aufgr<strong>und</strong> wachsender<br />
Staatsausgaben in Folge steigender Agrarpreise, so<br />
dass gesellschaftliche Konflikte <strong>und</strong> politische Krisen<br />
drohen. Infolgedessen werden derartige fiskalische<br />
Maßnahmen von den internationalen Organisationen<br />
eher bemängelt. Die Verantwortung für<br />
den Einsatz <strong>und</strong> den Ausbau von Transferprogrammen<br />
liegt letztlich bei den betroffenen Staaten selbst.<br />
Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit kann<br />
hierbei Unterstützung durch finanzielle Hilfen <strong>und</strong><br />
Beratung entlang der Prinzipen des guten Regierungshandels<br />
geleistet werden.<br />
10.4.2.2<br />
Administrative Höchstpreise<br />
Neben den fiskalischen Instrumenten <strong>und</strong> Ausgabenprogrammen<br />
setzen betroffene Länder zum Teil<br />
auch Höchstpreise als ordnungsrechtliche Maßnahmen<br />
ein. Es wird ein maximaler Preis festgelegt, zu<br />
dem Nahrungsmittel bzw. Getreide vom Produzenten<br />
abgegeben werden müssen. So können kurzfristig<br />
Nahrungsmittel für breite Bevölkerungsschichten<br />
erschwinglich bleiben. Höchstpreise reduzieren<br />
allerdings die einzelwirtschaftliche Rentabilität<br />
der Agrarproduktion. Je nach Höhe der festgesetzten<br />
Preise <strong>und</strong> der Erträge aus alternativen Agrar-<br />
<strong>und</strong> <strong>Landnutzung</strong>en setzen sie Fehlanreize: Statt<br />
Nahrungsmitteln werden dann Energie- <strong>und</strong> andere<br />
Nutzpflanzen angebaut, wenn sich mit diesen Agrargütern,<br />
die nicht Nahrungsmittel sind, ein höherer<br />
Marktpreis erzielen lässt. Im Gegensatz dazu stoßen<br />
nachfrageorientierte Maßnahmen wie Transferprogramme<br />
Markteffekte an, die sich im Idealfall in<br />
Produktionsanreize übertragen <strong>und</strong> so die <strong>Landnutzung</strong>skonkurrenzen<br />
zu Gunsten der Ernährungssicherheit<br />
beeinflussen. So können Einkommenstransfers<br />
oder geldnahe Transfers mit Nachfragesteigerungen<br />
nach Nahrungsmitteln einhergehen <strong>und</strong> indirekt<br />
Produktionsanreize generieren. Diese Effekte sollten<br />
bei der Gestaltung nationaler Politiken berücksichtigt<br />
werden.<br />
10.4.2.3<br />
Kurzfristige Hilfen für die kleinbäuerliche<br />
Produktion<br />
Die Subsistenzlandwirtschaft bzw. kleinbäuerliche<br />
Agrarbetriebe, die vorrangig für den Eigenbedarf<br />
produzieren, profitieren kaum oder gar nicht von<br />
den steigenden Preisen für Nahrungsmittel. Hingegen<br />
sind sie oft von den Folgen der Energiepreisentwicklung<br />
negativ betroffen, da sich daran gekop-