Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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314 Weltanschauung und In-der-Welt-se<strong>in</strong><br />
ist zum Teil m<strong>in</strong>destens offenbar geworden <strong>in</strong> dem, was Platon<br />
als Ideen erkannte, und von denen wissen wir doch, daß sie über<br />
dem Wechsel und Wandel der Zeit s<strong>in</strong>d - ewig; das System der<br />
Kategorien, auch wenn wir es noch nicht vollständig kennen, ist<br />
eben gerade das An-sich schlechth<strong>in</strong>.<br />
Solche Argumente kl<strong>in</strong>gen zunächst sehr überzeugend, und<br />
doch s<strong>in</strong>d sie mehr zur Beruhigung des geme<strong>in</strong>en Menschenverstandes<br />
gesprochen als aus der Frage nach dem, was da<br />
Problem werden soll. Gerade das sollen wir sehen lernen, daß,<br />
was wir Se<strong>in</strong>sverständnis nennen, nicht <strong>die</strong> Harmlosigkeit e<strong>in</strong>er<br />
Analyse von Kategorien hat, <strong>die</strong> man mit der Zeit vollständig<br />
zusammenbekommt wie e<strong>in</strong>e Münzsammlung, daß das Verständnis<br />
des Se<strong>in</strong>s und <strong>die</strong>ses selbst sich vielmehr bildet mit der<br />
Bildung der Welt.<br />
In-der-Welt-se<strong>in</strong> als Transzendenz, als transzendentales Spiel<br />
ist immer Weltbildung.<br />
Für den recht knappen Horizont des' geme<strong>in</strong>en Verstandes<br />
ersche<strong>in</strong>t gerade das Kategoriale, wenn er es überhaupt kennt,<br />
stabil bzw. - was nur <strong>die</strong> Kehrseite <strong>die</strong>ser Art von E<strong>in</strong>sicht istwenn<br />
<strong>die</strong>ses Feste <strong>in</strong> Fluß gerät, weiß er nur noch e<strong>in</strong>s: sich über<br />
den Relativismus zu beklagen.<br />
fertigung des philosophischen Faktums der Anthropologie als <strong>die</strong>, daß sie, wie<br />
jetzt doch gezeigt, den Boden bereitstellt für den Ausgang und <strong>die</strong> Ausbildung<br />
der Se<strong>in</strong>sfrage?<br />
Doch gemach - ist das Se<strong>in</strong>sverständnis nur e<strong>in</strong>e Eigenschaft, <strong>die</strong> wir als<br />
e<strong>in</strong>e vielleicht bisher zu wenig beachtete Bestimmung des Wesens des Menschen<br />
<strong>die</strong>sem e<strong>in</strong>fach [...]* oder ist das, was wir im Se<strong>in</strong>sverständnis <strong>in</strong>s Licht<br />
zu stellen versuchten, das Ursprünglichste im Wesen des Menschen, so daß<br />
umgekehrt von hier aus allererst <strong>die</strong> radikale Frage nach dem Wesen des<br />
Menschen <strong>in</strong> Gang kommt, daß gerade <strong>die</strong> Anthropologie ausgeschaltet bleiben<br />
muß? Aber - wozu ausschalten? Es folgt jetzt aus <strong>die</strong>ser Problematik<br />
höchstens, daß <strong>die</strong> Anthropologie aus der zentralen Orientierung an der Se<strong>in</strong>sfrage<br />
neu begründet werden muß. Also <strong>die</strong> Idee der philosophischen Anthropologie<br />
als Zentrum bleibt und ist so gerade allererst begründet.<br />
* [Zwei Wörter unleserlich.]<br />
§ 36. Welt als »Spiel des Lebens« 315<br />
b) Transzendenz qua Se<strong>in</strong>sverständnis als Spiel<br />
Wir' gebrauchen »Spiel« <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ursprünglichen und zugleich<br />
weiten S<strong>in</strong>ne. Wir fassen <strong>die</strong> Transzendenz als Spiel, <strong>die</strong> Transzendenz<br />
selbst zunächst h<strong>in</strong>sichtlich des Momentes des Se<strong>in</strong>sverständnisses,<br />
mith<strong>in</strong> hat auch <strong>die</strong>ses Spielcharakter. Wenn wir<br />
vom 'In-der-Welt-se<strong>in</strong> als Spielen sprechen, dann ist hier nicht<br />
geme<strong>in</strong>t, e<strong>in</strong> Spiel spielen im vulgären S<strong>in</strong>ne, nur übertragen<br />
und .gleichsam vergrößert auf das ganze Dase<strong>in</strong>, oder gar aber:<br />
mit dem Seienden spielen, aber auch nicht spielen mit dem<br />
Se<strong>in</strong>; sondern: das Se<strong>in</strong> spielen, erspielen; <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Spiele erbilden.<br />
Vielmehr gilt es, das spezifische Geschehen und se<strong>in</strong>e<br />
Bewegtheit zu fassen, <strong>die</strong> wir mit Spielen überhaupt me<strong>in</strong>en.<br />
Die Interpretation dessen, was Welt besagt, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Wesenszug<br />
zu fassen, verlangt, daß wir das Phänomen Welt <strong>in</strong><br />
<strong>in</strong>neren Zusammenhang mit dem Dase<strong>in</strong> selbst br<strong>in</strong>gen und<br />
e<strong>in</strong>e Grundverfassung des Dase<strong>in</strong>s <strong>in</strong> den Blick br<strong>in</strong>gen, <strong>die</strong> wir<br />
vorgreifend das In-der-Welt-se<strong>in</strong> nennen. Diese Grundverfassung<br />
des Dase<strong>in</strong>s ist aber gleichzeitig <strong>die</strong> Grundstruktur der<br />
Transzendenz, wie wir erkennen sollen.<br />
Transzendenz hat sich uns nähergebracht auf dem Wege der<br />
Klärung des Se<strong>in</strong>sverständnisses, d. h. des Grundfaktums, daß<br />
wir im Verhalten zum Seienden über das Seiende schon h<strong>in</strong>weggestiegen<br />
s<strong>in</strong>d und nur <strong>in</strong>sofern es als Seiendes verstehen<br />
können. Dieses Se<strong>in</strong>sverständnis kennzeichnen wir als Transzendenz,<br />
mit der E<strong>in</strong>schränkung, daß <strong>die</strong> Transzendenz durch<br />
das Se<strong>in</strong>sverständnis nicht erschöpfend bestimmt ist. Gleichwohl<br />
soll jetzt das Se<strong>in</strong>sverständnis uns zum Leitfaden <strong>die</strong>nen,<br />
das In-der-Welt-se<strong>in</strong> und damit das Phänomen der Weltanschauung<br />
zu <strong>in</strong>terpretieren und als e<strong>in</strong> wesentliches Moment<br />
der <strong>Philosophie</strong> selbst zu begreifen.<br />
Um <strong>die</strong>s zu bewerkstelligen, ist notwendig, mehr als bisher<br />
von der bisherigen Fragestellung der Geschichte der Metaphysik<br />
und <strong>Philosophie</strong> überhaupt abzuweichen, und um <strong>die</strong>sen<br />
Schritt verständlich zu machen, habe ich vorgreifend e<strong>in</strong> merk-