292 Weltanschauung und Weltbegriff begriffes (A 407/8, B 434/5), daß <strong>die</strong>ser auf <strong>die</strong> Synthesis der Bed<strong>in</strong>gungen der Ersche<strong>in</strong>ungen geht, »da h<strong>in</strong>gegen <strong>die</strong> absoluteTotalität, <strong>in</strong> der Synthesis der Bed<strong>in</strong>gungen aller möglichen D<strong>in</strong>ge überhaupt, e<strong>in</strong> Ideal der re<strong>in</strong>en Vernunft veranlassen wird, welches von dem Welt begriffe gänzlich unterschieden ist, ob es gleich darauf <strong>in</strong> Beziehung steht« (ebd.). Wir sehen demnach, hier ist noch e<strong>in</strong>e gänzlich andere und höhere Idee als Weltbegriff und gleichwohl <strong>die</strong>ser darauf bezogen. Mith<strong>in</strong> erhalten wir erst von der Idee als Ideal <strong>die</strong> volle Bestimmtheit und den systematischen Ort des Weltbegriffes. Die Idee und gar das Ideal haben gegenüber der Kategorie immer weniger objektive Realität und wachsend mehr subjektive Realität, sofern hier überhaupt von Gradabstufungen gesprochen werden kann. Das Ideal hat re<strong>in</strong> subjektive Realität heißt aber zugleich: In ihm bekundet sich das <strong>in</strong>nerste Wesen des Subjektes der re<strong>in</strong>en endlichen menschlichen Vernunft. Bei der Kant<strong>in</strong>terpretation ist grundsätzlich zu beachten, daß <strong>die</strong>jenigen Ideen des Vorstellens der Vernunft, <strong>die</strong> mehr und mehr auf objektive Realität verzichten müssen, w
294 Weltanschauung und WeltbegrijJ Der H<strong>in</strong>weis darauf kann nicht besagen, daß auf Grund <strong>die</strong>ses Zusammenhangs das Problem von vornhere<strong>in</strong> aus der philosophischen Erörterung herausfällt, sondern im Gegenteil ist damit angezeigt, daß der Ause<strong>in</strong>andersetzung mit <strong>die</strong>ser Idee zugrunde gelegt wurde e<strong>in</strong>e grundsätzliche Klärung der Grundprobleme der antiken <strong>Philosophie</strong> und der Form ihrer Auswirkung <strong>in</strong> der mittelalterlichen Scholastik. Aber das gilt nicht nur für Kant, sondern noch weit umfänglicher für den ganzen deutschen Idealismus. Im Erkennen Gottes als des Absoluten ist nicht nur das wirklich Vorhandene, Geschaffene erkannt, sondern <strong>die</strong> Allheit dessen, was möglich ist, was das Wesen der möglichen D<strong>in</strong>ge ausmacht, <strong>die</strong> Allheit der Realität, omnitudo realitatis. Diesem Inbegriff aller möglichen Prädikate ist jedes D<strong>in</strong>g untergeordnet. Daher steht jedes D<strong>in</strong>g »se<strong>in</strong>er Möglichkeit nach ... unter dem Grundsatz der durchgängigen Bestimmung, nach welchem ihm von allen möglichen Prädikaten der D<strong>in</strong>ge, sofern sie mit ihrem Gegenteil verglichen werden, e<strong>in</strong>es zukommen muß« (A 571/2, B 599/600). In <strong>die</strong>sem Ideal ist auch Rationalismus, nur ontologischer. »Es versteht sich von selbst, daß <strong>die</strong> Vernunft zu <strong>die</strong>ser ihrer Absicht, nämlich sich lediglich <strong>die</strong> notwendige durchgängige Bestimmung der D<strong>in</strong>ge vorzustellen, nicht <strong>die</strong> Existenz e<strong>in</strong>es solchen Wesens, das dem Ideale gemäß ist, sondern nur <strong>die</strong> Idee desselben voraussetze, um von e<strong>in</strong>er unbed<strong>in</strong>gten Totalität der durchgängigen Bestimmung <strong>die</strong> bed<strong>in</strong>gte, d. i. <strong>die</strong> des E<strong>in</strong>geschränkten abzuleiten. Das Ideal ist ihr also das Urbild (prototypon) aller D<strong>in</strong>ge, welche <strong>in</strong>sgesamt, als mangelhafte Kopien (ectypa), den Stoff zu ihrer Möglichkeit daher nehmen, und, <strong>in</strong>dem sie demselben mehr oder weniger nahekommen, dennoch jederzeit unendlich weit daran fehlen, es zu erreichen« (A 577/8, B 605/6). »Daher wird der bloß <strong>in</strong> der Vernunft bef<strong>in</strong>dliche Gegenstand ihres Ideals [<strong>in</strong>tuitus orig<strong>in</strong>arius, <strong>in</strong>tellectus archetypus] auch das Urwesen (ens orig<strong>in</strong>arium), sofern es ke<strong>in</strong>es über sich hat, das höchste Wesen (ens summum), und, sofern alles, als bed<strong>in</strong>gt, unter ihm steht, das § 34. Kants WeltbegrijJ 295 Weseri aller Wesen (ens entium) genannt. Alles <strong>die</strong>ses aber bedeutet nicht das objektive Verhältnis e<strong>in</strong>es wirklichen Gegenstandes zu anderen D<strong>in</strong>gen, sondern der Idee zu Begriffen, und laßt uns wegen der Existenz e<strong>in</strong>es Wesens von so ausnehmendem Vorzuge <strong>in</strong> völliger Unwissenheit« (A 578/9, B 606/7). Es ergibt sich somit, daß <strong>die</strong> Welt - als Idee der Totalität der Ersche<strong>in</strong>ungen - noch e<strong>in</strong>gebaut wird <strong>in</strong> <strong>die</strong> höhere des transzendentalen Ideals. Nicht im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er ontischen Abhängigkeit der endlichen D<strong>in</strong>ge als geschaffener vom existierenden Schöpfer, sondern <strong>in</strong> der Weise, daß <strong>die</strong> Totalität der Bed<strong>in</strong>gungen der möglichen Ganzheit der Erfahrung sich als e<strong>in</strong>e mögliche E<strong>in</strong>schränkung der absoluten Totalität der möglichen D<strong>in</strong>ge und ihres Wesens überhaupt erweist. Sofern gefragt wird ontologisch nach der Möglichkeit des Seienden qua Natur, zugleich für endliche Wesen, muß <strong>die</strong>se Möglichkeitsfrage, als bezogen auf <strong>die</strong> Zufälligkeit der Erfahrung als solcher, e<strong>in</strong>e weitergreifende hervorlocken nach dem absoluten Umkreis des :v1öglichen, <strong>in</strong>nerhalb dessen das Faktum der Erfahrung als solcher möglich ist. »Denn das Ideal, wovon wir reden, ist auf e<strong>in</strong>er natürlichen und nicht bloß willkürlichen Idee gegründet« (A 581, B 609). »Nach e<strong>in</strong>er natürlichen Illusion sehen wir nun das für e<strong>in</strong>en Grundsatz an, der von allen D<strong>in</strong>gen überhaupt gelten müsse, welcher eigentlich nur von denen gilt, <strong>die</strong> als Gegenstände unserer S<strong>in</strong>ne gegeben werden« (A 582, B 610). Gemä& <strong>die</strong>ser natürlichen Illusion halten wir das empirische Pr<strong>in</strong>zip der Möglichkeit, das auf Ersche<strong>in</strong>ungen sich bezieht, für e<strong>in</strong> transzendentales Pr<strong>in</strong>zip der Möglichkeit der D<strong>in</strong>ge überhaupt. Damit ist <strong>die</strong> Stellung des Weltbegriffes <strong>in</strong> der »Kritik der re<strong>in</strong>en Vernunft« nach allen Seiten gekennzeichnet. Gerade durch <strong>die</strong> Kennzeichnung der übergreifenden Idee des transzendentalen Ideals ist noch verdeutlicht worden, daß Welt <strong>die</strong> Totalität des Seienden ausdrückt, wozu der Mensch als endliches Wesen sich verhält, so zwar, daß er selber <strong>in</strong> sie gehört. Welt und \iIöglichkeit (Se<strong>in</strong> und Möglichkeit).