06.02.2013 Aufrufe

Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...

Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...

Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

mehr gelobt oder getadelt wird, habe ich als wichtigen Grundsatz<br />

immer gepredigt" (8).<br />

Dieses Selbstzeugnis Ulrich Ilgs ist in mehrerer Hinsicht aufschlußreich.<br />

Erstens beschreibt es das Selbstverständnis wohl der<br />

meisten christlichsozialen Politiker der <strong>Zwischen</strong>kriegszeit.<br />

Zweitens wird über die subjektive Komponente christlicher Gewissensverantwortung<br />

hinaus die zentrale Frage der politischen Legitimation<br />

angesprochen: Wer ist der Souverän, das Volk oder Gott?<br />

An dieser Gabelung entscheidet sich eine ganze Reihe weiterer<br />

Fragen: Bürgerliche Demokratie mit den Werten von Pluralismus<br />

und Meinungskonkurrenz oder eine tendenziell autoritäre gottesstaatliche<br />

Ordnung? Die Rolle der Kirche im Staat? Die<br />

Rechtfertigung staatlichen HandeIns gegenüber der Öffentlichkeit?<br />

In ihrer Organisation zeigte die Christlichsoziale Volkspartei ein<br />

bemerkenswert unklares Profil. Weder verfügte sie über einen<br />

ausgebauten Apparat, noch hatte sie klar abgegrenzte organisatorische<br />

Strukturen. In ihrer politischen Arbeit konnten die Christlichsozialen<br />

statt dessen auf ein weit ausgefächertes Netz von<br />

Vereinen und Genossenschaften zurückgreifen, die in den Vorarlberger<br />

Orten maßgebende wirtschaftliche und kulturelle Funktionen<br />

erfüllten. Sie bildeten das Gerüst der traditionellen,<br />

katholischen Vorarlberger Gesellschaft. Dazu gehörten nicht nur<br />

Kirchenchor und Musikverein , sondern vor allem die zahllosen<br />

Produktions- und Verteilungsgenossenschaften - Sennereien, Raiffeisenkassen<br />

, Konsumvereine. 1921 gab es 21 Konsumvereine mit<br />

15.000 Mitgliedern, 1931 16 Vereine mit genau 8.436 Mitgliedern.<br />

Fast alle dieser Konsumvereine waren "schwarz". Der Bludenzer<br />

etwa hieß "bürgerlicher Konsumverein Bludenz, reg. Gen.m.b.H."<br />

Der 1877 gegründete Lustenauer Konsumverein, der 1932 L 284 Mitglieder<br />

hatte, wurde von bürgerlich-bäuerlichen Honoratioren kontrolliert<br />

(9). Die Katholische Jugend war lange Zeit vor allem<br />

religiöser Verein, erst in den letzten Jahren der Republik und im<br />

Austrofaschismus wurde daraus eine Kampforganisation zur Verteidigung<br />

des Katholizismus, "Jungfront" und "Jung-Österreich"<br />

beziehungsweise "Österreichisches Jungvolk". Den Turnsport<br />

dominierten deutsch-nationale Vereine, wohl verständlich aus der<br />

deutsch-nationalen Tradition des Turnsportes. Der "Vorarlberger<br />

Turngau" war dabei dem laizistischen Deutschnationalismus<br />

zuzurechnen, während der "Vorarlberger Rheingau" ebenfalls für<br />

Deutschnationalismus einstand, zusätzlich sich aber noch mit dem<br />

Wörtchen "christlich" kennzeichnete (10).<br />

Zu dieser Vernetzung von unten konnte sich die CVP - gleichsam<br />

von oben des Behördenapparates bedienen. Die CVP war also<br />

157

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!