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Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe

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264 Weltanschauung und Weltbegriff<br />

stand e<strong>in</strong>er absoluten Erkenntnis. Der Unterschied von beiden<br />

bezieht sich auf den Unterschied der möglichen Gegenstandswerdung<br />

des betreffenden Seienden für Gott oder e<strong>in</strong> endliches<br />

Wesen. Es gibt nicht zwei Schichten des Seienden, sondern dasselbe<br />

Seiende ist als Gegenstand der endlichen Erkenntnis<br />

Ersche<strong>in</strong>ung und als Gegenstand der absoluten Erkenntnis das<br />

D<strong>in</strong>g an sich.<br />

ß) Die Durchführung<br />

Wir wollen nun <strong>die</strong> Schritte der Durchführung <strong>die</strong>ser Grundlegung<br />

vierfach gliedern. Es handelt sich um das Wesen der<br />

re<strong>in</strong>en Erkenntnis.<br />

In der 1. Stufe muß Kant <strong>die</strong> Elemente e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>en Erkenntnis<br />

behandeln.<br />

Auf der 2. Stufe fragt er nach dem <strong>in</strong>neren Zusammenhang<br />

oder nach der <strong>in</strong>neren E<strong>in</strong>heit <strong>die</strong>ser Elemente e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>en<br />

Erkenntnis. Es ist <strong>die</strong> Frage nach dem Wesen <strong>die</strong>ser Erkenntnis<br />

selbst.<br />

Auf der 3. Stufe wird gefragt nach dem Grund <strong>die</strong>ses Wesens<br />

oder der <strong>in</strong>neren Möglichkeit e<strong>in</strong>er ontologischen Erkenntnis.<br />

Auf e<strong>in</strong>er 4. Stufe entwickelt Kant <strong>die</strong>se ontologischen Erkenntnisse<br />

selbst <strong>in</strong> ihrer Systematik, oder wie er sagt, dIe<br />

transzendentalen, d.h. <strong>die</strong> ontologischen Grundsätze.<br />

Bis zu <strong>die</strong>ser Stelle reicht <strong>die</strong> positive Grundlegung der Kritik<br />

der re<strong>in</strong>en Vernunft, <strong>die</strong>, traditionell gesprochen, e<strong>in</strong>e Grundlegung<br />

der metaphysica generalis ist. Daran schließt sich dann<br />

<strong>die</strong> kritische Grundlegung der metaphysica specialis, <strong>die</strong> es<br />

nicht mehr mit der transzendentalen Wahrheit zu tun hat, sondern<br />

mit dem transzendentalen Sche<strong>in</strong>, mit der Unwahrheit, <strong>die</strong><br />

notwendig mit <strong>die</strong>ser transzendentalen Wahrheit verknüpft ist.<br />

Wir kommen zur 1. Stufe: Die Elemente der re<strong>in</strong>en Erkenntnis.<br />

Schon aus <strong>die</strong>sen ersten Schritten des Problems sehen Sie,<br />

warum e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e Charakteristik vorausgeschickt ist.<br />

Wenn wir bei den drei Thesen von Erkennen sprechen, ist noch<br />

nicht <strong>die</strong> Rede davon, ob es-erfahrungsmäßiges oder erfah-<br />

§ ]4. Kants Weltbegriff 265<br />

rungsfreies Erkennen ist. Jetzt aber ist das Problem e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es,<br />

d. h. e<strong>in</strong> erfahrungsfreies Erkennen; genauer <strong>die</strong> Elemente e<strong>in</strong>er<br />

solch~n re<strong>in</strong>en Erkenntnis. Wir wissen aus der Grundthese, daß<br />

7U e<strong>in</strong>er Erkenntnis Anschauung und Denken gehören. Wir<br />

sagten, Anschauung hat den Charakter der Rezeptivität, Anschauung<br />

ist immer e<strong>in</strong> sich Geben lassen von etwas. Deshalb<br />

sagt Kant für <strong>die</strong> Anschauung auch Rezeptivität, sofern es sich<br />

um endliche Anschauung handelt. Denken ist nicht e<strong>in</strong> sich<br />

Geben lassen dessen, was sich zeigt, sondern ist e<strong>in</strong> Bestimmen<br />

des sich Gebenden, das spontan frei aus dem handelnden Sub­<br />

Jekt kommt. Daher wird das Denken als freie Handlung Spontanei'ltät<br />

genannt. Diese beiden Elemente der Erkenntnis nennt<br />

Kant auch <strong>die</strong> zwei Stämme der Erkenntnis, <strong>die</strong> aus e<strong>in</strong>er gememsamen,<br />

aber uns unbekannten Wurzel heraus wachsen.<br />

Kant weist besonders am Schluß der <strong>E<strong>in</strong>leitung</strong> der Kritik der<br />

re<strong>in</strong>en Vernunft auf <strong>die</strong> unbekannte Wurzel der beiden h<strong>in</strong>. Er<br />

bezeichnet <strong>die</strong>se beiden Vermögen als zwei Grundquellen unseres'<br />

Gemüts, wobei Gemüt für mens im S<strong>in</strong>ne von Descartes,<br />

Leibniz und August<strong>in</strong>us gebraucht wird. Nun ist das Problem<br />

nicht irgende<strong>in</strong> Erkennen, sondern <strong>die</strong> ontologische Erkenntnis,<br />

d. h. e<strong>in</strong> apriorisches, e<strong>in</strong> re<strong>in</strong>es Erkennen. Das heißt also, Problem<br />

ist <strong>die</strong> re<strong>in</strong>e Anschauung und das re<strong>in</strong>e Denken, genauer,<br />

gemäß dem ersten Satz der Kritik der re<strong>in</strong>en Vernunft ist das<br />

Erkennen e<strong>in</strong> Anschauen, das sich durch das Denken bestimmt.<br />

Das denkende Bestimmen steht im Dienste des Anschauens.<br />

Erkennen ist immer denkendes Anschauen.<br />

Die 2. Stufe fragt nach der E<strong>in</strong>heit oder dem Wesen e<strong>in</strong>er<br />

re<strong>in</strong>en Erkenntnis, also nach der Möglichkeit e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>en Anschauung.<br />

Anschauung, griechisch aLoihlOt~, ist Gegenstand der<br />

Asthetik. Es handelt sich um e<strong>in</strong>e apriori mögliche Anschauung,<br />

d.h. also um e<strong>in</strong>e transzendentale Untersuchung der Anschauung.<br />

Daher ist <strong>die</strong> HeraussteIlung e<strong>in</strong>er re<strong>in</strong>en Anschauung<br />

'der Gegenstand e<strong>in</strong>er transzendentalen Ästhetik. Entsprechend<br />

ist <strong>die</strong> Herausarbeitung des re<strong>in</strong>en Denkens Gegenstand<br />

der transzendentalen Analytik.

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