Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
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verband ganz deutlich: die Militärmusik beteiligte sich an den<br />
Maiaufmärschen , und Soldaten nahmen an Parteiversammlungen und<br />
Kundgebungen der SDAP teil (7).<br />
Trotzdem stand das Bundesheer schon damals durchaus für politische<br />
Einsätze der Landesregierung zur Verfügung: Während eines<br />
Bahn- und Poststreiks besetzte etwa am 26. Juni 1922 eine halbe<br />
Kompanie das Bregenzer Postamt, um Streikbrecher zu schützen.<br />
Die Vorarlberger Gendarmen wählten sogar noch bei den Betriebs-<br />
ratswahlen 1927 mehrheitlich Vertreter der Freien Gewerkschaften -<br />
dennoch war die Vorarlberger Gendarmerie jederzeit für Einsätze<br />
gegen Streikende oder Demonstranten zu verwenden. Am seI ben<br />
26. Juni 1922 säuberten Gendarmen mit gefälltem Bajonett den<br />
Platz vor dem Postamt von etwa 1.000 Demonstranten (8).<br />
Und doch wollten die Christlichsozialen mehr: "Wir stehen auf dem<br />
Standpunkt, daß die Gendarmerie unpolitisch sein muß. Unser Volk<br />
hat kein Verständnis für einen roten Gendarmen, es darf auch<br />
nicht einmal der Anschein bestehen, daß der Mann, der durch<br />
seine Uniform die Staatsautorität verkörpert, der roten Partei<br />
angehöre" - so das "Volksblatt" vom 5. November 1927.<br />
Während die Gendarmerie stets klaglos funktionierte, kam es im<br />
Vorarlberger Alpenjägerbataillon 4 bei einem Sicherungseinsatz an<br />
der österreichisch-ungarischen Grenze im Oktober 1921 zu einzelnen<br />
Befehlsverweigerungen, die mit empfindlichen Strafen für<br />
zehn Soldaten geahndet wurden die Betroffenen wurden<br />
allerdings schon im nächsten Jänner begnadigt, sodaß allein aus<br />
den ausgesprochenen Strafen die Schwere der Delikte nicht zu ersehen<br />
ist. Der Grenzsicherungseinsatz des Vorarlberger Bataillons<br />
hatte jedenfalls abgebrochen werden müssen. Der Vorfall bot der<br />
Landesregierung einen willkommenen Anlaß zu politischer Propaganda:<br />
Politische Verhetzung sei Schuld, eine "unpolitische"<br />
Wehrmacht vonnöten (9).<br />
Schon bald nach dem Ende des christlichsozial-sozialdemokratischen<br />
Koalitionskabinetts Renner im Juni 1920 begann die "Entpolitisierung"<br />
des Heeres. Die Freiheiten der Soldaten wurden eingeschränkt:<br />
Verbot der Teilnahme an Umzügen in Uniform, Grußpflicht<br />
auch außer Dienst, Verbot öffentlicher parteipolitischer<br />
Agi tation , Einschränkung der Rechte der Vertrauensmänner,<br />
gezielte Verbote der Verbreitung diverser Flugschriften usw. Daß<br />
alle diese Maßnahmen einer "Entpolitisierung" des Heeres zu einer<br />
den Christlichsozialen dienstbaren Truppe führten, die dann etwa<br />
im Juli 1927 und besonders im Februar 1934 gegen Arbeiter<br />
eingesetzt werden konnte, dafür sorgte unter dem langjährigen<br />
Heeresminister Carl Vaugoin mit Sektionschef Rudolf Hecht derselbe<br />
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