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Klostertal - fuhren, begleitet von einem Priester, mit der Bahn<br />

über Lindau nach Friedrichshafen, ab 1920 nach Hergatz, wo sie<br />

auf dem Kindermarkt "verkauft" wurden und zu "ihrem" Bauern<br />

.kamen. Von Ende April bis Ende Oktober arbeiteten sie vorwiegend<br />

als Hütekinder . Sie mußten aber auch andere Arbeiten <strong>verr</strong>ichten,<br />

wie Melken, Ausmisten und dergleichen. Der Arbeitstag dauerte<br />

meist von fünf bis einundzwanzig Uhr. Den Lohn - es wird von<br />

25 Mark berichtet kassierte der Vater, die Kinder wurden<br />

zusätzlich mit Hose, Jacke, Schuhen neu eingekleidet.<br />

Die Schwabenkinderwanderung hätte eigentlich spätestens ab 1918<br />

nicht mehr stattfinden dürfen, da die Kinder ja schulpflichtig<br />

waren. Der Vorarlberger Landesschulrat gestattete jedoch Kindern<br />

ab dem 6. Schuljahr in der sogenannten "Sommerschulbefreiung" ,<br />

der Schule von Ende April bis Ende Oktober oder Anfang November<br />

fernzubleiben. Der Landesschulrat handelte - wie Uhlig zutreffend<br />

feststellt - "im vollen Bewußtsein der Illegalität". 1922 wandte<br />

sich der Landesschulrat sogar an das Bundesministerium in Wien<br />

und forderte die Anpassung der gesetzlichen Bestimmungen an die<br />

"hier herrschenden wirtschaftlichen Verhältnisse" (47). Das<br />

"Volksblatt" machte am 3. März 1922 klar, was die konservativen<br />

Kreise von Kinderarbeit dachten. Es schrieb, durch die Schwabenkinderwanderung<br />

werde zwar der Schulbesuch eingeschränkt, "aber<br />

ist das Gewöhnen an angestrengte Arbeit und das Erlernen<br />

landwirtschaftlicher Arbeiten nicht auch wenigstens ein teilweiser<br />

Ersatz, der für das Leben mancher Kinder wertvoller ist, als der<br />

Schu I un terr icht ?"<br />

Obwohl die österreichische Bundesregierung die Sonderschulbefreiung<br />

nicht genehmigte, gingen die offiziellen Schwabenkinderzüge<br />

bis 1926 weiter - von der Vorarlberger Landesregierung und<br />

dem Landesschulrat gedeckt. Am offiziellen, von "Schwabenkindervater"<br />

Kurat Walch geleiteten Zug nahmen 1918 500 Kinder teil,<br />

1921 noch 250. Dazu kamen recht viele Kinder, die - übrigens<br />

auch noch nach 1926 - "wild" verdungen wurden (48).<br />

Nicht selten wurden Kinder schlecht behandelt oder betrogen. So<br />

berichtete das "Volksblatt" am 4. November 1922, die Kinder hätten<br />

größtenteils das zugesagte Entgelt nicht erhalten beziehungsweise<br />

nur 300 bis 3.000 Mark für den ganzen Sommer bekommen.<br />

Die einfache Fahrt Bregenz - Bezau kostete damals aber schon<br />

600 Mark und Bregenz - Bludenz 830 Mark. Viele Kinder verdienten<br />

während eines langen, arbeitsreichen Sommers nicht einmal<br />

die Bahnfahrt. Einziger Lohn blieb die neue Kleidung. Das<br />

"Volksblatt" versuchte die Eltern zu trösten, die 12 bis 15 Jahre<br />

alten Kinder seien doch artiger und geordneter zurückgekommen,<br />

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