06.02.2013 Aufrufe

Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...

Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...

Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

leuten andererseits", die die Versorgung der Bevölkerung behinderten.<br />

Hunger war noch nie egalitär.<br />

Da half es auch nicht viel, daß jeder Flecken Boden bewirtschaftet<br />

wurde. Allein die circa 1.000 Bregenzer Schrebergärtner bearbeiteten<br />

3.600 Ar (13). Hilfe konnte nur von außen kommen.<br />

Vorarlberger Landtagsabgeordnete hatten im Oktober und November<br />

1918 mit der Schweizer Regierung wegen Lebensmittellieferungen<br />

verhandelt. Am 9. November konnte der sozialdemokratische<br />

Landesrat Fritz Preiß von erfolgreich abgeschlossenen Verhandlungen<br />

berichten. Vorarlberg erhielt Mehl, Reis, Fett und Frischobst<br />

entsprechend der schweizerischen Lebensmittelration für 140.000<br />

Menschen . . Voraussetzung für die Lieferung war, daß im Lande<br />

Ruhe herrschte. Die Schweiz leistete die dringend benötigte Hilfe<br />

nicht uneigennützig: Zum einen waren die schweizerischen Stellen<br />

daran interessiert, eine Pufferzone zwischen sich und der {m<br />

Umbruch befindlichen Welt zu schaffen, zum anderen bezahlte das<br />

Land Vorarlberg die Lebensmittel mit Holz und Heu (14).<br />

Die Schweizer Mittelration betrug 180 Gramm Mehl und 25 Gramm<br />

Reis täglich sowie 220 bis 320 Gramm Fett monatlich pro Kopf. Als<br />

am 14. April 1919 die regulären Lieferungen eingestellt wurden,<br />

erreichte die Landesregierung noch eine zusätzliche Lieferung von<br />

150 bis 200 Waggon Kartoffeln, die mit monatlich 50 Waggon<br />

Brennholz zu bezahlen waren. Für die zweite Hälfte des Monats<br />

April 1919 wurden noch 38 bis 40 Waggon Getreide zugesagt.<br />

Auch von der "roten Republik" Bayern, wo selbst Knappheit<br />

herrschte, wurden Lebensmittel geliefert: November 1918 trafen<br />

täglich Waggons mit Rüben zu Speise- und Futterzwecken ein (15).<br />

Die Ernährungslage war so triste, daß Teile der Bevölkerung zur<br />

Selbsthilfe griffen: Vertrauensmänner der Bludenzer Eisenbahner<br />

beschlossen im März 1919, keine Lebensmittel- und Viehtransporte<br />

mehr aus Vorarlberg hinauszulassen, solange die Versorgung des<br />

Landes nicht gesichert sei (16). Im gleichen Monat kam es in<br />

Dornbirn zur Besetzung des Bahnhofes und zur Abkoppelung von<br />

Viehwaggons , die nicht aus dem Land gelassen werden sollten.<br />

Vieh mußte aber aus Vorarlberg verkauft und ausgeführt werden,<br />

da großer Heu- und Futtermangel herrschte. Mit der Dornbirner<br />

Aktion waren Demonstrationsversammlungen verbunden, die zeigten,<br />

daß der Hunger die Menschen militant machte (17). Auch die<br />

beiden Demonstrationen in Bregenz im Juni 1920 waren durch die<br />

Ernährungslage bedingt, wurde doch gegen eine Erhöhung der<br />

Milchpreise demonstriert. Neben diesen großen Ereignissen kam es<br />

zu einer Reihe von kleineren Vorfällen, von denen hier zwei als<br />

Beispiel angeführt seien: Im November 1918 drangen junge Männer<br />

20

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!