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verteidigt. Wenige Tage später, am 15. Juli, brachte das "Volksblatt"<br />
wieder auf der ersten Seite einen zweispaltigen Artikel, der<br />
sich für kräftige Mietenerhöhungen einsetzte: "Wohin führt das,<br />
wenn eine wohlbezahlte Gruppe eines Volkes (die Mieter!;<br />
Anm. d. Verf.) eine mit der Existenz schwer kämpfende Klasse<br />
(die Hausbesitzer !; Anm. d. Verf.) mit Gewalt enteignet und ihre<br />
Existenz mit Absicht (?) unmöglich gemacht wird. Zu russischen<br />
Zuständen, das verhüte Gott." Das Fragezeichen setzte wohl der<br />
verantwortliche Redakteur des "Volksblattes" . Als die Hausbesitzer<br />
die Diskussion weiterhin derart radikal führten, distanzierte sich<br />
das "Volksblatt" deutlich: Die Radikalität der Hausbesitzer komme<br />
dem politischen Selbstmord des Bürgertums gleich und treibe die<br />
Wähler der Sozialdemokratie in die Arme (32).<br />
Wenn auch von den miserabel verdienenden Arbeitern keine höheren<br />
Mieten abzupressen waren, hatten die Hausbesitzer doch objektiv<br />
Grund zur Klage. Die Wohnungsmieten waren - verglichen<br />
mit der Zeit vor dem Weltkrieg - sehr niedrig. 1924 etwa betrugen<br />
sie gerade 7 Prozent des Wertes von 1914 und 1930 25 Prozent<br />
(33). Die gesamtwirtschaftliche Lage während der Ersten Republik<br />
und besonders die sehr niederen Löhne der Arbeiter wirkten sich<br />
in relativ niederen Mieten aus; die wiederum machten das<br />
hausbesitzende Bürgertum unzufrieden.<br />
Ungefähr 60 Prozent der Vorarlberger dürften in der Auseinandersetzung<br />
um den öffentlichen Wohnbau und die Höhe der Mieten<br />
doch eher auf der Seite der Hausbesitzer gestanden sein - nämlich<br />
diejenigen, die im eigenen Haus wohnten. Vorarlberg war,<br />
abgesehen vom Burgenland , das Bundesland mit den meisten<br />
Einfamilienhäusern (34). Das Einfamilienhaus war - und ist -<br />
nicht nur Wohnform, sondern Teil des Weltbildes, Ideologie. In<br />
der Ersten Republik trat zwar kurzfristig der sozialreformatorische<br />
Flügel der Sozialdemokratie mit der "Gartenstadtidee"<br />
für Einfamilienhäuser mit Garten ein, um den Arbeitern<br />
eine sinnvolle Nutzung der durch die Einführung des Achtstundentages<br />
vermehrten Freizeit zu ermöglichen. Vor allem die Wiener<br />
Sozialdemokraten mußten jedoch bald erkennen, daß durch den<br />
Bau von Gartensiedlungen unter den gegebenen geschichtlichen<br />
Bedingungen der Wohnungsbedarf nicht gedeckt werden konnte. Sie<br />
engagierten sich in der Folge für große Gemeindebauten (35).<br />
Die Konservativen erkannten klar, daß Besitz zur Entproletarisierung<br />
von Arbeitern führen kann, und förderten folgerichtig den<br />
Bau von Einfamilienhäusern in zwei großangelegten bundesweiten<br />
Aktionen zwischen 1932 und 1936 mit über 25 Millionen Schilling.<br />
Wenn auch diese Aktionen die Wohnungsnot nicht beseitigten,<br />
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