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DEMONSTRATIONEN - POLITIK AUF DER STRASSE<br />

Bevor wir zwei wesentliche Formen außerparlamentarischer Politik<br />

Rätebewegung und Demonstrationen näher betrachten, muß<br />

noch die eingangs formulierte Frage beantwortet werden, warum<br />

zwischen Herbst 1918 und Sommer 1920 so viele Menschen auf die<br />

Straße gingen. Die Unsicherheit über die staatliche Zukunft<br />

Österreichs sowie die Schwierigkeiten der Anpassung an die<br />

demokratische Republik, die vor allem die Christlichsozialen<br />

hatten, sind bereits angeführt. Ebenso wurde bereits erwähnt,<br />

daß es keine stabile demokratische Tradition gab, die politisches<br />

Handeln hätte ordnen können. In den ersten Monaten nach dem<br />

Zusammenbruch der Monarchie sah es so aus, als wäre auch die<br />

staatliche und wirtschaftliche Ordnung ins Wanken geraten, als<br />

wären lang bekannte Autoritäten plötzlich angreifbar geworden.<br />

Die sozialdemokratische Arbeiterschaft, die schon lange um<br />

gleichberechtigte Beteiligung am wirtschaftlichen und politischen<br />

Leben gekämpft hatte, betrachtete die neue demokratische Republik<br />

als ihre Errungenschaft und war voller Selbstvertrauen. Die<br />

Sozialdemokratische Partei wußte jedoch nicht, wie sie in der für<br />

sie neuen Situation die tiefgehende Bewegung der Arbeiterschaft in<br />

Politik umsetzen sollte. In den politischen Institutionen, im<br />

Landtag, in Gemeinderäten usw. dominierten Christlichsoziale und<br />

Deutschnationale. Sie machten nicht den Anschein, der sozialen<br />

Dynamik der Arbeiterschaft, dem Aufstiegs- und Partizipationswillen<br />

. in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht entsprechen<br />

zu wollen. Auch herrschte in der Verwaltung noch die<br />

Tradition der Monarchie vor. Aus dieser Ausgangslage entwickelte<br />

sich Stück für Stück eine sozialdemokratische Politik, die aus<br />

Aktionen auf der Straße die Legitimität für politisches Handeln in<br />

den Gremien bezog, wobei der schiere Hunger am besten mobilisierte.<br />

Die sozialdemokratischen Politiker wußten jedoch auch stets, daß<br />

sie niemals ganz und gar auf die Straße setzen konnten, also<br />

niemals riskieren durften, die herkömmlichen demokratischen<br />

Insti tutionen auszuschalten. Wie wir noch sehen werden, zog spätestens<br />

der Aufbau der bewaffneten Volksmilizen der sozialdemokratischen<br />

Politik klare Grenzen.<br />

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