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den Arbeitnehmervertretern - insbesondere der Arbeiterkammer -<br />
erreicht, daß die Zuständigkeit des 1923 in Dornbirn errichteten<br />
Gerichts auf die Gerichtsbezirke Feldkirch und Bregenz ausgeweitet<br />
wurde. In den anderen Bezirken, vor allem in Bludenz, waren<br />
weiterhin die Bezirksgerichte zuständig. Dadurch wurde es<br />
Arbeitnehmern erschwert, zu ihrem Recht zu kommen, da sie nicht<br />
über den notwendigen finanziellen Rückhalt verfügten, den<br />
langwierige Rechtsstreitigkeiten erforderten (40).<br />
Der Sozialversicherung kommt für die Existenzsicherung der Arbeiter<br />
größte Bedeutung zu. Ende des 19. Jahrhunderts waren die<br />
Gesetze über die Kranken- und Unfallversicherung der Arbeiter<br />
beschlossen worden, die ärztliche Hilfe und Krankenhauspflege<br />
sowie Krankengeld für längstens 20 Wochen vorsahen. Bis 1926<br />
wurden die bestehenden Gesetze oftmals novelliert und den<br />
veränderten Verhältnissen - vor allem der Inflation - angepaßt.<br />
1920 wurde die Krankenversicherung für Bundesangestellte neu<br />
eingeführt, die zwar kein Krankengeld, aber verbesserte Krankenpflege<br />
und freie Arztwahl vorsah. Am 29. Dezember 1926 kam das<br />
neue Angestelltenversicherungsgesetz zustande, das eine besondere<br />
Kranken-, und Unfall-, Invaliden-, Alters- und Hinterbliebenenversicherung<br />
schuf und so die Privatangestellten den öffentlich<br />
Angestellten rechtlich gleichstellte. Der Mangel eines ähnlichen<br />
Gesetzeswerkes für Arbeiter wurde als besonders hart empfunden.<br />
Es bildete eine der Hauptforderungen der sozialdemokratischen<br />
Opposition (41).<br />
Das Arbeiterversicherungsgesetz verabschiedete das Parlament am<br />
1. April 1927, es sollte aber erst in Kraft treten, wenn die Arbeitslosenzahl<br />
in Österreich unter 100.000 gesunken und die landwirtschaftliche<br />
Erzeugung und der Export gestiegen wären. Das<br />
Gesetz blieb in der Ersten Republik Papier, obwohl das 1930 von<br />
der Sozialdemokratie durchgeführte Volksbegehren zur Inkraftsetzung<br />
der Alters- und Invalidenversicherung großen Erfolg hatte.<br />
In Vorarlberg allein wurden 19.785 Unterschriften geleistet,<br />
trotz heftiger Gegenagitation des Heimatdienstes und der Christlichsozialen<br />
Partei. Der 3. Arbeiter- und Angestelltentag der<br />
Christlichen Gewerkschaften forderte 1928 die Inkraftsetzung der<br />
Arbeiteraltersversicherung spätestens bis 1929: Er schloß sich<br />
damit den Bedürfnissen der Arbeiterschaft und nicht den Wünschen<br />
der Parteileitung an (42). Die Forderung blieb jedoch unerfüllt.<br />
Die Rechtswirklichkeit sah anders aus als die Gesetzeslage . Die<br />
Arbei tgeber waren, wie in einer Informationsschrift der Vorarlberger<br />
Arbeiterkammer aus dem Jahre 1931 festgestellt wird, mit<br />
allen Mitteln bestrebt, sich den gesetzlichen Verpflichtungen zu<br />
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