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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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278 10 Globale <strong>Bioenergie</strong>politik<br />

Kasten 10.5-2<br />

Etablierung eines internationalen Markts für<br />

zertifizierte Schutzleistungen<br />

Einen internationalen Markt für zertifizierte Schutzleistungen<br />

zur Finanzierung eines globalen Schutzgebietsnetzes zu<br />

etablieren, stellt eine konzeptionelle Weiterentwicklung der<br />

LifeWeb-Initiative der B<strong>und</strong>esregierung dar (Kap. 10.5.1.3).<br />

Der folgende Vorschlag dazu basiert z. T. auf dem Konzept<br />

handelbarer Verpflichtungsscheine (WBGU, 2002). Kerngedanke<br />

ist, die Finanzierung von Schutzgebieten außer durch<br />

Eigenleistungen der Standortländer systematisch durch<br />

internationale Kompensationszahlungen sicherzustellen.<br />

Um Kompensationszahlungen zu fördern <strong>und</strong> effizient zu<br />

gestalten, bietet es sich an, das Gut „geschützte Fläche“ zu<br />

standardisieren <strong>und</strong> hierfür einen globalen Markt zu etablieren.<br />

Vorgaben sollten regeln, welche Voraussetzungen<br />

Flächeneinheiten in ihrer Beschaffenheit erfüllen müssen,<br />

damit sie eine Zertifizierung erhalten <strong>und</strong> als Kandidat auf<br />

dem Markt angeboten werden dürfen. Nach Möglichkeit<br />

sollte ein weltweit anerkanntes Zertifikat für einen qualitativ<br />

hochwertigen Biodiversitätsschutz angestrebt werden,<br />

analog etwa zum Gold Standard beim CDM.<br />

Angebot <strong>und</strong> Nachfrage<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich können Staaten oder alle anderen Akteure<br />

auf dem Markt zertifizierte Schutzleistungen nachfragen<br />

oder anbieten, wobei das größte Angebot durch die biodiversitätsreichen<br />

Entwicklungs- <strong>und</strong> Schwellenländer zu<br />

erwarten ist. Angebotsaktivitäten sollten freiwillig sein; der<br />

Anreiz zum Angebot sollte sich aus den Einnahmemöglichkeiten<br />

am Markt ergeben. Um eine Mindestnachfrage nach<br />

zertifizierten Schutzleistungen zu generieren, sollten die<br />

Vertragsstaaten Verpflichtungen zum Erwerb von Schutzzertifikaten<br />

eingehen. Die Höhe der Verpflichtungen sollte<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich vom Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit<br />

abhängen – Industrieländer tragen somit zur Finanzierung<br />

globaler Biodiversität deutlich mehr bei als Entwicklungsländer.<br />

Zum anderen sollte der Verteilungsschlüssel<br />

auch die Prinzipien der Subsidiarität <strong>und</strong> ökologischen<br />

Leistungsfähigkeit berücksichtigen – je mehr Biodiversität<br />

ein Staat auf eigenem Territorium gr<strong>und</strong>sätzlich schützen<br />

kann, umso höher ist seine Verpflichtung im Vergleich zu<br />

anderen Ländern auf vergleichbarem wirtschaftlichen Entwicklungsstand.<br />

Von derartigen Bestimmungen wäre die<br />

bestehende Verpflichtung in der CBD unberührt, wonach<br />

jeder Vertragsstaat ein eigenes Schutzgebietssystem im<br />

Inland aufbauen <strong>und</strong> pflegen muss (Art. 8 CBD). Es muss<br />

sichergestellt sein, dass biodiversitätsreiche Staaten nicht<br />

nur Schutzleistungen auf dem internationalen Markt anbieten,<br />

sondern stets auch selbst Verpflichtungen eingehen.<br />

Zur Erfüllung dieser Verpflichtungen können Zertifikate<br />

für Schutzleistungen im eigenen Land verwendet werden.<br />

Für die konkrete Ausgestaltung der Verpflichtungen käme<br />

eine bestimmte Menge an Schutzzertifikaten in Frage, die<br />

immer dann erworben werden muss, wenn das Angebot<br />

hinreichend ist. Da zumindest in der Anfangsphase schwer<br />

absehbar ist, welche Zertifikatspreise sich einpendeln werden,<br />

bietet sich ergänzend zur Höhe der Zertifikatsmenge<br />

wurden auf diesem Wege umgerechnet etwa 2,2 Mrd.<br />

US-$ in den Naturschutz investiert (Pearce, 2004).<br />

Solche Swaps werden nicht nur von öffentlichen, sondern<br />

auch von privater Seite finanziert <strong>und</strong> durchgeführt.<br />

eine Ausgabengrenze an, bei deren Überschreiten ein Staat<br />

keine weiteren zertifizierten Schutzverpflichtungen erwerben<br />

muss. So könnte eine fiskalische Überforderung der<br />

Nachfragerstaaten vermieden werden. Allerdings ist dabei<br />

zu beachten, dass eine solche Deckelung die ökologische<br />

Effektivität beeinträchtigt <strong>und</strong> einige Staaten dazu verleiten<br />

könnte, z. B. aus außenpolitischen Erwägungen heraus,<br />

Schutzleistungen zu bewusst überhöhten Preisen von<br />

bestimmten Ländern zu erwerben.<br />

Funktionsweise des Marktes<br />

In diesem Marktsystem ist eine Steuerung wünschenswert,<br />

die eine Repräsentativität des globalen Schutzgebietsnetzes<br />

gewährleistet. Durch die Meldung der Kandidaten<br />

für Schutzgebiete seitens der Anbieter erfolgt durch die<br />

Zertifizierung eine ökologische Kategorisierung. Der Prozess<br />

der Zertifizierung könnte auf der LifeWeb-Initiative<br />

aufbauen: Anbieter melden Kandidaten, die zertifiziert<br />

werden. Die Flächengröße ist die quantitative Gr<strong>und</strong>lage.<br />

Nachfragerstaaten müssen eine bestimmte Menge an zertifizierten<br />

Schutzleistungen erwerben <strong>und</strong> können sich die<br />

entsprechende Fläche auf ihre eingegangene Verpflichtung<br />

anrechnen lassen. Sie können sich aber selber aussuchen,<br />

welche Flächen sie einkaufen. Je nach ihren Präferenzen,<br />

z. B. dem favorisierten Ökosystemtyp (Regenwald, Hotspot<br />

oder Schutz von flagship species usw.) kaufen sie dann den<br />

Schutz konkreter Flächen nach dem Prinzip „first come, first<br />

serve“. Unter der Annahme, dass die Nachfragerstaaten an<br />

ökologisch wertvollen Flächen besonders interessiert sind,<br />

etwa weil dies im Interesse der Bevölkerung liegt <strong>und</strong> diese<br />

entsprechend Druck auf die staatlichen Entscheidungsträger<br />

ausübt oder weil z. B. die Auswahl fachk<strong>und</strong>igen Vertretern<br />

überlassen wird, ergäbe sich somit ein Anreiz, die<br />

Mittel möglichst schnell zur Verfügung zu stellen, damit<br />

man sowohl kostengünstige als auch ökologisch attraktive<br />

Schutzleistungen erwirbt. Zugleich gäbe es einen Anreiz<br />

für Anbieterstaaten, nicht Gebiete mit niedrigen Opportunitätskosten,<br />

sondern auch biodiversitätspolitisch attraktive<br />

Gebiete als Kandidaten zu nominieren. Regelmäßige<br />

Bewertungen eines Intergovernmental Panel on Biodiversity<br />

(IPBD; WBGU, 2000, 2001a) könnten die Entwicklung<br />

des Schutzgebietssystems transparent machen <strong>und</strong> unterrepräsentierte<br />

Ökosysteme (derzeit z. B. Feuchtgebiete oder<br />

marine Ökosysteme) oder Artengruppen ausweisen, die<br />

dann im Markt mit einem Wertungsbonus versehen würden,<br />

um den Erwerb von Schutzzertifikaten aus diesen Segmenten<br />

zu fördern.<br />

Solch ein Marktsystem für zertifizierte Schutzleistungen<br />

z. B. im Rahmen eines Schutzgebietsprotokolls zur CBD<br />

kann angesichts der derzeitigen politischen Situation nur<br />

ein mittel- oder gar langfristiges Projekt sein, für das jedoch<br />

bereits jetzt die Weichen gestellt werden sollten. Für die<br />

LifeWeb-Initiative sollten möglichst viele Partnerstaaten,<br />

NRO <strong>und</strong> Unternehmen gewonnen <strong>und</strong> der Zertfizierungsprozess<br />

angestoßen werden. Die Frage einer möglichen<br />

oder sinnvollen Verknüpfung eines derartigen Protokolls<br />

an das derzeit entstehende REDD-Regime der UNFCCC<br />

(Kap. 10.2) sollte in Forschungsvorhaben ausgelotet werden<br />

(Kap. 11).<br />

Große Erwartungen im Hinblick auf eine künftige<br />

Finanzierungswirkung für den globalen Biodiversitätsschutz<br />

werden an den globalen Kohlenstoffmarkt<br />

sowie im Besonderen an den REDD-Prozess<br />

im Rahmen der UNFCCC geknüpft (Kap. 10.2;

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