Einleitung in die Philosophie - gesamtausgabe
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160 Wesensbereich der Wahrheit - Wesen der Wissenschaft<br />
sem S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong> wissenschaftliches. Der sogenannte Radiobastler<br />
arbeitet z. B. mit bestimmten Apparaten zu bestimmten Zwek<br />
ken, ohne daß er e<strong>in</strong>e Ahnung davon hat, was da eigentlich<br />
vorgeht. Oder wenn e<strong>in</strong> aufgeweckter Bauer etwa Lust hat<br />
,<br />
d<br />
as<br />
Nibelungenlied zu lesen, und man ihm e<strong>in</strong>e sogenannte gute<br />
Ausgabe davon verschafft, so ist <strong>die</strong> Art und Weise, wie er an<br />
<strong>die</strong>ses Werk herankommt, e<strong>in</strong>e wissenschaftliche, durchgegan<br />
gen durch philologische Arbeit. Auch das heutige Verständms<br />
des christlichen Glaubens ist durch e<strong>in</strong>e von den Wissenschaf_<br />
ten bee<strong>in</strong>flußte Theologie h<strong>in</strong>durchgegangen.<br />
b) Vorwissenschaftliches und wissenschaftliches Dase<strong>in</strong><br />
Wissenschaftliches Dase<strong>in</strong> heißt demnach: Dase<strong>in</strong>, dessen On<br />
verborgenheit des Seienden mit bestimmt ist durch wissen<br />
schaftliche Erkenntnis, ohne daß <strong>die</strong>se Bestimmtheit der<br />
Unverborgenheit als solche erkannt oder auch nur bekannt ist,<br />
geschweige denn von dem betreffenden Dase<strong>in</strong> selbst gewon<br />
nen ist. Vorwissenschaftliches und wissenschaftliches Dase<strong>in</strong><br />
deckt sich also ganz und gar nicht mit dem Unterschied von<br />
primitivem und nicht primitivem Dase<strong>in</strong>, ganz abg~sehen da<br />
von, daß <strong>die</strong>ser letztgenannte Unterschied selbst noch mehrdeu<br />
tig ist. Primitiv kann besagen: e<strong>in</strong>fach, im Unterschied von<br />
kompliziert; das ist aber nicht gleichbedeutend mit niedriger<br />
und höherer Kultur, mit Barbarei und Bildung. Primitives Dase<strong>in</strong><br />
kann sehr wohl e<strong>in</strong>en höheren Rang und e<strong>in</strong>e eigene<br />
Echtheit und Ursprünglichkeit haben und braucht nicht barba<br />
risch zu se<strong>in</strong>. Umgekehrt kann nicht-primitives, verwickeltes<br />
Dase<strong>in</strong> sehr wohl barbarisch und unecht dazu se<strong>in</strong>. Diese heiden<br />
selbst sich nicht deckenden Unterschiede von e<strong>in</strong>fach und ver<br />
wickelt, barbarisch und gebildet decken sich auch nicht mit<br />
vorwissenschaftlichem und wissenschaftlichem Dase<strong>in</strong> <strong>in</strong> dem<br />
besonderen S<strong>in</strong>ne. Wissenschaftliches Dase<strong>in</strong> ist nicht notwen<br />
dig schon gebildetes, es braucht auch nicht e<strong>in</strong> verwickeltes ZU<br />
se<strong>in</strong>. Wissenschaftliches Daseirf ist demnach nicht notwendIg<br />
_~ 22. Bestimmung des Wesens der Wissenschaft 161<br />
I hes von hohem Rang und schließt Barbarei nicht aus. Trotz<br />
sO c Wissenschaft oder sogar vielleicht gerade mit ihrer Hilfe hat<br />
der ch heute bei uns e<strong>in</strong>e namen I' ose BarbareI b' reitgemac h t, d' Ie<br />
:Ilellelcht <strong>die</strong> wenigsten spüren, weil <strong>die</strong> meisten sich <strong>in</strong> ihr<br />
\,ohl fuhlen. Man braucht nicht gerade <strong>die</strong> Postkutsche zurücknschen<br />
, um sehen zu können, was <strong>die</strong> ohne Wissenschaft<br />
zuwu<br />
unnlOglIche Technik heute an <strong>in</strong>nerer Verrohung und Ge-<br />