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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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zeigen, dass Entwaldung in der Regel auf mehrere<br />

unmittelbare Ursachen zurückzuführen ist, die Ausweitung<br />

von Agrarland dabei aber in fast allen Fällen<br />

eine Rolle spielte. Auch die zugr<strong>und</strong>e liegenden<br />

Einflüsse wirkten selten allein. In einem Drittel der<br />

untersuchten Fälle hatten steigende Produktpreise<br />

für cash crops einen Einfluss. Bei steigender Nachfrage<br />

nach <strong>Bioenergie</strong> ist damit zu rechnen, dass es<br />

zu Preisanstiegen bei Agrargütern kommt (Kap. 5.2).<br />

Neuere Untersuchungen von Morton et al. (2006)<br />

zeigen exemplarisch für die Amazonasregion Mato<br />

Grosso, dass Entwaldung zugunsten von Ackerland<br />

gegenüber Entwaldung zugunsten von Weideland<br />

zugenommen hat, wobei das Ausmaß der Entwaldung<br />

mit dem Sojapreis korreliert. Searchinger et<br />

al. (2008) zeigen in ihren Berechnungen, dass durch<br />

<strong>Bioenergie</strong>nutzung ausgelöste Preiserhöhungen die<br />

Konversion von Wald <strong>und</strong> Grasland in Ackerland<br />

fördern, <strong>und</strong> zwar unabhängig davon, ob noch ungenutzte<br />

Ackerflächen vorhanden sind. Typische CO 2 -<br />

Mengen, die dabei freigesetzt werden, sind etwa 604–<br />

1.146 t CO 2 pro ha Wald, der in Agrarland umgewandelt<br />

wird, <strong>und</strong> 75–305 t CO 2 pro ha bei der Umwandlung<br />

von Grasland oder Savanne (Searchinger et al.,<br />

2008). Es ist plausibel, dass eine globale Ausweitung<br />

der <strong>Bioenergie</strong>produktion die Bemühungen zur Eindämmung<br />

tropischer Entwaldung erheblich erschweren<br />

wird, selbst wenn die direkte Umwandlung tropischer<br />

Wälder in Anbauflächen für Energiepflanzen<br />

verhindert werden kann.<br />

Die Kosten der Vermeidung von Entwaldung variieren<br />

regional <strong>und</strong> in Abhängigkeit der entgangenen<br />

Alternativnutzungen. Die wachsende <strong>Bioenergie</strong>nachfrage<br />

übt hier einen Einfluss über steigende<br />

Agrarpreise aus. Geht es allein um die Kompensation<br />

für Opportunitätskosten, d. h. für entgangene<br />

Erträge aus der <strong>Landnutzung</strong>, die zur Entwaldung<br />

führen würde, dann lassen sich nach einer Schätzung<br />

von Grieg-Gran (2006) Emissionen durch Entwaldung<br />

für 5 Mrd. US-$ pro Jahr vermeiden, <strong>und</strong> zwar<br />

in einzelnen wichtigen Schwellen- <strong>und</strong> Entwicklungsländern,<br />

die zusammen für die Hälfte dieser<br />

globalen Emissionen verantwortlich sind. Das entspricht<br />

483–1.050 US-$ pro ha. Hinzu kommen administrative<br />

Kosten von 4 bis 15 US-$ pro ha. Pro vermiedener<br />

Tonne CO 2 ergeben sich Durchschnittskosten<br />

von 1–2 US-$. Die Kosten fallen höher aus, wenn<br />

volkswirtschaftliche (Wachstums-)Effekte, die bei<br />

einer Entwaldung <strong>und</strong> intensiven <strong>Landnutzung</strong> entstünden,<br />

als Opportunitätskosten sowie die direkten<br />

Kosten infolge von Abweichungen von einer idealtypischen<br />

Schutzpolitik in der Praxis berücksichtigt<br />

werden (Nabuurs et al., 2007). Entsprechend haben<br />

verschiedene andere Studien deutlich höhere Kosten<br />

ermittelt. Danach liegen die Kosten einer Halbierung<br />

der Entwaldung zwischen 20 <strong>und</strong> 33 Mrd.<br />

<strong>Landnutzung</strong>soptionen für den Klimaschutz 5.5<br />

US-$ (Stern, 2008; Strassburg et al., 2008; UNFCCC,<br />

2007b). Um den Prozess der Entwaldung weltweit zu<br />

stoppen, würden Kosten von 185 Mrd. US-$ entstehen<br />

(UNFCCC, 2007b).<br />

Ob der Erhalt tropischer Primärwälder mit einer<br />

relevanten Nutzung für <strong>Bioenergie</strong> oder für stoffliche<br />

Verwendung kombiniert werden kann, scheint zweifelhaft,<br />

da das Ökosystem sehr empfindlich auf Störungen<br />

reagiert <strong>und</strong> außerdem bereits flächenmäßig<br />

kleine Eingriffe, z. B. der Bau einer Strasse, innerhalb<br />

weniger Jahre zur Entwaldung führen (Kap. 7.1.5.1).<br />

Damit stehen Politiken zur Reduzierung der Emissionen<br />

aus Entwaldung <strong>und</strong> Politiken zur Ausweitung<br />

der Nutzung von <strong>Bioenergie</strong> in Konkurrenz zueinander.<br />

Schon aus Klimaschutzgründen ist jedoch offensichtlich,<br />

dass Entwaldung zugunsten einer Ausweitung<br />

der Anbaufläche von Energiepflanzen nicht<br />

zielführend ist. Darüber hinaus hat der Erhalt tropischer<br />

Primärwälder zahlreiche weitere positive<br />

Effekte, etwa auf den Erhalt der Biodiversität (Kap.<br />

5.4). Aus Sicht des WBGU sollte dem Erhalt tropischer<br />

Wälder daher in jedem Fall Vorrang vor einem<br />

Ausbau der <strong>Bioenergie</strong>nutzung eingeräumt werden.<br />

Es gilt entsprechend zu verhindern, dass der Anbau<br />

von Energiepflanzen direkt oder indirekt zu tropischer<br />

Entwaldung beiträgt (Kap. 9).<br />

5.5.1.2<br />

Aufforstung<br />

Bisher war Klimaschutz nur selten der wichtigste<br />

Treiber für Aufforstung. Dies kann sich jedoch mit<br />

fortschreitenden globalen Klimaschutzbemühungen<br />

ändern, <strong>und</strong> die Aufforstungsraten könnten stark<br />

ansteigen (Nabuurs et al., 2007). Die Senkenwirkung<br />

von Aufforstung kann sehr unterschiedlich sein,<br />

<strong>und</strong> hängt u. a. stark von den verwendeten Baumarten<br />

<strong>und</strong> dem Standort ab. Die Kohlenstoffspeicherung<br />

durch Akkumulation von Biomasse nach der<br />

Aufforstung variiert dabei zwischen 1 <strong>und</strong> 35 t CO 2<br />

pro Jahr <strong>und</strong> ha (Richards <strong>und</strong> Stokes, 2004, zitiert in<br />

Nabuurs et al., 2007). Aufforstungsmaßnahmen führen<br />

allerdings nicht immer zu einer nennenswerten<br />

Kohlenstoffsenke. Vielmehr hängt es wesentlich vom<br />

Kohlenstoffgehalt des Bodens ab, ob zunächst Kohlenstoff<br />

aufgenommen oder abgegeben wird (Kap.<br />

4.2.3). Aufforstung von Kulturland mit niedrigem<br />

Bodenkohlenstoffgehalt führt in der Regel zu einer<br />

Zunahme des Bodenkohlenstoffs. Dagegen führt<br />

Aufforstung von Land mit hohem Bodenkohlenstoffgehalt<br />

(etwa Graslandökosysteme, vor allem auf<br />

organischen Böden) zunächst zu einem Rückgang<br />

des Bodenkohlenstoffs (Nabuurs et al., 2007). Die<br />

Kohlenstoffaufnahmekapazität der terrestrischen<br />

Biosphäre ist außerdem begrenzt. Nach Schätzun-<br />

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