Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
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lichen Forderungen der Großdeutschen Volkspartei, besonders den<br />
Anschlußwillen und den Antisemitismus, gleichfalls vertritt" (21).<br />
Obwohl die Nationalsozialisten schon seit 1922 im Lande mit<br />
eigenen Ortsgruppen präsent waren und obwohl sie auch schon<br />
seit den Gemeinderatswahlen vom 10. Februar 1924 in der Bregenzer<br />
und Bludenzer Stadtvertretung jeweils einen Sitz innehatten,<br />
soll diese Partei hier nicht behandelt werden; sie wird den<br />
letzten Abschnitt dieses Buches bestimmen (22).<br />
Der linke Laizismus: SDAP und KP<br />
Der linke Laizismus war vor allem in der Sozialdemokratie<br />
organisiert; die Kommunisten erlangten nie größere Bedeutung. Die<br />
österreichische Sozialdemokratie entstand als Koalition von aufklärerischen<br />
Intellektuellen, die sich zu Sozialisten entwickelt<br />
hatten, und politiSierten Handwerkern und Arbeitern. Aus dieser<br />
Koalition resultiert wohl jene Doppeldeutigkeit, welche die große<br />
österreichische sozialistische Bewegung kennzeichnete: Einerseits<br />
war ein kühnes intellektuelles Programm vorgegeben, dessen Verwirklichung<br />
zum Paradies auf Erden führen sollte; andererseits<br />
war angesichts der täglichen Mühen und frappanten sozialen Ungerechtigkeiten<br />
eine ganz pragmatische Politik gefordert. Diese<br />
pragmatische Politik fand ihren Ausdruck in . den Freien Gewerkschaften,<br />
den Genossenschaften, aber auch in politischen Institutionen<br />
wie Arbeiterkammer und Landtag, wo in Verhandlungen<br />
sowohl um soziale Besserstellung als auch um vermehrte Beteiligung<br />
der Arbeiterschaft am gesellschaftlichen und politischen<br />
Leben gerungen wurde. Der österreichische Sozialismus war aber<br />
eben auch eine Weltanschauung, sogar eine Art von Ersatzreligion<br />
mit der Heilserwartung des Reichs der Freiheit, der klassenlosen<br />
Gesellschaft. Diese Dimension kam in der Kulturbewegung zum<br />
Ausdruck, wo die vielen Organisationen nicht nur eine erfüllte<br />
Freizeit zur Kompensation sinnentleerter Fabriksarbeit, sondern<br />
darüber hinaus schon ein Stück Gegenwelt zur bürgerlichen<br />
Gesellschaft bieten sollten. Sie hatten den Anspruch vertreten;<br />
eine neue Zeit einzuleiten: Aus "der alten Welt der Unsolidarität<br />
und Unterdrückung" in die "neue Welt der Solidarität und<br />
Freihei t". Für Max Adler, den unabhängigen Philosophen und<br />
Vordenker der österreichischen Arbeiterbewegung, brauchte es für<br />
diesen Schritt einen "neuen Menschen". Voraussetzung für eine<br />
zukünftige gesellschaftliche Umgestaltung sei "eine schon heute<br />
nötige Umwälzung seiner eigenen Geistesart" (23). In den Vereinen<br />
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