Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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• Die biologische Vielfalt wird erhalten: Es sollten<br />
Anbausysteme mit möglichst großer Diversität<br />
(Sorten, Arten, Fruchtfolgen, Landschaft) gefördert<br />
werden. Der Anbau potenziell invasiver<br />
Arten ist zu vermeiden. Vor der Nutzung von marginalem<br />
Land sollte eine Bewertung des Naturschutzwerts<br />
erfolgen.<br />
• Die Produktion erfolgt unter guten Arbeitsbedingungen:<br />
Es sollten nur Rohstoffe gefördert werden,<br />
für die der Produzent einen Nachweis erbringen<br />
kann, dass in der Produktion über die Einhaltung<br />
der elementarsten ILO-Kernarbeitsnormen<br />
hinaus Maßnahmen zur Verbesserung<br />
der Arbeitsbedingungen vorgenommen werden.<br />
Insbesondere sollten existenzsichernde Löhne<br />
gezahlt, faire Arbeitszeiten vereinbart sowie weitergehende<br />
Maßnahmen für die Sicherheit <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heit am Arbeitsplatz nachgewiesen werden.<br />
• Rohstoffe werden unter fairen Bedingungen erworben<br />
<strong>und</strong> Landrechte <strong>und</strong> Interessen der lokalen<br />
Bevölkerung werden geachtet: Erfolgt die<br />
Erzeugung von Biomasserohstoffen im Rahmen<br />
von Vertragslandwirtschaft, sollte der jeweilige<br />
Abnehmer außerdem nachweisen können, dass<br />
alle Rohstoffe gemäß den branchenüblichen Preisen<br />
erworben wurden <strong>und</strong> dass er zu den lokalen<br />
Rohstoffproduzenten zuverlässige <strong>und</strong> transparente<br />
Geschäftsbeziehungen pflegt. Insbesondere<br />
in Entwicklungsländern sollten die Interessen<br />
der lokalen <strong>und</strong> indigenen Bevölkerung sowie<br />
der Landlosen berücksichtigt werden. Es muss<br />
ein Nachweis erfolgen, dass die Eigentums- <strong>und</strong><br />
Besitzrechte an Land geachtet werden <strong>und</strong> die<br />
Anbauflächen rechtmäßig erworben wurden.<br />
Es wird davon ausgegangen, dass diese Kriterien vor<br />
allem beim Anbau von Energiepflanzen auf marginalem<br />
Land eingehalten werden können, weshalb<br />
der WBGU dies als besonders förderungswürdig<br />
erachtet.<br />
Die Modernisierung der netzunabhängigen bzw.<br />
traditionellen Nutzung von <strong>Bioenergie</strong> kann besonders<br />
im ländlichen Raum von Entwicklungsländern<br />
einen wertvollen Beitrag zur Überwindung der Energiearmut<br />
leisten. Hier erscheint dem WBGU eine<br />
Förderung von bioenergiebasierten Projekten auch<br />
dann gerechtfertigt, wenn die Klimaschutz- <strong>und</strong> Förderkriterien<br />
nicht voll erfüllt werden.<br />
10.3.2<br />
Ansätze zur Implementierung von Standards für<br />
<strong>Bioenergie</strong>träger<br />
Die Umsetzung des in Kapitel 10.3.1 beschriebenen<br />
Mindeststandards für <strong>Bioenergie</strong>träger kann prinzi-<br />
Standards für die Produktion von <strong>Bioenergie</strong>trägern 10.3<br />
piell in unterschiedlicher Weise erfolgen. Einerseits<br />
kann er von einem Akteur (Private, Staat, Europäische<br />
Union) unilateral eingeführt werden, andererseits<br />
kann er zwischen mehreren Parteien auf bi-<br />
<strong>und</strong> multilateraler Ebene verhandelt werden. Ferner<br />
kann er mit unterschiedlicher rechtlicher Verbindlichkeit<br />
eingeführt werden: So ist auf nationaler<br />
wie auch internationaler Ebene sowohl eine rechtlich<br />
verbindliche Normierung als auch eine Statuierung<br />
im Sinne freiwilliger Leitlinien bzw. allgemeiner<br />
Prinzipien denkbar. Weiter kann ein Mindeststandard<br />
auch bei der Finanzierung von <strong>Bioenergie</strong>projekten<br />
multilateraler Entwicklungsbanken <strong>und</strong><br />
internationaler Finanzierungsinstitutionen herangezogen<br />
werden.<br />
Der WBGU empfiehlt den europäischen Staaten<br />
angesichts der hohen Unsicherheiten <strong>und</strong> Risiken<br />
bei der Produktion <strong>und</strong> Nutzung von <strong>Bioenergie</strong><br />
die verpflichtende Einführung des Mindeststandards<br />
zunächst unilateral auf Ebene der Europäischen<br />
Union, aber idealerweise auch darüber hinaus<br />
im Rahmen von bi- <strong>und</strong> multilateralen Abkommen<br />
zwischen wichtigen Konsumenten- <strong>und</strong> Produzentenländern<br />
von <strong>Bioenergie</strong>. Bestehende freiwillige<br />
Standards können dabei teilweise als Referenz dienen<br />
<strong>und</strong> bestehende freiwillige Zertifzierungssysteme<br />
bei der Verifizierung verpflichtender Mindeststandards<br />
herangezogen werden. Ausschließlich auf<br />
freiwilligen Standards basierende Regulierungen<br />
hält der WBGU im Falle der <strong>Bioenergie</strong>produktion<br />
für nicht ausreichend, da sie die Nachhaltigkeit nicht<br />
großflächig <strong>und</strong> mit der gewünschten Tiefenwirkung<br />
sicherstellen können.<br />
10.3.2.1<br />
Standards privater, staatlicher <strong>und</strong><br />
supranationaler Organisationen<br />
Rechtlich verbindliche Mindeststandards<br />
<strong>und</strong> ihre Umsetzung<br />
Die Einführung eines gesetzlichen Mindeststandards<br />
ist die verbindlichste Form der Standardsetzung. Ein<br />
Mindeststandard definiert Grenz- oder Schwellenwerte<br />
<strong>und</strong> Anforderungen an den Herstellungsprozess,<br />
deren Nichteinhaltung zu einer Sonderbehandlung<br />
des jeweiligen Produktes führt, z. B. zu einem<br />
Einfuhr- oder Nutzungsverbot. Eine solche generelle<br />
gesetzliche Pflicht zur Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien<br />
für alle Arten von <strong>Bioenergie</strong>trägern<br />
ist soweit ersichtlich bisher in keinem Land vorgesehen.<br />
Entsprechende Pläne der Europäischen Union<br />
sowie einzelner europäischer Staaten beziehen sich<br />
in erster Linie auf die Identifizierung von flüssigen<br />
Biotreibstoffen, welche sich für eine Förderung qualifizieren.<br />
So möchte die Europäische Union im Rah-<br />
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