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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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30 3 Anforderungen an die Nachhaltigkeit von <strong>Bioenergie</strong><br />

schlaggebend ist allein die zeitliche Entwicklung der<br />

globalen Emissionen <strong>und</strong> der Treibhausgasaufnahme<br />

durch Senken über alle Sektoren hinweg. Für eine<br />

realistische Beurteilung des Klimaschutzbeitrags der<br />

<strong>Bioenergie</strong>nutzung muss die Emissionsentwicklung<br />

in allen Sektoren betrachtet werden. Zur Einhaltung<br />

der Versauerungsleitplanke ist darüber hinaus die<br />

Auswirkung der <strong>Bioenergie</strong>nutzung auf den globalen<br />

Kohlenstoffkreislauf zu beachten.<br />

3.1.2<br />

Leitplanke für den Biosphärenschutz<br />

Für den Biosphärenschutz hat der Beirat folgende<br />

Leitplanke vorgeschlagen: 10–20 % der weltweiten<br />

Fläche terrestrischer Ökosysteme (bzw. 20–30 % der<br />

Fläche mariner Ökosysteme) sollten für ein globales,<br />

ökologisch repräsentatives <strong>und</strong> effektiv betriebenes<br />

Schutzgebietssystem ausgewiesen werden (WBGU,<br />

2000, 2006). Zudem sollten auch etwa 10–20 % der<br />

Flussökosysteme inklusive ihrer Einzugsgebiete dem<br />

Naturschutz vorbehalten sein (WBGU, 2003a).<br />

Diese Leitplanke hat ihre Begründung u. a. in der<br />

Erkenntnis, dass Ökosysteme <strong>und</strong> ihre biologische<br />

Vielfalt für die Menschheit überlebenswichtig sind,<br />

weil sie eine Vielzahl an Funktionen, Dienstleistungen<br />

<strong>und</strong> Produkten bereitstellen (MA, 2005a). Insbesondere<br />

Schutzgebiete sind als Instrument <strong>nachhaltige</strong>r<br />

Entwicklung unverzichtbar (CBD, 2004b;<br />

Kap. 5.4). Dabei müssen sich der Schutz <strong>und</strong> die<br />

<strong>nachhaltige</strong> Nutzung biologischer Vielfalt keineswegs<br />

ausschließen: Je nach ökologischen Gegebenheiten<br />

sind Schutz <strong>und</strong> Nutzung biologischer Vielfalt<br />

in unterschiedlichem Ausmaß miteinander vereinbar<br />

(WBGU, 2000). Dementsprechend hat die Weltnaturschutzunion<br />

(World Conservation Union; IUCN,<br />

1994) ein abgestuftes Kategoriensystem für Schutzgebiete<br />

erarbeitet, das unterschiedliche Verhältnisse<br />

von Schutz <strong>und</strong> <strong>nachhaltige</strong>r Nutzung zulässt.<br />

Besonders dringlich ist der Schutz in den Brennpunkten<br />

biologischer Vielfalt, in denen sich auf geringer<br />

Fläche sehr viele wild lebende Arten befinden,<br />

eine hohe Anzahl endemischer Arten oder einzigartige<br />

Ökosysteme zu finden sind <strong>und</strong> die daher für die<br />

Erhaltung der biologischen Vielfalt besonders wertvoll<br />

sind (Hotspots: Mittermeier et al., 1999; Myers<br />

et al., 2000). Der Schutz sollte zudem die besonders<br />

schutzwürdigen Arten sowie Gebiete einschließen,<br />

in denen noch großflächig ungestörte Ökosysteme<br />

existieren (Wildnisgebiete, z. B. tropische <strong>und</strong> boreale<br />

Wälder). Für die globale Ernährungssicherheit<br />

ist darüber hinaus die Erhaltung der „Genzentren“<br />

wichtig, in denen eine große genetische Vielfalt von<br />

Kulturpflanzen oder ihrer wild lebenden Verwandten<br />

vorkommt (Vavilov, 1926; Stolton et al., 2006).<br />

Die internationale Gemeinschaft hat sich darauf<br />

geeinigt, bis 2010 ein solches Schutzgebietssystem<br />

aufzubauen (Kap. 10.5; CBD, 2004b). Es ist positiv<br />

zu bewerten, dass in den letzten Jahren die Zahl der<br />

Schutzgebiete <strong>und</strong> ihr Flächenanteil stark gestiegen<br />

sind, so dass letzterer derzeit bei ca. 12 % der globalen<br />

Landfläche liegt (Kasten 5.4-1). Viele dieser<br />

Schutzgebiete erweisen sich bei näherem Hinsehen<br />

aber als „paper parks“ (Dudley <strong>und</strong> Stolton, 1999a),<br />

d. h. sie sind zwar laut Verordnung geschützt, aber<br />

das Management vor Ort ist so unzureichend, dass<br />

es oft nicht einmal gelingt, den Raubbau an biologischen<br />

Ressourcen zu stoppen (z. B. illegaler Holzeinschlag,<br />

Raubfischerei). Zudem sind streng genommen<br />

nur die Gebiete der IUCN-Kategorie I–IV mitzurechnen,<br />

da die Kategorien V <strong>und</strong> VI eher den<br />

Schwerpunkt auf <strong>nachhaltige</strong> Nutzung als auf Erhaltung<br />

biologischer Vielfalt legen. Die Forderung nach<br />

einem effektiv betriebenen Schutzgebietssystem ist<br />

daher nur auf einem Bruchteil der 12 % erfüllt (Kasten<br />

5.4-1).<br />

Analog zu den im Rahmen der Biodiversitätskonvention<br />

vereinbarten Zielen der Global Strategy for<br />

Plant Conservation (GSPC) sollte diese globale Leitplanke<br />

regional ausdifferenziert <strong>und</strong> konkretisiert<br />

werden (CBD, 2002a; Kap. 10.5). Zu den 16 Zielen<br />

der GSPC bis 2010 gehört unter anderen, dass<br />

– 10 % aller ökologischen Regionen der Welt<br />

geschützt sein sollen,<br />

– 50 % der für die Pflanzenvielfalt wichtigsten<br />

Gebiete geschützt sein sollen. Mögliche Kriterien<br />

für die Auswahl dieser Gebiete wären Artenreichtum,<br />

Endemismus sowie Einzigartigkeit der Habitate<br />

<strong>und</strong> Ökosysteme.<br />

– 60 % der gefährdeten Arten in situ erhalten sein<br />

sollen (z. B. durch Schutzgebiete).<br />

– 70 % der genetischen Vielfalt der sozioökonomisch<br />

wertvollen Pflanzenarten erhalten sein soll<br />

(Genbanken <strong>und</strong> On-farm-Erhaltung).<br />

Allerdings kann auch ein noch so gut funktionierendes<br />

Schutzgebietssystem den Verlust der biologischen<br />

Vielfalt nicht stoppen. Hinzu kommen muss<br />

zum einen die Integration der Schutzgebiete bzw. der<br />

Schutzgebietssysteme in die umgebende Landschaft<br />

(CBD, 2004b) <strong>und</strong> zum anderen die Integration des<br />

Schutzgedankens in die Fläche durch differenzierte<br />

Anwendung <strong>nachhaltige</strong>r <strong>Landnutzung</strong> auf allen<br />

land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen. Das<br />

Ziel ist ein „integriertes, <strong>nachhaltige</strong>s Management<br />

von Land, Wasser <strong>und</strong> lebenden Ressourcen“ (Ecosystem<br />

Approach: CBD, 2000, 2004a). In diesem Sinn<br />

werden zur Sicherstellung der Nachhaltigkeit der<br />

<strong>Landnutzung</strong> weitere ökologische Nachhaltigkeitsanforderungen<br />

benötigt, die der Naturschutzdimension<br />

Rechnung tragen (Kap. 3.1.4).

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