Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
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Der Besitzer der Bregenzer Uhrenfabrik Iselin & eie. mit Namen<br />
Iselin holte die Gendarmerie, als 1920 streikende Arbeiter um<br />
seinen Betrieb standen, denn er fühlte sich bedroht. Iselin<br />
passierte nichts, und es ist anzunehmen, daß ihm auch ohne die<br />
zehn Gendarmen nichts passiert wäre, denn für Ruhe und Ordnung<br />
sorgten schon die Gewerkschaftsfunktionäre (105).<br />
Im "Volksblatt" vom 1. Oktober 1922 findet sich die Mitteilung:<br />
"Wer Arbeit sucht, soll sich sofort in Bludenz am Bauplatze melden<br />
und sich von den roten Streikposten durch nichts von der<br />
Arbeitsaufnahme abhalten lassen." Die Streikbrecher wurden von<br />
einer Gendarmerieeinheit geschützt, die erst abzog, als der Streik<br />
offiziell abgebrochen und die Arbeit wieder aufgenommen wurde.<br />
Trotz dieser Eingriffe bewahrten vor allem die jungen Arbeiter<br />
einen bemerkenswerten Willen zu Auseinandersetzungen. Es waren<br />
88 Burschen und 13 Mädchen, die 1923 dem Direktor Stüssi von<br />
der Kammgarnspinnerei Offermann in Hard eine Lohnforderung von<br />
zehn Prozent überreichten, ohne zuvor die Gewerkschaft konsultiert<br />
zu haben. Als Stüssi deswegen die Forderung ablehnte,<br />
traten die Jugendlichen in den Streik. Die gesamte Belegschaft<br />
schloß sich an. Der Ausstand wurde auch nicht abgebrochen, als<br />
der sozialdemokratische Nationalrat Hermann . Hermann und der<br />
Sekretär der Textilarbeitergewerkschaft Samuel Spindler den<br />
Abbruch herbeiführen wollten. Die Arbeit wurde erst nach einer<br />
zehnprozentigen Lohnerhöhung wieder aufgenommen. Bei diesem<br />
Streik intervenierten die zur Stelle geeilten Vertreter der Behörde,<br />
nämlich der Herr Bezirkshauptmann und ein Hofrat der Bezirkshauptmannschaft<br />
, für die Arbeiter. Sie befürchteten nämlich<br />
Unruhen, da sich Direktor Stüssi weigerte, in "seiner" Betriebsküche<br />
für die·streikenden Arbeiter kochen zu lassen und 60 Arbeiter<br />
ohne Kost gewesen wären (106).<br />
Das war nicht der erste wilde Streik in Vorarlberg. Schon im Mai<br />
1921 hatten Arbeiter der Vorarlberger Kraftwerke ohne Zustimmung<br />
der Gewerkschaft den Strom abgeschaltet und höhere Löhne<br />
verlangt. Ihre Forderungen wurden fast augenblicklich erfüllt,<br />
aus "Liebe zum Volk und Sorge um Aufrechterhaltung der Ordnung",<br />
wie das "VQlksblatt" am 11. und 12. Mai vermeldete.<br />
Diese Streiks waren "wild", weil sie nicht dem gewerkschaftlichen<br />
Streik reglement entsprachen. Denn die Gewerkschaftsbewegung<br />
hatte gelernt, daß nicht nur spontane Kampfbereitschaft, sondern<br />
vor allem eine auf den "vier Eckpfeilern der Gewerkschaftsbewegung"<br />
- Überzeugungstreue, Opfermut, Solidarität, Disziplin<br />
- aufbauende Organisation Erfolge zuläßt (107). Trotz der<br />
relativ hohen Gewerkschaftsbeit:räge - die Bauarbeiter etwa hoben<br />
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