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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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196 Wesensbereich der Wahrheit - Wesen der Wissenschaft<br />

c) Die Positivität der Wissenschaft.<br />

Der vorgängige, ungegenständliche, feldabsteckende Entwurf<br />

der Se<strong>in</strong>sverfassung<br />

Nun aber ist wichtig zu sehen, daß mit <strong>die</strong>sem Entwurf nicht<br />

nur im voraus das Se<strong>in</strong> des Seienden anders bestimmt wird,<br />

sondern daß <strong>in</strong> und mit <strong>die</strong>sem Entwurf des Se<strong>in</strong>s e<strong>in</strong> Feld des<br />

Seienden umgrenzt, abgesteckt wird. Denn es ist damit im vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />

entschieden, was <strong>in</strong> das Feld Natur gehört, auch ohne daß<br />

faktisch zuvor <strong>die</strong>ses ganze Feld durchmessen würde oder auch<br />

nur bekannt wäre. Der vorgängige ungegenständliche Entwurf<br />

der Se<strong>in</strong>sverfassung ist e<strong>in</strong> Feld-absteckender Entwurf.<br />

Doch <strong>die</strong>ser Entwurf ist nicht e<strong>in</strong> äußerliches Ziehen e<strong>in</strong>er<br />

Grenzl<strong>in</strong>ie, sondern Entwurf der Se<strong>in</strong>sverfassung des Seienden.<br />

Das bedeutet: Was <strong>die</strong>ser Entwurf im vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> über das Seiende<br />

»Natur« ausmacht, <strong>die</strong>se Bestimmungen kommen <strong>in</strong> jeder<br />

konkreten Erkenntnis e<strong>in</strong>es bestimmten Naturvorgangs zum<br />

Vorsche<strong>in</strong>, und zwar derart, daß alle physikalischen Begriffe und<br />

Sätze unausgesprochen auf <strong>die</strong>se Bestimmungen zurückgreifen.<br />

Das besagt: Die physikalischen Erkenntnisse f<strong>in</strong>deIl. dort ihre<br />

letzte bzw. erste Begründung, jeder spezielle physikalische Beweis<br />

gründet <strong>in</strong> der festgelegten Se<strong>in</strong>sverfassung. Der vorgängige<br />

ungegenständliche feldabsteckende Entwurf der Se<strong>in</strong>sverfassung<br />

ist daher e<strong>in</strong> Grund gebender, begründender. Grundbegriffe<br />

s<strong>in</strong>d <strong>die</strong>jenigen Vorstellungen, <strong>die</strong> <strong>in</strong> ihrem verfassungsmäßigen<br />

Zusammenhang aller Erkenntnis des Seienden<br />

den Grund geben.<br />

So ergibt sich im Ganzen: Der vorgängig-ungegenständliche,<br />

aber doch feldabsteckend-begründende Entwurf der Se<strong>in</strong>sverfassung<br />

läßt das Seiende, dessen Se<strong>in</strong> er bestimmt, durch <strong>die</strong>ses<br />

gekennzeichnete Bestimmen allererst zum Vorsche<strong>in</strong> kommen.<br />

Auf dem H<strong>in</strong>tergrund des im Entwurf entworfenen Se<strong>in</strong>s bekommt<br />

das so bestimmte Seiende erst Relief. In und mit <strong>die</strong>sem<br />

Entwurf des Se<strong>in</strong>s wird das betreffende Seiende erst als e<strong>in</strong> fur<br />

<strong>die</strong> konkrete Betrachtung vorf<strong>in</strong>dliches und d. h. vorliegendes<br />

§ 26. Se<strong>in</strong>sverständnis im wissenschaftlichen Entwurf 197<br />

offenbar. Der Entwurf drängt das Seiende erst <strong>in</strong>s Licht, ohne<br />

am Seienden etwas zu ändern. Das Seiende wird offenbar als<br />

vorliegendes, das positum. Nur wenn das Seiende <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Weise<br />

als vorliegendes offenbar wird, ist es an ihm selbst erkennbar.<br />

Die Erkenntnis des Seienden an ihm selbst - so kennzeichneten<br />

wir <strong>die</strong> wissenschaftliche Erkenntnis. Sie ist demnach Erkenntms<br />

des Seienden als positum oder positive Erkenntnis. Das<br />

Wesen der wissenschaftlichen Erkenntnis als positiver Erkenntnis<br />

besteht nun <strong>in</strong> dem, was <strong>die</strong> <strong>in</strong>nere Möglichkeit <strong>die</strong>ses<br />

»positiven« Charakters ausmacht, <strong>die</strong>ses offenbaren Vorliegens<br />

an ihm selbsr. Die <strong>in</strong>nere Möglichkeit <strong>die</strong>ses positiven Charakters<br />

der Wissenschaft nennen wir <strong>die</strong> Positivität. Das Wesen der<br />

WIssenschaft liegt <strong>in</strong> der Positivität. Diese aber ihrerseits besteht<br />

<strong>in</strong> dem, was eben das Vorliegen des Seienden an ihm selbst<br />

ermöglicht. Das ist der gekennzeichnete Entwurf der Se<strong>in</strong>sverfassung<br />

des Seienden.<br />

Bei der ersten Abhebung des wissenschaftlichen Verhaltens<br />

gegenüber dem vorwissenschaftlichen sagten wir: Die Wissenschaft<br />

entdeckt nicht überhaupt erst Seiendes, dergestalt, daß<br />

vor dem nichts offenbar wäre und das Dase<strong>in</strong> erst auf Grund der<br />

WIssenschaft zu Seiendem sich verhielte, sondern alles wissenschaftliche<br />

Verhalten siedelt sich an auf dem Grunde e<strong>in</strong>es<br />

schon existenten Verhaltens zu Seiendem. Seiendes muß schon<br />

ugendwie offenbar vorliegen, so zwar, daß Wissenschaft das<br />

Seiende gerade als vorliegendes, positum, das es an ihm selbst<br />

1st, offenbar macht.<br />

Wie ist es möglich, daß Seiendes an ihm selbst als offenbares<br />

vorliegt? Wor<strong>in</strong> gründet <strong>die</strong> Möglichkeit der Positivität des PosItum?<br />

Der Entwurf der Se<strong>in</strong>sverfassung ist nicht nur e<strong>in</strong><br />

vorgängiger, ungegenständlicher, feldabsteckender, sondern er<br />

1st zugleich begründender Entwurf. Er macht <strong>die</strong> <strong>in</strong>nere MöglIchkeit<br />

- Möglichkeit = Wesen - der Erkenntnis von Seiendem<br />

als vorliegendem aus. Wissenschaft aber ist positive Erkenntnis.<br />

Also ist der besagte Entwurf das Wesen der Positivität der Wissenschaft.

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