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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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336 Weltanschauung und In-der-Welt-se<strong>in</strong><br />

städtischen Gewerbe geworden s<strong>in</strong>d, <strong>die</strong> Menschen Angestellte<br />

der Wissenschaft, aber nicht mehr di~ Wissenschaftee<strong>in</strong>e Existenzmöglichkeit<br />

des Dase<strong>in</strong>s.<br />

Noch e<strong>in</strong> Letztes: Gerade <strong>die</strong> Augenblicke des Dase<strong>in</strong>s, <strong>in</strong><br />

denen wir im Ganzen und wesentlich zu existieren vermögen,<br />

s<strong>in</strong>d nicht nur selten, sondern s<strong>in</strong>d gleichsam wie e<strong>in</strong>e schmale<br />

Spitze, auf der wir uns nur flüchtig halten. Auch wenn sie durch<br />

<strong>die</strong> echte Er<strong>in</strong>nerung ihre Wirkungskraft für das Dase<strong>in</strong> behalten,<br />

so bekunden sie damit nur um so schärfer, daß <strong>die</strong> Existenz<br />

zumeist <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Weise nicht ist, obzwar sie gerade geschieht.<br />

So habe ich von verschiedenen Seiten her H<strong>in</strong>weise gegeben<br />

dafür, daß <strong>die</strong> Endlichkeit des Dase<strong>in</strong>s nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Beschränktheit<br />

von Eigenschaften beruht, sondern <strong>in</strong> der Art und<br />

Weise, wie das Dase<strong>in</strong> existiert. Diese Nichtigkeit im Wesen des<br />

Dase<strong>in</strong>s bekundet also, daß das Dase<strong>in</strong> ständig e<strong>in</strong> Wägen und<br />

Wagen, Fallen und Steigen, Nehmen und Geben ist - all das<br />

nicht als Resultat und Produkt des Zusammenstoßes von Seiendem<br />

mit Seiendem, sondern als Se<strong>in</strong>sart des Dase<strong>in</strong>s selbst, d. h.<br />

als Spiel, auf das der Mensch gesetzt ist< Dieses Spiel ist das<br />

Wesentliche dessen, was wir Welt nennen, <strong>die</strong> als Welt nur weItet<br />

im und als In-der-Welt-se<strong>in</strong>.<br />

Es wäre irrig, <strong>die</strong>se Nichtigkeit des Dase<strong>in</strong>s als etwas Negatives<br />

zu nehmen, als <strong>die</strong> Nachtseite des Dase<strong>in</strong>s und ihr <strong>die</strong><br />

Heiterkeit des Positiven, Erhebenden entgegenzustellen. Denn<br />

alles, was wir so nennen, ist der Nichtigkeit nicht entgegengesetzt,<br />

sondern auf sie gesetzt, d. h. <strong>die</strong> gekennzeichnete Nichtigkeit<br />

des Dase<strong>in</strong>s ist der ursprüngliche Grund der Möglichkeit<br />

für das im vulgären S<strong>in</strong>ne Positive und Negative des Dase<strong>in</strong>s.<br />

Erst im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> ursprüngliche Nichtigkeit des Dase<strong>in</strong>s<br />

erhält alles sogenannte Positive se<strong>in</strong>e Kraft und E<strong>in</strong>zigkeit, aber<br />

nicht etwa dadurch, daß wir der Nichtigkeit des Dase<strong>in</strong>s ausweichen<br />

und <strong>die</strong> Augen schließen vor dem Spiel, auf das WH<br />

gesetzt s<strong>in</strong>d. Denn so br<strong>in</strong>gen wir uns um <strong>die</strong> Möglichkeit, uns<br />

selbst etwas zuzumuten. Der E<strong>in</strong>zelne ist immer nur das: was er<br />

sich zumutet und zumuten kann.<br />

§ 37. Konkreteres Verstandnis der Transzendenz 337<br />

d) Die Halt-Iosigkeit des In-der-Welt-se<strong>in</strong>s<br />

Das In-der-Welt-se<strong>in</strong> des Dase<strong>in</strong>s, se<strong>in</strong>e Transzendenz, bekundet<br />

sich uns als Halt-Iosigkeit. Es muß je se<strong>in</strong> Se<strong>in</strong> durch e<strong>in</strong> Wählen<br />

im wesentlichen S<strong>in</strong>ne h<strong>in</strong>durch führen und so oder so Halt<br />

geben. (Ich vermeide absichtlich, hier von Freiheit zu sprechen.)<br />

Das will sagen: Das Seiende, das umwillen se<strong>in</strong>er selbst<br />

ist, ist <strong>die</strong>ses <strong>in</strong> der gekennzeichneten Nichtigkeit. Diese enthält<br />

m sich <strong>die</strong> Anweisung auf Halt, <strong>die</strong> Notwendigkeit der Entscheidung.<br />

Wenn wir dem Dase<strong>in</strong> <strong>die</strong>se Haltlosigkeit zusprechen,<br />

so ist das ke<strong>in</strong>e faktische Aussage <strong>in</strong> dem S<strong>in</strong>ne, daß ke<strong>in</strong><br />

Dase<strong>in</strong> je e<strong>in</strong>en Halt gew<strong>in</strong>nen könne, sondern es ist e<strong>in</strong>e Wesensaussage,<br />

<strong>die</strong> gerade <strong>in</strong> sich schließt, daß jedes faktische<br />

Dase<strong>in</strong>, sofern es existiert, je schon so oder so e<strong>in</strong>en Halt gewonnen<br />

haben muß.<br />

, Aufs Spiel gesetzt se<strong>in</strong>, d.h. In-der-Welt-se<strong>in</strong>, ist <strong>in</strong> sich selbst<br />

Halt-Iosigkeit, d.h. das Existieren des Dase<strong>in</strong>s muß sich Halt<br />

beschaffen. Schärfer gesagt: Das In-der-Welt-se<strong>in</strong> ist ke<strong>in</strong>e dem<br />

Dase<strong>in</strong> angeklebte Eigenschaft, sondern <strong>die</strong> Se<strong>in</strong>sverfassung,<br />

<strong>die</strong> ihrem Wesen nach verlangt, daß das Dase<strong>in</strong> <strong>in</strong> ihr sich hält.<br />

In das Wie, <strong>in</strong> dem das Dase<strong>in</strong> existiert, ist es je so oder so<br />

gebracht, geraten, von ihm selbst, durch Andere, durch Umstände<br />

und Zufälligkeiten. Auch das, was nicht eigener ausdrücklicher<br />

Entscheidung erwächst, wie das meiste im Dase<strong>in</strong>, muß so<br />

oder so rückgreifend angeeignet werden, wenn auch nur im<br />

Modus des Sichabf<strong>in</strong>dens mit, Sichdrückens um etwas; selbst<br />

solches, was an uns gar nicht der Freiheit im engeren S<strong>in</strong>ne<br />

untersteht, e<strong>in</strong>e Krankheit oder bestimmte Veranlagung, ist nie<br />

E'twas e<strong>in</strong>fach Vorhandenes, sondern solches, das so oder so <strong>in</strong> das<br />

Wie des Dase<strong>in</strong>s aufgenommen oder verworfen worden ist.<br />

Durch und durch ist das In-der-Welt-se<strong>in</strong> solches, wor<strong>in</strong> wir uns<br />

halten.<br />

Das Sichhalten im In-der-Welt-se<strong>in</strong> ist das, was wir mit Weltanschauung<br />

me<strong>in</strong>en. Hieraus ist unmittelbar zu entnehmen,<br />

daß faktisch <strong>die</strong> Weltanschauung sich je nach der Weise bildet,

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