Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
chie auch in Vorarlberg mit den Christlichsozialen eine Zweckkoalition<br />
zur Abwehr der Sozialdemokratie eingingen und deshalb<br />
ihre antiklerikale Politik zurücktrat, bot die Sozialdemokratie den<br />
Christlichsozialen die denkbar größte Angriffsfläche: Sie war<br />
zugleich antikapitalistisch und antiklerikal.<br />
In derselben Sitzung vom 3. November 1918 wurde folgender Antrag<br />
eingebracht, den die CVP durch Zuweisung an einen Unterausschuß<br />
vom Tisch brachte, gleichzeitig im "Volksblatt" aber zum<br />
Anlaß für heftige Angriffe auf die Sozialdemokratie nahm (58):<br />
"1. Sämtliche Lehrpersonen haben im Unterricht jegliche parteipoli<br />
tische Agitation strengstens zu vermeiden.<br />
2. Die Kirchenbehörden sind zu ersuchen, in Predigten und in<br />
anderen kirchlichen Verrichtungen jegliche Agitation für eine<br />
bestehende Staatsform oder politische Partei zu unterlassen."<br />
Auch in der programmatischen Erklärung zur "Stellung der<br />
Sozialdemokratie zu Religion und Kirche" in der "Wacht" vom<br />
22. Mai 1926 hieß es, die Sozialdemokratie bekämpfe nicht die<br />
Religion, "aber sie kämpft dagegen, daß kirchliche und konfessionelle<br />
Herrschaftsorganisationen die religiösen Gefühle breiter<br />
Volksrnassen dazu mißbrauchen, die Macht der herrschenden Klassen<br />
zu schützen."<br />
Es ging auch hier nicht um die katholische Kirche, sondern um<br />
den politischen Katholizismus, der das Amt de1? Seelenhirten mit<br />
weltlicher Herrschaft verbinden wollte. Folgerichtig wurden gerade<br />
in Vorarlberg die Aktivitäten des "Bundes religiöser Sozialisten"<br />
von der SDAP besonders begrüßt, da man hoffte, Katholiken so<br />
einen Weg zur Sozialdemokratie zu öffnen.<br />
In seiner Weihnachtsbetrachtung in der "Vorarlberger Wacht" vom<br />
24. Dezember 1928 betonte Fritz Preiß den großen Freiraum, den<br />
die SDAP Katholiken biete, während Freidenker von der Kirche<br />
und den Christlich sozialen verfolgt würden:<br />
"Es darf aber in unserer Partei nie dazu kommen, daß etwa<br />
Vergeltung geübt würde, indem man Gläubige verhöhnt oder<br />
verfolgt. Die Erstarkung der Bewegung der' religiösen Sozialisten<br />
in Österreich, die wir alle nur begrüßen können, bietet<br />
auch praktisch Gewähr für eine gleiche Behandlung aller. Alle<br />
miteinander wollen wir kämpfen für die Erlösung des<br />
Menschengeschlechtes aus Not und Elend, aus Unterdrückung<br />
und Ausbeutung."<br />
In der "Wacht" vom 30. <strong>August</strong> 1927 findet sich auf Seite eins<br />
folgende Schlagzeile: "Ein überzeugter Christ muß auch ein<br />
überzeugter Sozialdemokrat sein." Zu Ostern 1928, am 7. April,<br />
stammt der Leitartikel der "Wacht" aus der Feder von Pfarrer<br />
179