Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
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Karl Drexel war überzeugter - und vorausschauender - Demokrat.<br />
So warnte er etwa bereits am 11. Dezember 1929 mit klarem Blick<br />
für die kommenden Entwicklungen: "Wenn es ... den Heimatwehren<br />
gelänge, die Sozialdemokratie zu Boden zu werfen, so würde auch<br />
die christliche Arbeiterbewegung einen schweren Schlag erleiden."<br />
Auf dem Parteitag vom 2. Juni desselben Jahres in Feldkirch forderte<br />
Drexel von den Christlichsozialen , sie sollten von der Politik<br />
einer Konfrontation mit der Sozialdemokratie Abstand nehmen<br />
und sich zu einer Verständigung bereitfinden :<br />
"Wir sollen nun in Österreich den Versuch machen, die Sozialdemokratie<br />
aus ihrem Radikalismus herauszubringen, indem wir<br />
uns in sozialen Fragen auf einen Standpunkt stellen."<br />
Die Vorarlberger Sozialdemokraten waren damals schon recht skeptisch,<br />
ob sich der pragmatische und demokratische Kurs eines<br />
Dr. Drexel in seiner Partei durchsetzen ließe (57). Und sie behielten<br />
mit ihrer Skepsis recht. Schon bald war Drexel in der<br />
Christlichsozialen Partei nicht mehr erwünscht. Im September 1931<br />
gab er - freiwillig? - seine politischen Funktionen ab und zog<br />
sich als Leiter des Bundesamtes für Statistik nach Wien zurück.<br />
Die politische Arbeit Drexels, der einen neuen, sozialen Problemen<br />
aufgeschlossenen, weltoffenen Typ von Priester repräsentierte,<br />
hatte maßgeblich dazu beigetragen, daß ein beträchtlicher Teil<br />
der Arbeiterschaft im Industrieland Vorarlberg konservativ blieb.<br />
Für die Sozialdemokraten war er der ernsthafteste politische<br />
Konkurrent im Kampf um die Gunst der Arbeiterschaft - ein<br />
Konkurrent, dem sie aber den Respekt nicht versagten. Die<br />
"Vorarlberger Wacht" würdigte am 11. Februar 1932 diesen Mann,<br />
von dem es im Volksmund hieß, er sei wie ein Bauerngeselchtes<br />
- außen schwarz und innen rot:<br />
"Der ehemalige christlichsoziale Abgeordnete und gegenwärtige<br />
Präsident des Bundesamtes für Statistik, Dr. Karl Drexel, gilt<br />
in der politischen Öffentlichkeit Österreichs allgemein als ein<br />
Mann, der als aufrichtiger Demokrat allen politischen Abenteuern<br />
abhold ist, wie sie von Seipel und seinen kleriko-faschistischen<br />
Trabanten zum Schaden der österreichischen<br />
Wirtschaft und Kreditwürdigkeit seit Jahren propagiert und in<br />
die Tat umzusetzen versucht werden. Nicht zuletzt wegen<br />
dieser seiner verständigen Haltung, die in dem öden Antimarxismus<br />
nicht das Salz politischer Weisheit erblickt, dürfte<br />
Herr Drexel seinerseits als aktiver christlichsozialer Politiker<br />
unter freundlicher Mitwirkung der Seipeloten auf den minder<br />
gefährlichen Posten eines Präsidenten des Bundesamtes für<br />
Statistik abgeschoben worden sein. Aber Herr Drexel scheint<br />
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