Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
wurde und die daher das eine oder andere Kleidungsstück<br />
ablegten. Sie mußten riskieren, von eifrigen Bergwächtern verprügelt<br />
zu werden - im "Volksblatt" vom 19. <strong>August</strong> 1921 wurden<br />
Bergwächter gelobt, die der "in allen Abstufungen auftretenden<br />
Nacktkultur" mit Brachialgewalt entgegentraten.<br />
Der Kirche war die Kleidung der Frauen ein besonders Anliegen.<br />
Bischof Waitz regte im "Volksblatt" vom 6. Oktober 1925 an, "daß<br />
Frauen, welche nicht entsprechend der christlichen Zucht und<br />
Sitte gekleidet sind, zu kirchlichen Funktionen nicht zugelassen<br />
werden sollen, nicht zur heiligen Kommunion, nicht zur kirch:.r<br />
lichen Trauung, nicht als Firmpatinnen."<br />
Der zunehmende Fremdenverkehr änderte hier mit der Zeit einiges.<br />
Es war beispielsweise Sommergästen nicht zuzumuten, ihren<br />
Badeurlaub nach Geschlechtern getrennt . zu verbringen; auch<br />
Hosen ließen sich bei bergsteigenden oder schifahrenden Frauen<br />
nicht ganz vermeiden. Im 1935 eröffneten Bregenzer Strandbad<br />
durften jedenfalls Frauen und Männer gemeinsam baden. Doch<br />
noch heute ist man hier etwas prüder als im übrigen Europa -<br />
man denke nur an die Auseinandersetzung um den Bikini und den<br />
Twist in den sechziger Jahren sowie um das noch gültige<br />
"Oben-mi t "-Gebot für Fra uen .<br />
Besonders heftig reagierte der Katholizismus auf Ansätze zur<br />
Geburtenregelung. Als der "Bund gegen den Mutterschaftszwang"<br />
im <strong>August</strong> 1921 in Bregenz eine Vortrag ankündigen wollte, wurde<br />
der im Amtsblatt nicht verlautbart, denn für Bürgermeister Kinz -<br />
einem großdeutschen Nachfahren der Liberalen des 19. Jahrhunderts<br />
- handelte es sich um einen "jüdischen Anschlag auf das<br />
keimende Leben". Am Tag des Vortrags demonstrierten aufgebrachte<br />
Katholiken, und als auch noch eine Broschüre über Empfängnisverhütung<br />
verteilt wurde, war für das "Volksblatt" das Maß<br />
endgültig voll:<br />
"Eines ist dabei gut: Daß diese Versammlung von der sozialdemokratischen<br />
Partei veranstaltet worden war. Der Vorsitzende<br />
der Versammlung, der bekannte 'Kinderfreund' Mayer, die<br />
größere Zahl der Zuhörer und der Redner, sie waren einander<br />
würdig. Die Versammlung enthüllte mit grauenhafter Deutlichkeit<br />
die letzten Ziele der verjudeten Sozialdemokratie. Kein anständiger<br />
Mensch wird in Hinkunft in der Sozialdemokratie mehr<br />
Platz haben. Kein Sozialdemokra t wird mehr von Sittlichkeit,<br />
Moral und Kultur reden können, wenn er diese Sache mitmacht"<br />
(63).<br />
Doch nicht nur um Empfängnisverhütung, auch um Feuerbestattung<br />
und Zivilehen mußte gekämpft werden. Dem sozialdemokratischen<br />
184