Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
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Die starke - marktbedingte - Position der Vermieter belegt ein<br />
Mietvertrag aus dem Jahre 1920, über den die "Vorarlberger<br />
Wacht" am 15. Mai unter dem Titel "Lochau (Ein kurioser Mietvertrag)"<br />
berichtete. Die Mietpartei mußte demnach sich verpflichten,<br />
"die Wohnung, Treppe, Lichter, Fenster und Gänge stets rein<br />
zu halten und abzustauben und die übrigen Besuche und<br />
Klatschereien im Hause strengstens zu unterlassen. Auch dürfen<br />
keine Hunde gehalten werden. ... Die Gänge sind jeden Tag zu<br />
kehren, nach Bedarf, Vermieter hat jederzeit das Recht, die<br />
Wohnung zu betreten." Ein Vertrag dieser Art war sicher nicht<br />
die Regel, wie die Veröffentlichung in der "Wacht" beweisen mag,<br />
aber er zeigt, was sich Vermieter leisten konnten.<br />
Die Höhe des Mietzinses war grundsätzlich da von abhängig, ob er<br />
durch den Markt oder durch Mieterschutzbestimmungen geregelt<br />
wurde. 1931 standen jene Wohnungen unter Mieterschutz, die am<br />
31. Juli 1925 vermietet waren und deren Baubewilligung vor dem<br />
27. Jänner 1917 erteilt worden war. Für eine unter Mieterschutz<br />
stehende Vierzimmerwohnung wurden 1929 250 Schilling pro Jahr<br />
bezahlt. Das entsprach ungefähr dem Monatslohn eines Arbeiters.<br />
Der Mietzins in alten Häusern, die nicht unter Mieterschutz<br />
standen, betrug durchschnittlich 1. 250 Schilling pro Jahr für eine<br />
Vierzimmerwohnung, in einem Neubau kostete dieselbe Wohnung<br />
1.725 Schilling (26).<br />
Der Mieterschutz und die dadurch gewährleisteten geringen Mietzinse<br />
ermöglichten erst die niederen Löhne, die allgemein bezahlt<br />
wurden. Durch den Mieterschutz aber gab es zwei Klassen von<br />
Wohnungsmietern : Da die Zuweisung einer billigen Mieterschutzwohnung<br />
nicht an soziale Indikatoren wie das Familieneinkommen<br />
gebunden war und Mieterschutzwohnungen nicht in beliebiger Zahl<br />
zur Verfügung standen, zahlten Familien bei demselben Einkommen<br />
drei- bis viermal mehr als andere. Der Christlichsoziale Barnabas<br />
Fink schrieb dazu:<br />
"Viele Besitzer von Mietshäusern erleiden infolge der gewaltsamen<br />
Niederhaltung der Mietzinse einen empfindlichen Ausfall<br />
ihrer Einnahmen. Noch größere Ungleichheiten und Unbilligkeiten<br />
werden aber für die Mieter geschaffen, und zwar dadurch,<br />
daß von den Angestellten und Arbeitenden der eine sehr wenig<br />
für die Wohnung zahlen muß und der andere sehr viel. Das Bedenklichste<br />
dabei ist, daß solche Fälle am häufigsten bei jenen<br />
vorkommen, die das kleinste Einkommen haben, da diese<br />
gewöhnlich häufiger umziehen müssen und am Wohnort nur selten<br />
eine unter Mieterschutz stehende Wohnung finden."<br />
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