Zwischen Kaiser u Führer-ocr_verr.pdf - Johann-August-Malin ...
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auch Kulturorganisationen wie Turner und Radfahrer militarisiert<br />
wurden. Während die Behörden bei der großen "Republikanischen<br />
Kundgebung"in Dornbirn am 29. September 1929 256 Schutzbündler<br />
zählten, berichtete die "Wacht" am 19. Oktober 1929 von 912, die<br />
jedoch nur teilweise uniformiert gewesen seien; sie zählte eben<br />
auch Turner und Radfahrer mit (33).<br />
Der Schutzbund wurde in Vorarlberg vor allem zu Ordnerdiensten<br />
herangezogen. Es kam dabei offenbar nur zu zwei bedeutenderen<br />
Auseinandersetzungen: 1926 mit Jugendlichen, die eine Freidenkerversammlung<br />
störten, und 1932 mit Nationalsozialisten (34). Von<br />
Zusammenstößen mit Heimatdienstleuten ist nichts bekannt.<br />
Am Freitag, dem 5. <strong>August</strong> 1932, sprachen in der Dornbirner Mohrenhalle<br />
der sozialdemokratische deutsche Reichsratsabgeordnete<br />
Karl Schrek aus Bielefeld und Nationalrat Paul Richter aus Wien.<br />
Da die Sozialdemokraten nationalsozialistische Störmanöver befürchteten,<br />
hatten sie 80 bis 100 Mann Schutzbund aufgeboten.<br />
Auch die Behörden befürchteten Ausschreitungen und stationierten<br />
deshalb in einem Nebenzimmer 22 Gendarmen. Von den Vorfällen<br />
existieren im wesentlichen zwei Berichte, einer der "Vorarlberger<br />
Wacht" vom 9. <strong>August</strong> 1932, ein anderer vom Gendarmeriekommando<br />
Feldkirch (35).<br />
Nach Schrek, der sich vor allem mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzte,<br />
sprach Richter zur. aktuellen innenpolitischen<br />
Situation und zu den Absichten der österreichischen Nationalsozialisten.<br />
Nach deI) beiden Hauptrednern durfte der eigens aus Innsbruck<br />
angereiste Nationalsozialist Franz Pisecky, der spätere<br />
Gaupresseamtsleiter für Tirol-Vorarlberg (36), für 15 Minuten das<br />
Wort ergreifen.<br />
Als die Versammlung um 23 Uhr 15 von Anton Linder offiziell<br />
geschlossen wurde, spitzte sich die Situation zu. Die "Wacht"<br />
berichtete:<br />
"Unzufrieden, daß sie die ordnungsmäßige Beendigung der Versammlung<br />
nicht verhindern konnten, sammelten sich die ärgsten<br />
Schreier nach Schluß der Versammlung in der Mitte des<br />
Saales, stimmten 'ein Hitlerlied an und brachen in provokatorische<br />
Rufe aus. Als einige Schutzbündler die Leute aufforderten,<br />
doch endlich den Saal zu verlassen, wurde ein Schutzbündler<br />
tätlich angegriffen. Das war das Signal für die anwesenden<br />
Nationalsozialisten, eine wüste Rauferei zu beginnen,<br />
bei der sie auch absichtlich Fenster einschlugen. Biergläser<br />
und Stühle flogen durch die Luft und mancher Nazimann erhielt<br />
von einem anderen Nazimann ein Bierglas an den Kopf<br />
geschleudert. Der Kampf währte nur kurze Zeit; als die Gen-<br />
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