Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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Kasten 5.4-3<br />
Invasive, gebietsfremde Arten<br />
Invasive, gebietsfremde Arten (invasive alien species) sind<br />
ein wichtiger Gr<strong>und</strong> für den Verlust biologischer Vielfalt<br />
(MA, 2005a). Die Wahrscheinlichkeit, dass eine neu eingeführte<br />
Pflanzenart invasiv wird <strong>und</strong> dadurch Schäden verursacht,<br />
ist zwar klein, aber das Schadensausmaß kann sehr<br />
groß werden, zumal Invasionen in der Regel irreversibel<br />
sind (Mack et al., 2000). Auch im Zusammenhang mit dem<br />
Anbau von Energiepflanzen entstehen neue Risiken. Bei<br />
künftigen <strong>Bioenergie</strong>anbausystemen bei denen die ganze<br />
oberirdische Biomasse genutzt wird (u. a. Gräser, Holz)<br />
kommt es meist auf andere Eigenschaften an als bei Nahrungsmitteln<br />
oder stofflicher Nutzung, so dass auch andere<br />
Arten oder Sorten für den Anbau in Frage kommen, die<br />
bislang agronomisch kaum genutzt sind <strong>und</strong> deren Risiken<br />
für invasives Potenzial noch nicht ausreichend bekannt<br />
oder geprüft sind.<br />
Dabei weist die Liste der gewünschten ökologischen<br />
Eigenschaften für Energiepflanzen (Heaton et al., 2004)<br />
viele Gemeinsamkeiten auf mit den Eigenschaften, die<br />
häufig bei invasiven Pflanzenarten gef<strong>und</strong>en werden (Tab.<br />
5.4-1). Die Wahrscheinlichkeit, dass eine eingeführte Art<br />
invasiv wird, steigt mit der Häufigkeit, mit der sie angepflanzt<br />
wird (Mack et al., 2000). Auch Arten, die über Jahrzehnte<br />
unauffällig waren, können durch großskalige Nutzung<br />
ihr invasives Potenzial offenbaren.<br />
Raghu et al., (2008) warnen, dass auch Grasarten wie<br />
Chinaschilf (Miscanthus) <strong>und</strong> Rutenhirse (Panicum), die<br />
derzeit als Energiepflanzen in der Diskussion sind (Kap.<br />
7.1), Eigenschaften aufweisen, die auf ein erhöhtes invasives<br />
Risiko hinweisen. Das Problem muss sehr Ernst genommen<br />
werden, da Invasion in den meisten Fällen irreversibel<br />
ist, andauernde Kosten für die Land- <strong>und</strong> Forstwirtschaft<br />
<strong>und</strong> erhebliche Schäden für die biologische Vielfalt mit<br />
sich bringt (MA, 2005a). Es sind nur wenige erfolgreiche<br />
Beispiele bekannt, bei denen eine invasive Pflanze wieder<br />
unter Kontrolle gebracht oder gar ausgerottet werden<br />
konnte. Die Anwendung biologischer Bekämpfungsmaßnahmen<br />
durch Einführung eines natürlichen Schädlings der<br />
invasiven Art ist besonders bei Gräsern mit zusätzlichen<br />
Risiken behaftet. Viele unverzichtbare Agrarpflanzen sind<br />
ebenfalls Grasarten (Reis, Weizen <strong>und</strong> andere Getreidearten;<br />
Futtergräser für die Tierproduktion usw.), so dass der<br />
Konversion <strong>und</strong> Degradation bedroht (IWMI,<br />
2007).<br />
• Risiken invasiver, gebietsfremder Arten: Auf die<br />
Risiken durch die Ausbreitung invasiver gebietsfremder<br />
Arten wird in Kasten 5.4-3 eingegangen.<br />
• Risiken durch Ausbreitung gentechnisch veränderten<br />
Materials: Die Verwendung gentechnisch veränderter<br />
Organismen geht mit dem Risiko einher,<br />
dass sich gentechnisch verändertes Material<br />
in Wildpopulationen ausbreitet (Kasten 7.1-3).<br />
Diese Effekte der Intensivierung gelten ähnlich für<br />
die Anbausysteme der Energiepflanzen wie auch für<br />
andere intensive Anbaukulturen. Dabei gibt es allerdings<br />
einen Unterschied zwischen den heute verwendeten<br />
<strong>Bioenergie</strong>anbausystemen, die in Bezug<br />
Nutzungskonkurrenz zur biologischen Vielfalt 5.4<br />
Tabelle 5.4-1<br />
Gewünschte ökologische Eigenschaften für<br />
Energiepflanzen <strong>und</strong> ihre Relevanz für das Risiko<br />
invasiver Pflanzenarten.<br />
Quelle: Raghu et al., 2008 <strong>und</strong> dort zitierte Literatur<br />
Merkmale bei<br />
Energiepflanzen<br />
erwünscht<br />
C4-Photosynthese (1), (2)<br />
Lange Bodenbedeckung (1), (2)<br />
Mehrjährig (1)<br />
Keine bekannten Schädlinge<br />
oder Krankheiten<br />
(1), (2)<br />
Schnelles Wachstum im (1), (2)<br />
Frühjahr<br />
Sterile Samen (1)<br />
Umverteilung von Nähr- (1), (2)<br />
stoffen in unterirdische<br />
Pflanzenteile im Herbst<br />
Hohe Effizienz der<br />
(1), (2)<br />
Wassernutzung<br />
Merkmale bei invasiven<br />
Arten (1) vorhanden;<br />
(2) tragen zum Erfolg bei<br />
eingeführte Schädling auf diese Nutzarten übergreifen<br />
<strong>und</strong> dort zu neuen Schäden führen könnte (Goeden <strong>und</strong><br />
Andres, 1999).<br />
Low <strong>und</strong> Booth (2007) führen 18 Arten auf, die als Energiepflanzen<br />
in der Planung oder bereits in der Anwendung<br />
sind, aber gleichzeitig invasives Potenzial besitzen oder<br />
bereits invasiv geworden sind. Jatropha curcas z. B. wurde<br />
in Westaustralien <strong>und</strong> im Northern Territory nicht als Energiepflanze<br />
zugelassen, nachdem eine Untersuchung gezeigt<br />
hatte, dass die Pflanze in 14 Ländern als invasiv gilt (Randall,<br />
2004). Der Import von Jatropha nach Australien ist aus<br />
diesem Gr<strong>und</strong> verboten. Auch Ricinus communis, die u. a.<br />
in Äthiopien als <strong>Bioenergie</strong>pflanze verwendet wird, gilt in<br />
Australien als invasiv.<br />
Diese ökologischen Risiken müssen vor der Einführung<br />
entsprechender Arten für die <strong>Bioenergie</strong>nutzung sorgfältig<br />
geprüft werden (z. B. Mack et al., 2000; CBD, 2002c).<br />
auf ihre ökologischen Wirkungen der intensiven<br />
Produktion von Nahrungsmitteln (z. B. Getreide),<br />
Futtermitteln (z. B. Soja) oder stofflicher Nutzung<br />
(z. B. Baumwolle) sehr ähnlich sind (SCBD, 2008),<br />
<strong>und</strong> den in Zukunft verstärkt erwarteten Anbausystemen<br />
für Energiepflanzen, bei denen die ganze<br />
Pflanze genutzt werden kann (Doyle et al., 2007).<br />
In Bezug auf einige dieser ökologischen Wirkungen<br />
sind letztere positiver einzuschätzen, wenn mehrjährige,<br />
biodiverse Anbausysteme verwendet werden,<br />
bei denen nur oberirdische Biomasse geerntet wird<br />
<strong>und</strong> wenig Bodenbearbeitung stattfindet (zur Nachhaltigkeit<br />
von <strong>Bioenergie</strong>anbausystemen siehe Kap.<br />
7.1). Gute Versorgung mit Nährstoffen <strong>und</strong> Wasser<br />
durch Düngung <strong>und</strong> Bewässerung würden auch bei<br />
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