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Dr. Hans Hartmann ; er schrieb unter anderem: "Wir können nicht<br />
mehr glauben, daß man die Seelen allein wandeln kann, ohne die<br />
Leiber, ohne das Materielle, ohne die Erde zu wandeln. Das aber<br />
ist der ursprüngliche Osterglaube ."<br />
Inwieweit diese Öffnung zum Christentum zu den Wahlerfolgen der<br />
SDAP in jenen Jahren beigetragen hat, kann hier nicht beurteilt<br />
werden. Es bleibt aber festzuhalten , daß das Experiment des<br />
"religiösen Sozialismus" mit der Enzyklika "Quadragesimo anno"<br />
Papst Pius' XI. 1931 scheiterte, da der Papst erneut den<br />
Sozialismus mit scharfen Worten verurteilte (59). Am 16. April<br />
1932 beschäftigte sich die "Wacht" noch einmal mit den religiösen<br />
Sozialisten, indem eine Rede Otto Bauers, des Programmatikers der<br />
Partei, abgedruckt wurde. Bauer sagte vor der Bundeskonferenz<br />
der religiösen Sozialisten, angesichts der Enzyklika müsse jedwede<br />
Bemühung eingestellt werden, der katholischen Kirche "das<br />
historische Recht und die soziale Wahrheit des praktischen<br />
Sozialismus begreiflich zu machen. Kämpft nimmer um die kirchliche<br />
Anerkennung religiösen Wirkens. ... Die Kirche, die in Rom<br />
einen Mussolini mit den zeremoniösesten Ehren im Vatikan<br />
empfängt und in Österreich durch ihren politischen Exponenten<br />
Prälat Seipel den Heimwehrfaschismus großgezüchtet hat und einen<br />
Christen wie Prof. Ude zum Schweigen brachte, stand immer auf<br />
der Seite des Stärkeren."<br />
Im Kulturkampf der Ersten Republik ging es um die Erziehung der<br />
Kinder, um Schule und Freizeit; das Verhältnis zum eigenen<br />
Körper, um Sport und Feuerbestattung, um Empfängnisverhütung<br />
und Abtreibung; es wurde um die Zivilehe gerungen, aber auch<br />
um die Vermittlung weltlichen Bildungsgutes und weltlicher Kultur.<br />
Der Herrschaftsanspruch der katholischen Kirche war total.<br />
Sie wollte den Menschen in der Schule, in der Freizeit, im Bett<br />
unter Kontrolle haben; sie wollte die Zahl der Kinder bestimmen,<br />
indem sie Empfängnisverhütung ablehnte; selbst nach dem Ableben<br />
blieb ihr Anspruch kompromißlos - kein kirchliches Begräbnis bei<br />
Feuerbestat tung.<br />
Ein besonders wichtiger Ansatzpunkt zur Bewahrung der katholischen<br />
Vorherrschaft war die Kindererziehung . Als auf Initiative<br />
von Otto Glöckel, dem sozialdemokratischen Unterstaatssekretär für<br />
Erziehung und Unterricht, am 10. April 1919 die Verpflichtung der<br />
Lehrer zur Beaufsichtigung von Schülern bei religiösen Übungen<br />
aufgehoben wurde und zudem die Religionslehrer angewiesen<br />
wurden, die Beteiligung von Schülern an solchen Üb ungen nicht<br />
zum Bestandteil der Religionsnote zu machen, gefährdete das die<br />
traditionell enge Verbindung von Kirche und Schule. Der Erlaß<br />
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