Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
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Gendarmeriebeamten deutlich, der am 1. Mai 1925 die Überreichung<br />
einer Fahne an die Organisation der Bauarbeiter beobachtete:<br />
"Der Sekretär der Bauarbeiterorganisation Österreichs schildert<br />
hierauf die Entwicklung der Bauarbeiter vom 'Baraber ' zum<br />
vollwertigen Mitglied der sozialen Organisationen. Er sprach über<br />
das Symbol, die Fahne, die das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
dokumentieren solle und forderte die Bauarbeiter auf, ihrem Banner<br />
stets treue Gefolgschaft zu leisten. Hierauf erfolgte unter dem<br />
Absingen der 'Internationale' die Enthüllung der Fahne" (93).<br />
Der unbekannte Bauarbeitersekretär dürfte gesagt haben, was alle<br />
fühlten. Vom "Baraber" zum "vollwertigen Mitglied der Organisation"<br />
- das war wichtig. Sie wollten alle vollwertige Menschen<br />
sein, auf die kein anderer herabzublicken brauchte, die sich<br />
ihrer Art und ihres Berufs nicht schämen, nicht "fremde Bettler"<br />
oder "Fabrikler" sein wollten, sondern als Arbeiter akzeptierte<br />
Mitglieder der Gesellschaft. Allein die Tatsache, daß kein<br />
Vorarlberger Dialekt das Wort "Arbeiter" kennt, ja daß man es im<br />
Dialekt nicht einmal adäquat aussprechen kann, mag die großen<br />
Schwierigkeiten andeuten, die diesem Wunsch entgegenstanden.<br />
Für die andere Dimension der Feiern am 1. Mai, nämlich für das<br />
Demonstrieren von intakter Organisation und Stärke der Arbeiterbewegung,<br />
war vor allem die Beteiligung wichtig. In den ersten<br />
Jahren der Republik fanden machtvolle Aufmärsche statt. 1920<br />
waren in Feldkirch ungefähr 1.000 Menschen beim Zug dabei, 1923<br />
in Bregenz mehr als 1.600, 1921 sollen es in Bregenz gar noch<br />
mehr gewesen sein. Doch schon 1923 konnte sich die Alpenjägermusik<br />
nicht . mehr offiziell beteiligen, weil die Behörden diese<br />
Form der politischen Betätigung von Soldaten zu verhindern<br />
suchten. Während 1923 die Soldaten noch in Zivilkleidern als<br />
Gewerkschaftsmusik dabei waren, wurde ihnen auch das im<br />
nächsten Jahr verunmöglicht, indem die Offiziere einfach die Instrumente<br />
einsperrten. Ab 1925 war dann auch Kindern - wie<br />
schon erwähnt - die Beteiligung an den Aufmärschen verboten, die<br />
aber damals bereits keine machtvollen Demonstrationen mehr<br />
waren, sondern eher Bekenntnismärsche. In den Städten waren<br />
dann noch höchstens 500 Menschen am 1. Mai auf der Straße, da<br />
konnte sich keiner verstecken (94).<br />
Am 1. Mai 1932 gab es einige Neuerungen, so ein Fußballturnier<br />
in Bregenz und ein Radrennen in Dornbirn. Am Vorabend zog die<br />
Sozialistische Arbeiterj ugend Bregenz mit Fackeln durch die Stadt,<br />
am 1. Mai selbst hielt mit Friedrich Adler ein prominenter<br />
Sozialdemokrat die Festrede. Der Aufmarsch begann 1932 um 13<br />
Uhr, dabei zeigte sich Seltsames. Zuerst marschierten ungefähr<br />
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