Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
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"Staatsregierung kann von Grenzsperre nicht Umgang nehmen.<br />
Alle Parteien sind eingeladen, an ihrer Aufrechterhaltung mitzuwirken<br />
und Massenübertritt abzuhalten, Weg der Vereinbarung<br />
ist Gewaltanwendung vorzuziehen."<br />
Der 1. Mai 1919 verlief dann aber ohne größere <strong>Zwischen</strong>fälle.<br />
Nur am Grenzübergang Unterhochsteg kam es zu einer kritischen<br />
Situation, als sich auf der deutschen Seite 100 bis 130 Lindauer<br />
Sozialisten und auf der österreich ischen Seite 30 bis 40 Sozialisten<br />
aus Bregenz versammelten, die von 30 Mann Gendarmerie am<br />
Grenzübertri tt gehindert wurden. Die Österreicher entboten den<br />
Lindauern Grüße und bedauerten, nicht zu einem Verbrüderungsfest<br />
nach Lindau kommen zu können. Sie baten die Lindauer,<br />
sich mit einem Besuch in Bregenz zu gedulden, bis die<br />
Grenzsperre aufgehoben sei, da die Volkswehr auf der Straße nach<br />
Bregenz Maschinengewehre in Stellung gebracht habe. Darauf<br />
mußten sie sich von den Lindauern "Feiglinge" schimpfen lassen.<br />
Die Lindauer hielten dann noch großspurig Reden, und auch die<br />
Österreicher richteten Ansprachen an ihre deutschen Genossen, bevor<br />
man sich mit einem beiderseitigen "Hoch auf die internationale<br />
Revolution" verabschiedete (66).<br />
Die Landesregierung reagierte auf die wirkliche oder vermeintliche<br />
Gefährdung der gesellschaftlichen Ordnung von außen mit absoluter<br />
Grenzsperre: Die Revolution sollte draußen vor der Tür<br />
bleiben. Dabei wurde nicht nur der Reiseverkehr mit der Schweiz<br />
und mit Deutschland bewilligungspflichtig gemacht, sondern auch<br />
die Einreise aus den anderen österreichischen Bundesländern: Am<br />
Arlberg wurde eine Grenzkontrolle eingerichtet - die Einreise war<br />
an eine Genehmigung der Landesregierung gebunden, die selbst<br />
zur Durchreise nur dann erteilt wurde, wenn der Antragsteller ein<br />
Visum für Deutschland oder die Schweiz vorweisen konnte. Diese<br />
Beschränkungen waren von Herbst 1918 bis Sommer 1921 in Kraft.<br />
Neben einer Abschottung gegen politische Strömungen wurde durch<br />
Verhinderung von Zuwanderung auch eine soziale Abschottung<br />
betrieben, die vor allem mit der Nahrungsmittelknappheit begründet<br />
wurde. Die Behörden verhinderten sogar Familienzusammenführungen,<br />
wenn zum Beispiel nicht gewährleistet war, daß der in<br />
Bregenz wohnende Mann seine in Südtirol wohnende Freundin und<br />
ihr gemeinsames Kind ernähren konnte, da er nur Taglöhner war.<br />
Die Einreise der Frau wurde nicht genehmigt, obwohl Anfragen in<br />
Südtirol ergeben hatten, daß sie politisch zuverlässig war (67).<br />
Die Furcht vor dem Bolschewismus veranlaßte die Landesregierung<br />
auch, an grenzüberschreitender Kommunisten-Überwachung mitzuarbeiten<br />
. Württemberg, Bayern, Oberösterreich , Salzburg , Tirol,<br />
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