Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
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Nicht viel besser ging es Kurzarbeitern und Kranken. Im Dezember<br />
1932 wurden allein in 28 Textilbetrieben 5.082 Kurzarbeiter<br />
gezählt. 1933 standen 80 Prozent der insgesamt noch 6.320 Textilarbeiter<br />
in Kurzarbeit. Nur in sechs der 28 größten Vorarlberger<br />
Textilbetriebe wurde mit Stichtag 31. Dezember 1932 48 Stunden in<br />
der Woche gearbeitet. Drei Betriebe hatten zusperren müssen, die<br />
anderen hatten Kurzarbeit eingeführt. Man arbeitete zwischen 24<br />
und 40 Wochenstunden; dieses Beschäftigungsausmaß wurde das<br />
ganze Jahr 1933 beibehalten. Die Löhne wurden entsprechend<br />
gekürzt. Als Ausgleich wurde eine Kurzarbeiterunterstützung ausbezahlt,<br />
die verhinderte, daß die Löhne unter das Niveau der<br />
Arbei tslosen unterstützung sanken. Von Ende März 1932 bis Anfang<br />
1933 wurde die Kurzarbeiterunterstützung gänzlich eingestellt,<br />
nachdem sie schon ab 30. Juni 1931 nur noch bei mehr als acht<br />
Stunden Arbeitsentfall pro Woche bezahlt worden war. Es war kein<br />
Geld mehr dafür vorhanden (32). Doch diese geringfügige<br />
Unterstützung war für die Menschen damals nichts Ungewohntes -<br />
das Arbeitslosengeld lag ungefähr auf der Höhe des Krankengeldes<br />
oder der Altersfürsorgerente (33). Diese Beträge waren zum Leben<br />
zu wenig und zum Sterben zu viel.<br />
Die Wirtschaftspolitik der Vorarlberger Landesregierung - Finanzreferent<br />
war <strong>Johann</strong> Josef Mittelberger - war auf strikte Sparsamkeit<br />
ausgerichtet. Obwohl alle Landeshaushalte zwischen 1925 und<br />
1933 mit Überschüssen abschlossen - 1930 und 1931 sogar mit über<br />
einer Million Schilling intervenierte das Land Vorarlberg<br />
praktisch nicht. Nach oftmaligen Vorstößen der Sozialdemokraten<br />
wurden aus dem Landesbudget schließlich Mittel zur Unterstützung<br />
besonders bedürftiger Arbeitsloser ausgeschüttet allerdings<br />
beschämend niedrige: 1929 8.122 Schilling; 1930 10.000; 1931<br />
20.000; 1932 30.000 (34).<br />
Die Unterstützung von Notleidenden war traditionell Sache der<br />
Heimatgemeinde, die oft nicht mit der Wohngemeinde deckungsgleich<br />
war. In der Heimatgemeinde hatte man das "Heimatrecht".<br />
Auch wenn man schon lange irgendwo anders wohnte, mußte im<br />
Prinzip die Heimatgemeinde der Wohngemeinde alle Auslagen der<br />
Sozialfürsorge rückerstatten. Die Vorarlberger Gemeinden waren<br />
jedoch hoch verschuldet. Während die Landesfinanzen gesund waren,<br />
mußten die Gemeinden bei stark rückläufigen Einnahmen immer<br />
mehr für das Armen- und Fürsorgewesen ausgeben - Bregenz<br />
1932 etwa 13 Prozent der Gesamtausgaben von 1,65 Millionen<br />
Schilling (35).<br />
Da viele Arbeitslose nicht einmal über genügend Geld für Lebensmittel<br />
verfügten, wurden ab 1927 in zahlreichen Naturalverpflege-<br />
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