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Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung

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170 7 Anbau <strong>und</strong> energetische Nutzung von Biomasse<br />

Kasten 7.2-3<br />

Methodik, Bilanzgrenzen <strong>und</strong> Berechnung der<br />

Nennwirkungsgradmethode<br />

Im Folgenden wird die Methode zur Berechnung des Nennwirkungsgrades<br />

von <strong>Bioenergie</strong>pfaden nach VDI 4661 vorgestellt.<br />

Diese Methode ist aus Sicht des WBGU besonders<br />

geeignet, um sektorenübergreifend die Verwendung von<br />

Biomasse in Verkehr, Wärme <strong>und</strong> Strom zu vergleichen.<br />

Der Wirkungsgrad eines Systems ist definiert als Quotient<br />

aus der nutzbaren abgegebenen Leistung (Nutzen)<br />

<strong>und</strong> der zugeführten Leistung (Aufwand; VDI, 2000, 2003).<br />

Die Definition von Nutzen <strong>und</strong> Aufwand ist jeweils abhängig<br />

von der Anwendung <strong>und</strong> Versorgungsaufgabe (Stiens,<br />

2000). Die Zielenergie ist die gewünschte Energieform<br />

eines Konversionsprozesses. Als Zielenergien definiert<br />

der WBGU mechanische <strong>und</strong> elektrische Energie sowie<br />

thermische Energie in Form von Nutzwärme. Der Nutzen<br />

einer Energiebereitstellung aus Biomasse wird demnach<br />

als Strom, Wärme <strong>und</strong> Antrieb eines Fahrzeugs gesehen.<br />

Der Kernprozess in allen Konversionsverfahren von <strong>Bioenergie</strong><br />

ist die Verbrennung des <strong>Bioenergie</strong>trägers. Alle<br />

Prozesse werden daher einschließlich dieses Kernprozesses<br />

bilanziert <strong>und</strong> auf Basis der Zielenergie miteinander<br />

verglichen.<br />

In manchen Konversionsprozessen wird nicht nur eine<br />

Zielenergie bereitgestellt, sondern zusätzlich weitere Energieformen.<br />

In der Kraft-Wärme-Kopplung wird die Erzeugung<br />

von Kraft bzw. Strom mit der Erzeugung von Wärme<br />

gekoppelt. In der Polygeneration, der Kraft-Wärme-Kraftstoff-Kopplung<br />

oder Kraft-Kälte-Kraftstoff-Kopplung wird<br />

der Rohstoff Biomasse in drei Zielenergien gewandelt:<br />

Strom bzw. Kraft, Kraftstoff <strong>und</strong> Wärme bzw. Kälte. Alle<br />

drei Zielenergien werden als Nutzen im Wirkungsgrad eingerechnet<br />

(Gleichung 7.2-1).<br />

Neben diesen Energieformen gibt es Nebenprodukte<br />

(P Nebenprod. in Gleichung 7.2-1), die nicht in Form der Zielenergie<br />

vorliegen, aber einen energetischen Wert haben.<br />

Diese Nebenprodukte können andere herzustellende Produkte<br />

substituieren bzw. den energetischen Aufwand reduzieren.<br />

Sie werden daher energetisch vom Aufwand bzw.<br />

der eingesetzten Biomasse abgezogen. Hierzu zählen Glycerin,<br />

Naphtha (Rohbenzin), Presskuchen, Dried Distillers<br />

Grain with Solubles (DDGS) aus der Ethanolproduktion<br />

<strong>und</strong> Extraktionsschrot aus der Rapssaatpressung. Teilweise<br />

müssen die Nebenprodukte noch aufbereitet werden (z. B.<br />

durch Trocknung), bevor sie energetisch genutzt werden<br />

können. Deshalb werden nicht alle Reststoffe energetisch<br />

zu 100 % gewertet. Einige Nebenprodukte werden fast<br />

ausschließlich stofflich genutzt (vorwiegend als Futtermittel<br />

oder Dünger) wie beispielsweise Gärreste, Extraktionsschrot,<br />

DDGS <strong>und</strong> werden daher in der verwendeten<br />

Methode nur mit 50 % als Reduktion des Aufwandes zur<br />

<strong>Bioenergie</strong>bereitstellung angerechnet. Bei anderen Nebenprodukten<br />

wie Glycerin oder Naphtha handelt es sich um<br />

η ex = P ab (Nutzen) =<br />

flüssige Energieträger, die zwar auch vorwiegend stofflich<br />

genutzt werden, jedoch direkt zu 100 % ohne Aufbereitung<br />

thermisch genutzt werden können <strong>und</strong> daher zu 100 %<br />

angerechnet werden. Glycerin kann sehr gut als Kosubstrat<br />

in Biogasanlagen mit hohen Methanausbeuten vergoren<br />

werden. Eine Ausnahme bildet die bei der Ethanolherstellung<br />

aus Zuckerrohr anfallende Bagasse. Diese wird<br />

für gewöhnlich zur Stromerzeugung verbrannt, muss aber<br />

zuvor getrocknet werden. Bagasse wird daher als Reduktion<br />

des Aufwands mit 80 % angerechnet.<br />

Hilfsenergie wird über die gesamte Nutzungskette vom<br />

Anbau bis zur Zielenergie fast immer zum Aufwand hinzugerechnet.<br />

Beispiele sind der Maschineneinsatz zur Feldbestellung,<br />

der Energieaufwand zum Transport der Biomasse<br />

<strong>und</strong> die in den Konversionsprozessen notwendige Energie<br />

in Form von Strom <strong>und</strong> Wärme. Thermische <strong>und</strong> elektrische<br />

Hilfsenergie kann in einem Energiewandlungsverfahren<br />

auch vom Nutzen abgezogen werden, allerdings nur,<br />

wenn es sich um die gleiche Energieform handelt (VDI,<br />

2000). Demnach wird der Strombedarf der Konversionsanlage<br />

vom produzierten Strom, d. h. dem Nutzen abgezogen<br />

(Nettostromproduktion). In der Praxis wird dies in<br />

Deutschland aus wirtschaftlichen Gründen jedoch nicht<br />

immer so gehandhabt, da regenerativer Strom aufgr<strong>und</strong><br />

des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes zu einem höheren<br />

Preis verkauft werden kann als konventioneller Strom<br />

bezogen wird. Die thermische Hilfsenergie kann nur dann<br />

von der produzierten Wärme abgezogen werden, wenn sie<br />

in den Energiewandlungsprozess integriert wird. In vielen<br />

Fällen ist das Temperaturniveau der Ausgangswärme<br />

deutlich niedriger als das der benötigten Prozesswärme. In<br />

der thermischen Kraftwerkstechnik ist es daher üblich, die<br />

thermische Hilfsenergie zum Aufwand zu rechnen (Bolhár-<br />

Nordenkampf, 2004; Strauß, 2006). In der hier verwendeten<br />

Methode werden alle Formen der Hilfsenergie zum Aufwand<br />

gezählt mit Ausnahme der elektrischen Hilfsenergie,<br />

wenn in der Anlage selbst Strom erzeugt wird. Diese wird,<br />

wenn sie die Stromproduktion der Anlage nicht übersteigt,<br />

vom Nutzen ‚Strom’ abgezogen. Wenn sie diese übersteigt,<br />

zählt sie zum Aufwand.<br />

Definition der Bilanzgrenzen <strong>und</strong> der<br />

Berechnung des Wirkungsgrades<br />

Die Bilanzgrenzen (Abb. 7.2-2) der ausgewählten <strong>Bioenergie</strong>konversionspfade<br />

umfassen den Rohstoffanbau bzw.<br />

die Bereitstellung der Reststoffe, den Rohstofftransport,<br />

die Wandlung in verschiedenen Konversionsschritten zum<br />

Produkt „Kraftstoff“ (Biodiesel, Bioethanol, Biostrom),<br />

den Produkttransport <strong>und</strong> die Produktwandlung zur Zielbzw.<br />

Nutzenergie Wärme, Strom <strong>und</strong> Kraft (mechanische<br />

Energie am Rad des Fahrzeuges). Koppelprodukte <strong>und</strong><br />

Hilfsenergien werden wie oben beschrieben integriert.<br />

Zur Bewertung der <strong>Bioenergie</strong>pfade wird der Wirkungsgrad,<br />

wie in Gleichung 7.2-1 beschrieben, nach VDI<br />

4661 (VDI, 2003) berechnet:<br />

Für das vorliegende Gutachten <strong>und</strong> in Müller-Langer<br />

et al., 2008 wurde als Energieaufwand für den Transport<br />

P Strom_netto + P Kraft + P Wärme . η Carnot<br />

P zu (Aufwand) P Biomasse + P HE_Anbau + Σ P HE_Trans. + P HE_therm. + P HE_elektr. – P Nebenprod.<br />

Gleichung 7.2-1<br />

Berechnung des exergetischen Wirkungsgrades η ex . Beim exergetischen Wirkungsgrad wird die Wärme über den Carnot-<br />

Wirkungsgrad η Carnot bewertet. Die Berechnung des energetischenWirkungsgrads η en erfolgt analog, wobei der Faktor<br />

η Carnot entfällt. HE = Hilfsenergie.

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