Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
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Politik vor allem der deutschen Kommunisten Hitlers Machtergreifung<br />
be- oder sogar verhindern hätte können.<br />
Am 1. Mai 1933 jedenfalls sammelten sich gegen Mittag zahlreiche<br />
Sozialdemokraten beim Gasthaus Stern im Vorkloster , von wo sie in<br />
Fünfer-Gruppen von der Gendarmerie Richtung Innenstadt abgelassen<br />
wurden. Die Gruppen spazierten zuerst zum Arbeiterheim<br />
im Gasthof Münchnerhof , wo auch Nationalrat Hermann Hermann<br />
aus Hard, Bundesrat Anton Linder aus Dornbirn sowie der Bregenzer<br />
Landesrat Fritz Preiß sich aufhielten. In der Stadt entwickelte<br />
sich dann am Nachmittag - wie auch in den anderen Städten -<br />
ein Massenspaziergang . Die Sozialdemokraten durften nicht auf der<br />
Straße marschieren, aber niemand konnte ihnen verbieten, auf , den<br />
Gehsteigen zu spazieren. Gegen halb drei Uhr kehrte dann auch<br />
eine große Gruppe Radfahrer aus Dornbirn nach Bregenz zurück.<br />
Im Vorkloster hielt sie die Gendarmerie auf und ordnete an, sie<br />
müßten ihre rote Fahne zusammenrollen und dürften nur in<br />
kleinen Gruppen in die Stadt fahren. Neben diesen Protestaktionen<br />
fanden an diesem 1. Mai in vielen Orten die kulturellen Feiern<br />
als geschlossene Veranstaltungen, als sogenannte "Paragraph 2<br />
Versammlungen", statt - die letzten Maifeiern bis 1946! (97)<br />
Den Christlichsozialen und der katholischen Kirche kam das Ende<br />
dieser sozialdemokratischen Feiern sicher gelegen, hatten sie doch<br />
schon lange versucht, ihnen das Wasser abzugraben. Dazu<br />
schöpften sie nicht nur via Landesregierung und Bezirkshauptmannschaften<br />
alle gesetzlichen Möglichkeiten aus. Sie stellten<br />
Ende der zwanziger Jahre den "heidnischen" Feiern ein<br />
eigenes katholisches Fest entgegen, damit katholische Arbeiter<br />
nicht abseits stehen mußten, wenn Sozialdemokraten feierten.<br />
Was lag da näher, als den ersten Tag des Marienmonats Mai mit<br />
einer Marienwallfahrt zur Rankweiler Liebfrauenkirche zu beginnen.<br />
Die erste "Landeswallfahrt" fand 1929 statt. Der Rankweiler<br />
Pfarrer hatte dazu extra das Kapellenweihfest vom 25. März auf<br />
den 1. Mai verlegen müssen. Der Aufbau des Festes glich dem<br />
sozialdemokratischen 1. Mai, die Prozession entsprach dem Aufmarsch,<br />
beidemale mit Fahnen und Musikkapellen, der Gottesdienst<br />
dem kulturellen Teil und die Predigt der Festansprache . Und auch<br />
nach der Wallfahrt wurde in Gasthäusern gefeiert. Doch eines<br />
unterschied die Wallfahrt vom Aufmarsch: die Beteiligung, vor<br />
allem der Frauen. Während die Zahlen bei den Sozialdemokraten<br />
immer bescheidener geworden waren und Frauen sich kaum<br />
mitzugehen trauten, war das bei der "Landeswallfahrt" anders:<br />
Dort exponierte man sich nicht, dort wußte man sich sowohl im<br />
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