Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
die Gläubigen in einem Hirtenwort : "Keine Stimme einer unchristlichen,<br />
kirchenfeindlichen oder religiös-freiheitlichen Partei,<br />
sondern jede Stimme für die katholische, wahrhaft christliche und<br />
kirchentreue Partei" (45).<br />
Die Sozialdemokratie wurde als nicht-vorarlbergisch, jüdisch, östlich,<br />
bolschewistisch gebrandmarkt, sie stehe für Sozialismus,<br />
Klassenkampf, Diktatur, Materialismus, während die Christlichsozialen<br />
erklärten, für Christentum, Standesversöhnung , Demokratie<br />
und Idealismus einzutreten (46).<br />
Auch die Sozialdemokratie trat jedesmal wieder ums Ganze und um<br />
die Erlösung ihrer Wählerschaft an:<br />
"Der Sozialismus bedeutet viel. Die Menschheit soll endlich erlöst<br />
werden von der Sorge um das tägliche Brot. Der Geist der<br />
Menschen soll nicht erfüllt sein von der Furcht um die nackte<br />
Existenz' . Das arbeitende Volk soll Herrin werden über die Produktionsmittel<br />
und Leiterin aller menschlichen Arbeit ... "<br />
"Frauen, höret und denket nach! Mutter, willst du deinen Sohn<br />
wieder in der Kaserne mißhandeln und beschimpfen lassen,<br />
dann wähle christlichsozial oder deutschnational. Gattin! Willst<br />
du deinen Mann und Vater deiner Kinder wieder von Minenwerfern,<br />
Maschinengewehren, Handgranaten zerfleischen lassen,<br />
dann wähle christlichsozial oder deutschnational ... "<br />
"Wer hofft auf eine Niederlage der Sozialdemokratie? Die Großbanken,<br />
alle Großkapitalisten, denn nur die Sozialdemokraten<br />
sind ihnen gefährlich! Die Fabrikanten, denn sie möchten die<br />
Arbeiterschutzgesetze wieder abschaffen. Die großen Hausbesi<br />
tzer, denn sie wollen das Mieterschutzgesetz aufheben. Die<br />
Bischöfe und sonstige Finsterlinge, denn sie wollen die klerikalen<br />
Habsburger wieder einsetzen ... " (47).<br />
Mit den Jahren erwiesen sich die politischen Verhältnisse in Vorarlberg<br />
als relativ gefestigt. Es scheint sich die Erkenntnis<br />
durchgesetzt zu haben, daß es in den Wahlen nicht um viel mehr<br />
als um ein paar Prozentpunkte ging. Die SDAP hatte erkennen<br />
müssen, daß sie in Vorarlberg nicht die Mehrheit erringen<br />
konnte, denn dazu war der politische Katholizismus zu fest verankert,<br />
und auch die vorherrschende kleinindustriell-gewerbliche<br />
Wirtschaft im vorwiegend katholisch-bäuerlichen Milieu bot<br />
schlechte Voraussetzungen. Bei den Landtagswahlen 1932 trat die<br />
SDAP nicht mehr kämpferisch auf: Sie rief zur Verteidigung der<br />
sozialen Errungenschaften und zur Wiedereroberung der Republik,<br />
stellte im übrigen einen ganzen Katalog an Sachfragen in den<br />
Vordergrund: Ausbau der Wasserkräfte , Armut der Kleinrentner,<br />
Wohnungsnot, Unterdrückung der Frau (48).<br />
172