Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung
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102 6 Modellierung des globalen Potenzials von Energiepflanzen<br />
Kasten 6.1-1<br />
Potenzialdefinitionen<br />
Zur Diskussion der Potenziale verschiedener Energieträger<br />
werden meist folgende Begriffe zugr<strong>und</strong>e gelegt: theoretisches<br />
Potenzial, technisches Potenzial, wirtschaftliches<br />
<strong>und</strong> <strong>nachhaltige</strong>s Potenzial (WBGU, 2003a). Im Rahmen<br />
dieses Gutachtens werden dabei folgende Definitionen<br />
unterschieden:<br />
Theoretisches Potenzial<br />
Das theoretische Potenzial bezeichnet die physikalische<br />
Obergrenze der aus einer bestimmten Quelle zur Verfügung<br />
stehenden Energie. Im Fall der Sonnenenergie wäre<br />
dies die gesamte, auf die jeweils betrachtete Fläche einfallende<br />
solare Strahlung. Dieses Potenzial berücksichtigt<br />
also weder Flächennutzungseinschränkungen noch die Wirkungsgrade<br />
der Konversionstechnologien.<br />
Technisches Potenzial<br />
Das technische Potenzial ist technologiespezifisch definiert<br />
<strong>und</strong> leitet sich über den Jahreswirkungsgrad der jeweiligen<br />
Umwandlungstechnologie aus dem theoretischen Potenzial<br />
ab. Zusätzlich werden Einschränkungen bezüglich der für<br />
die Energiegewinnung realistischerweise zur Verfügung<br />
stehenden Flächen berücksichtigt. Die bei der Flächenauswahl<br />
zugr<strong>und</strong>e gelegten Kriterien werden in der Literatur<br />
nicht einheitlich gehandhabt. Technische, strukturelle <strong>und</strong><br />
ökologische Restriktionen sowie gesetzliche Vorgaben<br />
werden hierbei zum Teil berücksichtigt. Die Höhe des technischen<br />
Potenzials der verschiedenen Energiequellen ist<br />
flächen zur Bewahrung der biologischen Vielfalt <strong>und</strong><br />
der Ökosystemfunktionen ausgeschlossen wurden.<br />
Frühere Studien zum globalen Potenzial von <strong>Bioenergie</strong><br />
kommen zu einer weiten Spanne von Ergebnissen.<br />
So zeigt ein Vergleich von Studien zum Beitrag<br />
der <strong>Bioenergie</strong> in künftigen Energiesystemen,<br />
dass Schätzungen für das Jahr 2050 von 47 EJ pro<br />
Jahr bis 450 EJ pro Jahr reichen (Berndes et al.,<br />
2003). Der vergleichsweise niedrige Wert des WBGU<br />
ist auf die angesprochene Berücksichtigung von konkurrierenden<br />
<strong>Landnutzung</strong>sansprüchen sowie auf<br />
die Annahme zum Teil unrealistisch hoher Erträge<br />
anderer Abschätzungen zurückzuführen (WBGU,<br />
2003a). Im Folgenden soll eine Auswahl neuerer Studien<br />
zum globalen <strong>Bioenergie</strong>potenzial diskutiert<br />
werden. Bei allen Potenzialzahlen handelt es sich um<br />
den Bruttoenergiebetrag, d. h. eventuelle Umwandlungsverluste<br />
bei der Konversion zur Endenergie<br />
sind nicht berücksichtigt.<br />
Hoogwijk et al. (2003) werten bestehende Studien<br />
aus <strong>und</strong> untersuchen den Einfluss verschiedener Faktoren<br />
auf den Anteil der <strong>Bioenergie</strong> aus unterschiedlichen<br />
Quellen an der globalen Energieerzeugung<br />
im Jahr 2050. Die zugr<strong>und</strong>e liegenden Studien variieren<br />
für ihre Abschätzung den zukünftigen Nahrungsbedarf<br />
der Menschheit (beeinflusst von Bevölkerungsentwicklung<br />
sowie Ernährungsgewohnhei-<br />
demnach kein scharf definierter Wert, sondern von zahlreichen<br />
Randbedingungen <strong>und</strong> Annahmen abhängig.<br />
Wirtschaftliches Potenzial<br />
Dieses Potenzial bezeichnet den unter den ökonomischen<br />
Rahmenbedingungen (zu einem bestimmten Zeitpunkt)<br />
wirtschaftlich nutzbaren Anteil des technischen Potenzials.<br />
Für Biomasse werden hierunter beispielsweise jene Mengen<br />
verstanden, die in Konkurrenz mit anderen Produkten<br />
<strong>und</strong> <strong>Landnutzung</strong>en wirtschaftlich erschließbar sind. Die<br />
ökonomischen Rahmenbedingungen sind insbesondere<br />
durch politische Maßnahmen deutlich beeinflussbar.<br />
Nachhaltiges Potenzial<br />
Dieses Potenzial einer Energiequelle berücksichtigt alle<br />
Dimensionen der Nachhaltigkeit. Hierzu müssen in der<br />
Regel verschiedene ökologische <strong>und</strong> sozioökonomische<br />
Aspekte bewertet werden. Die Abgrenzung des <strong>nachhaltige</strong>n<br />
Potenzials ist unscharf, da je nach Autor auch beim<br />
technischen oder wirtschaftlichen Potenzial bereits ökologische<br />
Aspekte berücksichtigt werden.<br />
Es sei darauf hingewiesen, dass die hier beschriebenen<br />
Potenzialdefinitionen aufgr<strong>und</strong> sehr unterschiedlicher<br />
Definitionen verschiedener Autoren nicht notwendigerweise<br />
eine schrittweise Verschärfung in der obigen Reihenfolge<br />
implizieren. So bestimmt die in diesem Kapitel<br />
beschriebene, vom WBGU in Auftrag gegebene Modellierung<br />
beispiels weise ein „technisches <strong>nachhaltige</strong>s Potenzial“,<br />
da eine gleichzeitige Bewertung der Wirtschaftlichkeit<br />
aufgr<strong>und</strong> fehlender integrierter Modelle leider nicht<br />
erfolgen kann.<br />
ten), unterschiedliche Anbausysteme für Nahrungs-<br />
<strong>und</strong> Futtermittel (intensiver <strong>und</strong> extensiver Anbau)<br />
sowie unterschiedliche Annahmen über Produktivität,<br />
Landverfügbarkeit sowie Bedarf für stoffliche<br />
Biomassenutzung. Nur bereits bestehende Naturschutzflächen<br />
werden von der <strong>Bioenergie</strong>produktion<br />
ausgenommen. Die resultierenden Abschätzungen<br />
für das Jahr 2050 spannen einen weiten Bereich<br />
von möglichen Werten von 33–1.135 EJ pro Jahr auf.<br />
Aufschlussreich ist die Verteilung dieses <strong>Bioenergie</strong>potenzials<br />
auf die verschiedenen Quellen: Schätzungen<br />
für <strong>Bioenergie</strong>produktion auf bestehenden<br />
landwirtschaftlichen Flächen (nach Deckung des<br />
Nahrungsmittelbedarfs der wachsenden Weltbevölkerung)<br />
reichen von 0–988 EJ pro Jahr (der Wert 0<br />
kommt unter der Annahme zustande, dass alle bestehenden<br />
Agrarflächen für die Nahrungsmittelproduktion<br />
benötigt werden), auf degradierten Böden<br />
von 8–110 EJ pro Jahr sowie aus biogenen Abfällen<br />
<strong>und</strong> Reststoffen (land- <strong>und</strong> forstwirtschaftliche<br />
Reststoffe, Dung, organische Abfälle) von 62–108 EJ<br />
pro Jahr. Werte für die stoffliche Nutzung von Biomasse<br />
reichen von 83–116 EJ pro Jahr (Hoogwijk et<br />
al., 2003). Diese Zahlen machen die Bedeutung von<br />
Annahmen über den zukünftigen Flächenbedarf zur<br />
Sicherung der Ernährung der Menschheit deutlich.<br />
Sehr hohe Potenziale (etwa im Bereich von 1.000 EJ