Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
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wurden alle Stellen gestrichen, die gewalttätige Arbeiter zeigten -<br />
eine unglaubliche Zensurpraxis (65).<br />
Noch unglaublicher aber ist es, .daß nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
zur Zeit der, Landeshauptmannschaft von Ulrich Ilg weiterzensuriert<br />
wurde" --. 1946 etwa wurde in Götzis eine Aufführung<br />
von Schillers "Kabale und Liebe" verboten (66). Ilg zu dieser<br />
Praxis in seinen Lebenserinnerungen:<br />
"Die Unterstützung kirchlicher Anliegen war jedoch nicht nur<br />
eine finanzielle Angelegenheit. Es gab ebenso Gelegenheit, mit<br />
Gesetzen und durch Verwaltungsakte für Ethik, Sitte und Moral<br />
einzutreten, so im Jugendschutzgesetz , beim Verbot von Filmen,<br />
bei der Regelung der Polizeistunden und dergleichen mehr. Hier<br />
konnte man fühlbar und augenscheinlich erleben, daß es nicht<br />
nur einen Herrgott, sondern auch einen Teufel gibt" (67).<br />
Heftigst angefeindet wurden in der Ersten Republik die sozialdemokratischen<br />
"Freidenker", die es sich zur Aufgabe gemacht hatten,<br />
das Volk aufzuklären und den Geist wachzuhalten, wie es<br />
der Bundesobmann der Freidenker, Hofrat Dr. Karl Frantzl, am<br />
14. Oktober 1927 vor 180 Zuhörern im Saalbau Feldkirch euphemistisch<br />
formulierte. Frantzls Vortrag hatte den Titel "Kultur und<br />
Sittenbilder der deutschen Vergangenheit" und handelte vor allem<br />
von der Kirche und ihren düsteren Aktivitäten wie den Hexenverbrennungen<br />
etc. Andere Vortragstitel waren "Liebe, Ehe und<br />
Religion" (Saalbau Feldkirch, 26. November 1926, von Anton<br />
Znayden, Wien), "Religion, Kirche und Staat" (Dornbirn und<br />
Feldkirch, 16. und 18. Februar 1927, von Ludwig Tösch aus<br />
Kapfenberg) , "Die Erschaffung der Erde und das jüngste Gericht"<br />
(Dornbirn und Feldkirch< vor insgesamt 750 Personen, 4. und 6.<br />
Mai 1927, von Prof. Th. Hartwig), "Die Bestie im Menschen - du<br />
sollst nicht töten" (Feldkirch, 400 Personen, 18. November 1927,<br />
von Anton Znayden, Wien).<br />
Am 30. März 1928 sprach Prof. Th. Hartwig vor 200 Besuchern im<br />
Bregenzer Forstersaal über Kirche, Religion und Sozialismus. Er<br />
vermied in diesem Vortrag jeden Angriff auf den Glauben, kritisierte<br />
jedoch die katholische Kirche, weil sie sich vom christlichen<br />
Glauben entfernt habe und zu einem Machtinstrument geworden<br />
sei. Dem Redner standen Beispiele aus der Geschichte Europas<br />
ebenso zur Verfügung wie Verweise auf die aktuelle Situation in<br />
Nord- und Südamerika . Zum Schluß strich Hartwig wie der<br />
fleißig mitschreibende Kommissar der Bezirkshauptmannschaft Bregenz<br />
festhielt - noch den Unterschied von Kirche und Freidenkern<br />
heraus: "Der Unterschied zwischen Religion und Freidenkerturn<br />
bestehe darin, daß die Kirche meint, sie werde den Menschen<br />
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