Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
drei prominente Mitglieder des "Unabhängigen Bauernbundes" ,<br />
wurden wegen "unrechtmäßigen Butterbezuges und Anstiftung zur<br />
Uebertretung der Butterlieferungsvorschriften" zu kurzen Haftstrafen<br />
verurteilt. Die beiden Montafoner traten am 17. November<br />
im Bezirksgericht Schruns ihre Strafe an, Stoß im Bezirksgericht<br />
Bludenz.<br />
In Bauernversammlungen wurde daraufhin die Befreiung der Inhaftierten<br />
gefordert. Am Donnerstag, dem 18. November 1920,<br />
sammelten sich bereits 200 Bauern vor dem Bezirksgericht Schruns,<br />
die lautstark die Freilassung von Mathies und Juen verlangten<br />
(12). Die beiden wurden sodann ins Bezirksgericht BI udenz<br />
verlegt, und in Schruns rückte eine Gendarmerieeinheit aus<br />
Bregenz an: Oberinspektor Hugo Effenberger war mit 34 Gendarmen<br />
zur Verhinderung von Unruhen abkommandiert worden. In Bludenz<br />
selbst befanden sich 18 Gendarmen zur Sicherung des Gerichtsgebäudes.<br />
Als Effenberger in Schruns erfuhr, daß die Bauern für Samstag,<br />
den 20. November, zu einer Versammlung nach Bludenz aufgerufen<br />
hatten, fuhr er schnell in die Stadt. Dort aber untersagte<br />
Landesgerichtsrat Dr. Wieser den Gendarmen, sich im Gerichtsgebäude<br />
aufzuhalten, da er die Verantwortung für eine etwaige<br />
Beschädigung des Gebäudes nicht auf sich nehmen könnte. Die<br />
Gendarmen, die mit Karabiner, Bajonett und 70 Patronen pro Mann<br />
ausgestattet waren, sperrten die Straßen um das Gericht ab.<br />
Am Nachmittag des Samstag drängten sich immer mehr Bauern in<br />
der Bludenzer Innenstadt: Beobachter schätzten 2.000 Personen -<br />
Bauern und Neugierige, die teil weise betrunken waren. Die im<br />
Bludenzer Rathaus versammelten Behördenvertreter - Gerichtsvorsteher<br />
Wieser, Bezirkshauptmann Peter, Oberinspektor Effenberger,<br />
BH-Beamter Franz Terlago sowie der Bludenzer großdeutsche<br />
Bürgermeister Bertel hielten mit der in Bregenz tagenden<br />
Landesregierung telefonischen Kontakt. Wieser wollte die Eingesperrten<br />
nicht im Bezirksgericht behalten, da es sich um<br />
"politische Häftlinge" handle, und Bezirkshauptmann Peter war<br />
überhaupt der Ansicht, das Verfahren gegen die drei sei nicht<br />
ordnungsgemäß durchgeführt worden; beide hielten es für<br />
vernünftiger, die drei Bauern gegen eine Kaution freizulassen,<br />
als Blutvergießen zu riskieren. Um fünf Uhr wurde die Situation<br />
kri tisch - Oberinspektor Effenberger war sich sicher, daß es zum<br />
Waffengebrauch kommen werde. Obwohl die Landesregierung von<br />
der Zuspitzung der Lage informiert war, erklärte Landesstatthalter<br />
Dr. Redler, die Regierung könne "auf keinen Fall von<br />
ihrem Standpunkte abweichen."<br />
72